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Bio als Antwort auf die Krisen - Messe Biofach eröffnet

Während der Corona-Krise war Bio gefragt wie nie. Der Boom hat sich zwar abgeschwächt. Aber angesichts neuer Krisen zeigt sich die Branche widerstandsfähig und bietet Lösungsansätze für die Zukunft.

Biofach - Vivaness 2022
Bio-Gemüse wird auf der Messe Biofach gezeigt. Foto: Daniel Karmann
Bio-Gemüse wird auf der Messe Biofach gezeigt.
Foto: Daniel Karmann

Trotz Inflation und Kaufzurückhaltung sind Bio-Lebensmittel weiterhin gefragt - für Bundesagrarminister Cem Özdemir ist das eine gute Nachricht.

»Bio mit seiner gesamten und nachhaltigen Wertschöpfungskette ist eine der entscheidenden Antworten auf unsere planetaren Krisen«, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag bei der Eröffnung der weltgrößten Naturkostmesse Biofach in Nürnberg. Jetzt gelte es, den Markt weiter auszubauen.

Heimische Rohstoffe und nachhaltige Verpackungen

Auf der Biofach und der parallel veranstalteten Naturkosmetikmesse Vivaness werden bis Freitag fast 2300 Ausstellende aus mehr als 90 Ländern ihre Neuheiten präsentieren. Zu den Trends gehören nach Angaben der Veranstalter in diesem Jahr klimabewusste Produkte, heimische Rohstoffe, nachhaltige Verpackungen und vegane Kosmetik. Wegen der Corona-Pandemie hatten diese das Messe-Duo von Februar auf Juli verschoben.

Von den insgesamt sinkenden Umsätzen im Lebensmittelhandel in diesem Jahr sei die Bio-Branche weniger stark betroffen gewesen, sagte die Vorsitzende vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Tina Andres. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 gaben Verbraucherinnen und Verbraucher demnach 35 Prozent mehr für Bio-Frischeprodukte aus als im gleichen Zeitraum 2019 - also vor der Pandemie. 2020 und 2021 war die Bio-Branche besonders kräftig gewachsen, weil während der Corona-Krise mehr Menschen zu Hause gekocht und dafür Bio-Lebensmittel gekauft haben. Deshalb gibt der BÖLW 2019 als Referenzjahr an.

Steigerung der Absatzmengen

Das Umsatzplus gehe hauptsächlich auf Steigerungen der Absatzmenge zurück, ein kleinerer Teil auf die Preisentwicklung, sagte Andres. Zwar seien auch die Preise für Bio-Produkte gestiegen, aber mit rund 5 Prozent weniger als die für konventionelle Lebensmittel, bei denen das Plus bei rund 8 Prozent liege.

Dennoch wirken sich die allgemein steigenden Lebenshaltungskosten auch auf das Konsumverhalten der Bio-Kunden aus: Diese griffen nun eher zu günstigen Eigenmarken oder kauften im Discounter, erläuterte Agrarminister Özdemir. Die Kostensteigerung bei Düngemitteln und Pestiziden treffen den Öko-Landbau Özdemir zufolge dagegen deutlich weniger als den konventionellen.

Angesichts der Klimakrise müsse der Umbau zu mehr ökologischer Landwirtschaft vorangetrieben werden, forderten der BÖLW und die internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen Organics International (IFOAM). 25 Prozent des globalen Kohlendioxid-Ausstoßes verursache die Landwirtschaft, 25 Prozent davon wiederum der Einsatz von Kunstdünger, sagte die IFOAM-Geschäftsführerin Louise Luttikholt. Der Bio-Landbau mache die Produktion unabhängiger von Importen und den Entwicklungen am Weltmarkt und sei resilienter angesichts der Klimakrise. »Jetzt ist die Zeit, um weiter an der Agrarwende zu arbeiten.«

Öko-Flächen gestiegen

Das Ziel der Bundesregierung, 30 Prozent der Flächen bis 2030 ökologisch zu bewirtschaften, sei aber nur mit einer besseren Finanzierung zu erreichen, sagte Andres. Nach den Zahlen vom BÖLW stieg im vergangenen Jahr die Öko-Fläche in Deutschland um fast 5 Prozent auf fast 1,78 Millionen Hektar - fast 11 Prozent der deutschen Agrarfläche. Um das 30-Prozent-Ziel zu erreichen, müssten jährlich 12 Prozent Öko-Fläche dazukommen, sagte Andres. »Aktuell reicht die Finanzierung für 3 Prozent mehr bis 2027.«

»Ich verstehe die Ungeduld der Branche, wenn es darum geht, bei den 30 Prozent schneller voranzukommen«, sagte Özdemir. Es sei aber auch wichtig, dass am Ende etwas Gescheites herauskomme. Ziel sei auch, künftig 30 Prozent des Forschungsbudgets dem Öko-Landbau zugutekommen zu lassen und in den Kantinen der Bundesverwaltung bis 2025 mindestens 20 Prozent Bio-Lebensmittel einzusetzen. In der EU-Agrarpolitik werde er sich dafür einsetzen, dass bei den Direktzahlungen künftig Leistungen für Umwelt- und Klimaschutz honoriert werden.

© dpa-infocom, dpa:220726-99-163929/2