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Bayern bleibt bei striktem Ladenschluss - Kleine Lockerungen

Um 20 Uhr ist auch in Zukunft Schluss: Bayern bleibt bei den bundesweit mit strengsten Ladenschluss-Regeln. Die Koalition ringt sich aber zu einigen Lockerungen durch.

Ladenöffnungszeiten
Einkaufen nach 20 Uhr? In Bayern weiterhin Fehlanzeige. Die Staatsregierung hält an der bisherigen Grenze fest (Archivbild). Foto: Sven Hoppe/DPA
Einkaufen nach 20 Uhr? In Bayern weiterhin Fehlanzeige. Die Staatsregierung hält an der bisherigen Grenze fest (Archivbild).
Foto: Sven Hoppe/DPA

Bayern hält als einziges Bundesland neben dem Saarland an seinen strikten Ladenöffnungszeiten bis maximal 20.00 Uhr fest. Nach monatelanger Debatte beschloss das Kabinett am Dienstag lediglich einige Lockerungen: Kommunen dürfen künftig acht lange Einkaufsnächte pro Jahr anbieten und brauchen dafür auch keinen besonderen Anlass. Sogenannte digitale Kleinstsupermärkte ohne Personal und mit maximal 150 Quadratmetern Verkaufsfläche dürfen künftig durchgängig öffnen, auch sonntags. Und: Händler dürfen zusätzlich individuell an vier Werktagen pro Jahr länger als 20.00 Uhr aufsperren.

Arbeits- und Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) sprach von einer guten, ausgewogenen Balance zwischen der Freiheit des Marktes und der Verantwortung für das Gemeinwohl. Für Sonntage bleibt es dabei: Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage werden wie bisher viermal pro Jahr zugelassen – und wie bisher auch nur anlassbezogen. Der Start ist noch offen. Nach dem Eckpunktebeschluss soll der eigentliche Gesetzentwurf nach dem Sommer vorliegen.

Schlusspunkt einer langen Debatte

Der Kabinettsbeschluss bildet den vorläufigen Schlusspunkt unter eine lange Debatte, die in den Koalitionsverhandlungen im Herbst begonnen hatte. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich CSU und Freie Wähler auf zusätzliche lange Einkaufsnächte und den durchgehenden Betrieb von digitalen Kleinstsupermärkten »als neue Form der Nahversorgung« verständigt. Dafür wurde aus Sicht der Staatsregierung am Ende nun doch ein eigenes bayerisches Ladenschlussgesetz notwendig – worauf der Freistaat bisher verzichtet hatte. Aktuell gilt in Bayern als einzigem der 16 Bundesländer noch die alte Bundesregelung von 1956.

Damit war auch die Debatte über eine mögliche Ausweitung der Kernöffnungszeiten nach 20.00 Uhr eröffnet. Stimmen auch innerhalb der Regierungsparteien, darunter etwa die CSU München oder aus der Jungen Union, die eine Ausweitung bis 22.00 Uhr gefordert hatten, konnten sich aber nicht durchsetzen. Und auch der Handelsverband Bayern erklärte, die große Mehrheit seiner Mitglieder sei dafür, den Ladenschluss um 20.00 Uhr beizubehalten.

Ergebnis also: nur einige kleinere Neuerungen, über die im Detail in der Koalition aber auch teils heftig gerungen wurde. Und so sehen die Eckpunkte des neuen Gesetzes nun aus:

Allgemeine Ladenschlusszeiten:

Es bleibt in Bayern bei den bisherigen, im Bundesvergleich mit strengsten Zeiten: Geschäfte dürfen unter der Woche maximal von 6.00 bis 20.00 Uhr öffnen. An Sonn- und Feiertagen müssen Läden geschlossen bleiben, wie bisher von ganz vereinzelten Ausnahmen etwa an Bahnhöfen abgesehen. Nur das Saarland hält ebenfalls noch an der 20.00-Uhr-Grenze fest.

Acht lange Einkaufsnächte in Kommunen:

Städte und Gemeinden dürfen künftig an bis zu acht Werktagen (Montag bis Samstag) pro Jahr erweiterte Öffnungszeiten nach 20.00 Uhr bis maximal 24.00 Uhr ermöglichen – als sogenannte verkaufsoffene Nächte. Einen bestimmten Anlass dafür – also beispielsweise eine besondere Veranstaltung – brauchen sie nicht. Bislang waren in der Regel nur einzelne werktägliche Event-Abende mit längeren Ladenöffnungszeiten genehmigt worden.

Vier zusätzliche lange Nächte für Händler:

Zusätzlich dürfen Händler an vier frei wählbaren Werktagen pro Jahr länger als 20.00 Uhr aufsperren. Als Beispiel nannte Scharf als »Klassiker« einen Buchladen, der eine Lesung organisiert, und dann an dem Abend eben auch seine Bücher verkaufen kann. »Dann kann er das bis zu viermal im Jahr mit einer einfachen Anzeigepflicht durchführen«, erklärte sie.

Digitale Kleinstsupermärkte:

In derartigen Mini-Märkten ohne Personal müssen sich Kunden ihre Waren selber entnehmen und zum Beispiel an Selbst-Scanner-Kassen bezahlen. Grundsätzlich kann dort das volle Sortiment angeboten werden. Neu ist, dass diese digitalen Kleinstsupermärkte künftig generell durchgängig - also auch sonntags - geöffnet haben dürfen, rund um die Uhr. Den konkreten zeitlichen Rahmen für die Sonntagsöffnungen sollen allerdings die jeweiligen Gemeinden festlegen. Es soll dabei aber eine Mindestöffnungszeit von acht Stunden gelten. Eine Begrenzung gibt es: Die Verkaufsfläche darf maximal 150 Quadratmeter betragen.

Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage:

Hier bleibt es dabei: Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage werden im wie bisher maximal viermal pro Jahr zugelassen – aber nur anlassbezogen, also etwa anlässlich eines Marktes, einer Messe oder einer ähnlichen Veranstaltung. Neue Lockerungen gibt es hier nicht.

Tourismusorte:

Etwa 500 von gut 2000 bayerischen Gemeinden sind in einer Liste als Ausflugs-, Kur- oder Wallfahrtsorte genannt. Dort ist an 40 Sonn- und Feiertagen der Verkauf eines vorgegebenen Warensortiments möglich, worunter »touristisch relevante Warengruppen und Lebensmittel, die zum sofortigen Verzehr geeignet sind«, fallen. Die Kriterien dafür sollen nun konkretisiert, dafür aber das Verfahren vereinfacht werden. Zudem soll es eine Lockerung beim Sortiment geben – es braucht künftig nicht einen Bezug zum Ort, sondern zur Region.

Fernbusbahnhöfe:

Fernbusterminals sollen bei den Öffnungszeiten und den erlaubten Ausnahmen den internationalen Verkehrsflughäfen und den Personenbahnhöfen gleichgestellt werden.

Scharf und Aiwanger verteidigen 20.00-Uhr-Grenze

Scharf und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verteidigten das Festhalten an der 20.00-Uhr-Grenze. Scharf betonte, es handle sich beim Ladenschlussgesetz um ein Arbeitnehmerschutzgesetz, kein Wirtschaftsförderungsgesetz. Zudem habe auch der Handelsverband keine längeren Öffnungen gefordert. »Die wollen es nicht. Ganz ehrlich gesagt können sie es oft auch nicht leisten, weil das Thema Fachkräftemangel auch im Einzelhandel eine Rolle spielt.« 

Aiwanger argumentierte, es würde dann nicht mehr Ware verkauft, sondern nur über mehr Stunden hinweg, also zu höheren Kosten. Und längere Öffnungszeiten nur in den Städten hätten negative Auswirkungen auf das Land, warnte er, »dass dann die Kunden vom Land in die Stadt fahren«. CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek sagte zu den Lockerungen: »Wir verbinden Moderne mit dem Schutz von Arbeitnehmern.«

 

© dpa-infocom, dpa:240723-930-181831/2