Bauexperten sehen bei den Brücken in Deutschland hohen Verschleiß und Überlastung. Knapp die Hälfte der 25 höchsten Brücken habe mindestens einen kritischen Zustand, teilte die Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken mit. Elf der höchsten Brücken hätten deutliche Defizite bei der Traglast, hieß es.
Die Bundesregierung hat erst vor kurzem einen Gesetzentwurf beschlossen, nach dem Brücken schneller saniert werden sollen. Für Schlagzeilen sorgt etwa die Autobahnbrücke Rahmede an der Sauerlandlinie, die wegen schwerer Schäden inzwischen seit anderthalb Jahren vollständig gesperrt ist - und damit zugleich eine zentrale Verkehrsroute von Dortmund nach Hessen und nach Bayern unterbrochen. An diesem Sonntag (7. Mai) soll die Brücke gesprengt werden.
Nach der Untersuchung im Auftrag der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken werden viele Brücken zu stark belastet. »Der Zustand vieler Brücken im Fernstraßennetz ist kritisch«, sagte Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft.
Keine Einschränkung bei der Nutzung
Zwar bedeute eine schlechte Zustandsnote nicht automatisch, dass eine Brücke nicht mehr voll genutzt werden könne. »Aber damit es erst gar nicht zu Nutzungseinschränkungen kommt, müssen rechtzeitig Ertüchtigung und Erhalt geplant und durchgeführt werden. Vor allem bei Brücken, die für den aktuellen und noch wachsenden Schwerverkehr nicht ausgelegt worden sind, stehen umfangreiche Maßnahmen für die Modernisierung und Verstärkung an.«
Die Bundesgütegemeinschaft hatte die bauliche Situation der 25 höchsten Brücken in Deutschland untersucht. Demnach erhielten elf Brücken Zustandsnoten zwischen 3 und 3,5 und befinden sich damit in einem kritischen oder ungenügenden Bauwerkszustand. Dazu zählten mit der Moseltalbrücke, der Lösterbachtalbrücke und der Neckarburgbrücke vor allem Brückenbauten aus den 1970er Jahren und früher, hieß es. Bei der anderen Hälfte der Brücken lägen die Zustandsnoten im Bereich von 2 bis 2,9, was einem befriedigenden bis ausreichenden Bauwerkszustand entspricht.
Der Brückengipfel bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sei ein Jahr her, die Situation prekär und das Problem im Verkehrsministerium spätestens seitdem bekannt, monierte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar. »Das Haus inklusive Hausleitung muss alle Kraft für die Sicherung und Sanierung des Bestandsnetzes einsetzen - insbesondere in Sachen Erhalt der Brücken«, forderte er. »400 Brücken pro Jahr sind zu sanieren, aktuell schafft die Autobahn GmbH nicht einmal die Hälfte.« Hier gelte es zu entscheiden: »Sollen weiter Brücken zerbröseln? Die Antwort muss nein sein. Selbst wenn das in der Konsequenz bedeutet, andere Projekte der Autobahn GmbH erstmal zu schieben oder ganz abzusagen«, sagte Gelbhaar.
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