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Bauern befürchten Ertragseinbußen

Mit dem Erntewetter ist Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied zufrieden. Doch die Ertragsaussichten und die Preise für Getreide und Raps treiben nicht nur ihm Sorgenfalten auf die Stirn.

Ernte
Ein Mähdrescher erntet Wintergerste. Die Landwirte in Sachsen erwarten in diesem Jahr eine durchschnittliche Ernte. Für die Bauern war der Winter zu trocken. Foto: Jan Woitas/DPA
Ein Mähdrescher erntet Wintergerste. Die Landwirte in Sachsen erwarten in diesem Jahr eine durchschnittliche Ernte. Für die Bauern war der Winter zu trocken.
Foto: Jan Woitas/DPA

Bundesweit sind in diesen Tagen die Mähdrescher am Start - die Getreideernte hat fast überall begonnen. Der Deutsche Bauernverband rechnet vor allem wegen der Trockenheit im Mai mit einer um etwa sechs Prozent geringeren Ernte als im vergangenen Jahr und einem Ertrag von etwa 40,9 Millionen Tonnen Getreide. Damit setze sich der Trend mit seit Jahren sinkenden Erträgen fort, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, am Dienstag im thüringischen Riethnordhausen (Kreis Sömmerda). Zwischen 2018 und 2022 waren im Schnitt 42,2 Millionen Tonnen Getreide eingefahren worden.

»Die Landwirtschaft spürt die Auswirkungen des Klimawandels bereits deutlich«, sagte Rukwied. Die Stimmung in den Agrarbetrieben sei trotz des derzeit guten Erntewetters gedämpft. Grund seien nicht nur die erwarteten Ertragsverluste, sondern auch ein Preiseinbruch bei Getreide und Raps von 40 bis 45 Prozent im Vergleich zum vergangenen Herbst. »Wir Bauern brauchen höhere Preise.«

Viele Betriebe stelle dieses Situation angesichts gestiegener Kosten vor große Herausforderungen. Die von der EU vorgeschlagenen pauschalen Reduktionsziele beim Pflanzenschutz würden zu weiteren Ertragsrückgängen führen. Der starke Flächenverlust - im Schnitt 55 Hektar bundesweit pro Tag - durch Siedlungsbau und Infrastrukturprojekte sorge zusätzlich für rückläufige Erntemengen.

Der Regen fehlt

Der Bauernverbandspräsident rechnet jedoch nicht mit größeren Auswirkungen auf die Verbraucher. Rukwied: »Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Inflation nicht getrieben wird von landwirtschaftlichen Produkten.« Eine Ausnahme seien die Preise für Zucker und Schweinefleisch.

Als Grund für die erwarteten Einbußen nannte Thüringens Bauernpräsident Klaus Wagner fehlende Niederschläge gerade zu der Zeit, als sich die Getreidekörner entwickelten. Bei Wintergerste rechnet er mit Ertragseinbußen von bis zu einem Viertel in Thüringen. »Ich bin gespannt, welche Auswirkungen die neue Düngemittelverordnung auf die Qualität haben wird.«

Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes ist Winterweizen mit einer Fläche von 2,84 Millionen Hektar - sie ging um zwei Prozent zurück - die wichtigste Getreideart. Wintergerste wachse auf 1,27 Millionen Hektar. Danach folgen Sommergerste mit 329.000 Hektar - minus 11 Prozent - und Hafer mit 138.400 Hektar und einem Rückgang von 13 Prozent. Beim Winterraps habe die Anbaufläche um rund 80.000 Hektar auf 1,16 Millionen Hektar in diesem Jahr zugenommen.

Die Situation im Ökolandbau bezeichnete Rukwied als derzeit schwierig. 2022 habe es erstmals seit vielen Jahren einen Umsatzrückgang von 3,5 Prozent gegeben. Die Verbraucher achteten beim Einkauf stärker auf den Preis und kauften Bioprodukte verstärkt bei Discountern. Laut Verband wird rund 11,3 Prozent der Landwirtschaftsfläche im Ökolandbau bewirtschaftet. Insgesamt gebe es fast 31 100 Ökohöfe. Rukwied erwartet, dass die Marktentwicklung die Umstellung konventioneller Betriebe auf Ökolandbau bremst. Bereits 2022 sei die Öko-Fläche nur um 3,7 Prozent gestiegen, 2018 waren es noch 9,1 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:230704-99-281705/2