Berlin (dpa) - Beim schwierigen Umbruch in der Autoindustrie mit ihren Hunderttausenden Beschäftigten sollen auch mit Hilfe des Staates Jobs gesichert werden.
Bei den geplanten Maßnahmen geht es darum, den Zugang zu Kurzarbeit zu erleichtern sowie Beschäftigte beim Wandel vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor besser zu qualifizieren. Politik, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände wollen dabei an einem Strang ziehen, wie nach einem Spitzentreffen in Berlin deutlich wurde.
IG Metall-Chef Jörg Hofmann forderte nach dem Treffen unter der Leitung von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) schnelle Schritte der Politik, um dem Umbau der Branche zu erleichtern. Er erwarte »in Kürze konkrete Ergebnisse« etwa zur Qualifizierung von Mitarbeitern und zur Erleichterung von Kurzarbeit, sagte Hofmann.
Man habe darüber gesprochen, wie man die Mobilitätswende schaffen könne, »ohne, dass Beschäftigte unter die Räder kommen«, und ohne »industrielle Wüsten« in Regionen, die stark vom Verbrennungsmotor abhängen. »Kurzfristig heißt für mich nicht Monate«, fügte er hinzu.
Der Vizepräsident des Autoverbands VDA, Arndt Kirchhoff, sagte, es gehe darum, wie die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland gehalten werden könne. Dazu müssten Mitarbeiter für neue Jobs qualifiziert werden. »Das ist eine große Herausforderung.« Es gehe nicht um Milliardenhilfen, sondern darum, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Die zuständigen Bundesministerien wollten diese nun auf den Weg bringen.
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Rainer Dulger, sagte, die Phase des Umbruchs in der Branche angesichts des digitalen Wandels und der Elektromobilität falle in eine konjunkturelle Delle. Daher sei etwa ein leichterer Zugang zum Kurzarbeitergeld nötig.
In einem Positionspapier von VDA, Gesamtmetall und IG Metall zum Treffen heißt es, es sei von größtem gesamtgesellschaftlichen Interesse, auch in Zukunft eine wettbewerbsfähige, innovative und beschäftigungsstarke Industrie in Deutschland zu haben.
Bei der Erleichterung zum Kurzarbeitergeld müsse schnell gehandelt werden, weil im ersten Quartal viele Unternehmensentscheidungen getroffen würden. Es müsse den Firmen ermöglicht werden, Mitarbeiter trotz vorübergehend geringerer Auftragsvolumen zu halten, heißt es in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Ein Fonds könnte Zulieferern den Zugang zu Eigen- oder Fremdkapital erleichtern.
Die Autobranche ist mitten in einem grundlegenden Wandel von Benzinern und Dieseln hin zu mehr klimafreundlicheren alternativen Antrieben wie Elektromotoren. Hersteller und Zulieferer müssen Milliarden investieren. Für E-Autos aber sind weniger Jobs nötig, weil es viel weniger Komponenten gibt. Die E-Mobilität wirft bisher jedoch kaum Geld ab.
Zugleich ist die Nachfrage in wichtigen Absatzmärkten zurückgegangen. Das trifft bisher vor allem Zulieferer. Es gibt bereits Kurzarbeit und die Ankündigung von Arbeitsplatzabbau. Nach einem Szenario im Bericht einer Expertenkommission könnten in der deutschen Autobranche Hunderttausende Jobs in Gefahr sein.
Hofmann hatte im Vorfeld des Treffens der dpa gesagt: »Die IG Metall erwartet, dass die arbeitsmarkt- und industriepolitische Flankierung der Verkehrswende einen Schub bekommt und die dafür nötigen Instrumente geschärft werden.« Der Zugang zu Kurzarbeit müsse kurzfristig für die Branche erleichtert werden, um die auftrags- und strukturbedingte Unterauslastung ohne Entlassungen zu überbrücken. »Dazu gehört auch die Kostenentlastung der Betriebe, wenn sie Kurzarbeit mit Qualifizierung verbinden und eine Verlängerung der Bezugsdauer auf 24 Monate.«
Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender des Automobilzulieferers ElringKlinger und VDA-Vorstandsmitglied, sagte dem Deutschlandfunk, die Branche sei schon sehr gut aufgestellt im Bereich Brennstoffzelle und Batterietechnologie. »Aber da müssen wir natürlich weiter forschen und wenn da staatliche Gelder zur Verfügung gestellt werden und nicht nur in unserem Unternehmen, sondern in vielen anderen Zulieferunternehmen, ich glaube, dann schaffen wir den Strukturwandel.« Wolf nannte eine Summe von 10 bis 20 Milliarden Euro, auch für den Ausbau der Ladeinfrastruktur.