Ausländische Unternehmen investieren in Deutschland so wenig wie schon lange nicht mehr. Das geht aus einer Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Die Höhe der Direktinvestitionen aus dem Ausland lag 2023 demnach bei etwa 22 Milliarden Euro, weniger war es zuletzt vor zehn Jahren. Zum Vergleich: 2018 und 2020 waren durch Investitionen ausländischer Firmen noch jeweils rund 140 Milliarden Euro nach Deutschland geflossen.
»Die Politik macht es für Unternehmen alles andere als attraktiv, in Deutschland zu investieren«, sagte IW-Ökonom Christian Rusche. Ein Grund dafür sei, dass Förderprogramme - wie für Elektroautos oder energieeffizientes Bauen - kurzfristig gestoppt würden. Die Politik müsse die Investitionsbedingungen drastisch verbessern, andernfalls »könnte sich die Deindustrialisierung stark beschleunigen«.
Das dritte Jahr in Folge haben ausländische Unternehmen hierzulande damit deutlich weniger investiert als deutsche Firmen im Ausland. Obwohl sich die Situation bei den Energiekosten nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre wieder etwas entspannt haben, seien die Netto-Abflüsse aus Deutschland mit 94 Milliarden Euro weiterhin hoch. Seit 1971 sei lediglich 2021 und 2022 mehr Geld abgeflossen. Die Häufung in den vergangenen Jahren zeige, dass es sich jeweils nicht nur um Einzelfälle oder Nachholeffekte gehandelt habe, sondern eine tiefergehende Entwicklung vermutet werden könne, so Rusche. Dies sei »ein Warnsignal«.
Investitionen in EU stark gestiegen
Dem IW zufolge sind die Direktinvestitionen derzeit weltweit rückläufig, nicht jedoch in der EU. Allein in den ersten neun Monaten 2023 seien die Zuflüsse um 120 Prozent gestiegen, auch aus Deutschland. 90 der insgesamt 116 Milliarden Euro, die deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr ins Ausland investiert haben, sind danach in andere EU-Länder geflossen. Am meisten davon ging in die Benelux-Staaten und nach Frankreich.
Unternehmen aus Deutschland investierten laut IW zuletzt lieber in der EU, innerhalb der deutschen Grenzen hingegen kaum. »Wenn sie es doch taten, handelte es sich oft um kleinere Zukäufe oder Projekte – ein Hinweis auf die ungünstigen Standortbedingungen im globalen Wettbewerb«, so Rusche.
Die Bundesregierung habe den Handlungsbedarf erkannt. Nun müssten Taten folgen, »damit die Attraktivität des Standorts Deutschland nicht weiter erodiert. Dazu gehört auch, dass verlässliche, politische Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die für Planungs- und damit Investitionssicherheit sorgen«.
Internationale Investoren geben dem Standort Deutschland aktuell keine besonders guten Noten. Wie aus einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hervorgeht, liegt die Bundesrepublik nur noch im Mittelfeld. »Alle Standortfaktoren verschlechtern sich mit zunehmender Dynamik«, hieß es im Bericht. Als größte Investitionshindernisse wurden überbordende Bürokratie (61 Prozent) und hohe Energiekosten (57 Prozent) genannt.
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