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Arbeitgeber gegen pauschal höheres Kurzarbeitergeld

Mehr als 700.000 Unternehmen haben in der Corona-Krise schon Kurzarbeit angemeldet, um die Flaute zu überbrücken, ohne Mitarbeiter zu entlassen. Betroffene Arbeitnehmer sollen mehr Geld bekommen, fordern nicht nur Gewerkschaften. Die Koalition ist sich uneins.

Berlin (dpa) - Die Arbeitgeber lehnen eine pauschale Erhöhung des Kurzarbeitergelds für betroffene Arbeitnehmer in der Corona-Krise ab.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Die Bürger und Unternehmen als Steuer- und Beitragszahler werden Leistungsausweitungen mit der Gießkanne nicht dauerhaft finanzieren können. Die Politik kann deshalb die Erwartungen nur nachhaltig enttäuschen.«

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte sich hinter Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gestellt, das Kurzarbeitergeld befristet anzuheben. Man sei darüber in der Regierung im Gespräch. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es gebe in der Frage einer staatlichen Aufstockung des Kurzarbeitergeldes innerhalb der Bundesregierung noch keine Verabredung.

Der DGB schlägt vor, die staatlichen Zuschüsse von 60 auf 80 Prozent der Nettoeinbußen (87 Prozent bei Arbeitnehmern mit Kindern) für die Monate Mai, Juni und Juli aufzustocken. Die CDU ist skeptisch.

In der großen Koalition bleibt eine Anhebung strittig. Bundeskanzlerin Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zurückhaltend. »Wir müssen jetzt nur aufpassen, dass wir nicht jede Woche eine Maßnahme uns vornehmen und in der nächsten Woche wieder eine andere. Sondern, dass wir nochmal überlegen: Wo stehen wir? Wo sind Probleme?«, sagte Merkel am Montag in Berlin.

So gebe es etwa beim Thema Kurzarbeitergeld Menschen mit einem sehr geringen Einkommen im Gastronomie- oder im Dienstleistungsbereich. Es gebe aber auch Unternehmen, die auf 100 Prozent des Gehalts aufstockten. Der Koalitionsausschuss werde darüber reden, wo es Handlungsbedarf gebe. »Aber die Maßnahmen sind natürlich jetzt auch erst sehr kurz in Kraft«, sagte Merkel. »Man muss jetzt aufpassen, dass wir nicht in zu kleinen Abständen immer wieder eine Gruppe ins Visier nehmen, sondern dass wir da mal uns einen Gesamtüberblick verschaffen.«

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Eckhardt Rehberg (CDU) warf in der »Passauer Neuen Presse« (Montag) mit Blick auf eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes die Frage auf, wer das bezahlen solle. Auch der Wirtschaftsrat der CDU lehnte eine Erhöhung ab. Die Krisen-Lasten seien bereits jetzt enorm. »Eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes würde in dieser Situation ein unkalkulierbares finanzielles Risiko darstellen«, sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger.

Wenn mehr als 750.000 Betriebe Anträge für ein Kurzarbeitergeld gestellt hätten, habe es folglich mehr als 750.000 Einigungen zwischen Sozialpartnern gegeben, hieß es bei der BDA. "Das dürfte auch der Politik bekannt sein.

Im Fokus der Bemühungen muss doch stehen, den Kern des Sozialstaates leistungsfähig und dauerhaft finanzierbar zu halten." Das soziale Sicherungssystem habe in der letzten großen Krise nachhaltig und wirkungsvoll geholfen und seine große Bewährungsprobe erfolgreich bestanden, so die Arbeitgeber. "Es wirkt heute umso realitätsferner; mit generellen Leistungsausweitungen den Sozialstaat noch weiter ausbauen zu wollen, statt sich auf zielgerichtete Bekämpfung von Notfällen zu konzentrieren."

Kritische Stimmen kamen auch von FDP und AfD. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart forderte in der »Rheinischen Post« (Montag) »differenziertere Möglichkeiten«, um besonders belasteten Arbeitnehmern wirksam zu helfen. Viele Unternehmen würden das Kurzarbeitergeld selbst aufstocken, das müsse berücksichtigt werden, »statt mit der Gießkanne eine pauschale Erhöhung für alle aus Beitragsgeldern auszuschütten«, sagte der Arbeitsmarktexperte der FDP-Bundestagsfraktion Johannes Vogel.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Uwe Witt, forderte, statt einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes, Firmen »bei Beachtung des größtmöglichen Schutzes der Arbeitnehmer«, in die Lage zu versetzen, ihren Betrieb schnellstmöglich wieder aufzunehmen.

Die Grünen sprachen sich für eine gestaffelte Anhebung des Kurzarbeitergeldes aus. Der Zuschuss solle umso höher sein, je geringer das Einkommen ist und bis zu 90 Prozent betragen, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Wolfgang Strengmann-Kuhn.

Linke-Chef Bernd Riexinger sagte »Mit einer deutlichen Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ließe sich die Krise durchaus abmildern. Für die Beschäftigten ganz direkt, aber auch für deren Vermieter, für die Geschäfte in denen sie einkaufen - für die Binnennachfrage im Allgemeinen.« Er kritisierte »die Blockadehaltung von CDU/CSU« als »unsozial und für mich völlig unverständlich«.

Mit Kurzarbeit können Unternehmen einige Wochen oder Monate der Flaute überbrücken, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. Die Beschäftigten erhalten dann 60 Prozent - mit Kindern 67 Prozent - des Nettoverdienstausfalles von der Bundesagentur für Arbeit (BA). In einigen Branchen schießen die Arbeitgeber nach tariflichen Vereinbarungen noch selbst etwas zu. Die Gewerkschaften streben eine bessere Absicherung auch derjenigen an, bei denen das nicht der Fall ist.