Am Ende eines von hohen Handelsumsätzen begleiteten Tages büßte der deutsche Leitindex 3,96 Prozent auf 14.052,10 Punkte ein. Im Tagestief war der Dax sogar um 5,6 Prozent abgesackt auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. Der MDax der mittelgroßen Werte rutschte am Handelsende um 3,84 Prozent auf 30.663,58 Punkte ab.
»Es herrscht Krieg in Europa«, konstatierte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners. Zwar treffe die russische Invasion die Börsen nicht unvorbereitet. »Trotzdem laufen Schockwellen durch die Kapitalmärkte«. Eine regelrechte Panik blieb bislang zwar aus, Marktexperten sprachen aber von einer extrem großen Nervosität. Zumal nun befürchtet wird, dass die Inflation wegen stark anziehender Energiepreise weiter steigen wird.
Europaweit gingen die Börsen in die Knie, am stärksten in Moskau: Mit einem Einbruch des Leitindex RTS von zeitweise 50 Prozent waren die Verluste hier am größten. Der EuroStoxx 50 verlor 3,63 Prozent auf 3829,06 Zähler. Ähnlich hohe Verluste verzeichneten die Börsen in Paris und London. In den USA waren diese zum Handelsschluss in Europa nicht ganz so groß. Als sicher geltende Anlagen wie Gold, Silber, Staatsanleihen oder Währungen wie der Yen oder US-Dollar legten hingegen teils kräftig zu.
Im Sog des Konflikts um die Ukraine war der Dax bereits in den vergangenen Tagen unter Druck geraten. Das Minus seit Jahresbeginn summiert sich inzwischen auf fast zwölf Prozent, während es 2021 noch ein Plus von knapp 16 Prozent gegeben hatte. Ein weiterer Grund für die Korrektur im bisherigen Jahresverlauf ist neben der Ukraine die zunächst in den USA anstehende Zinswende infolge der hohen Inflation.
Angesichts der russischen Invasion der Ukraine fanden Unternehmensberichte nur begrenztes Interesse. Im Dax, in dem es kaum Gewinner gab, berichteten die Deutsche Telekom und Heidelbergcement über das abgelaufene Jahr. Die T-Aktie gab daraufhin um 5,4 Prozent nach und die Anteile des Zementherstellers um 7,2 Prozent.
Schlusslicht waren die Aktien der Deutschen Bank mit einem Minus von 12,5 Prozent. Noch etwas schwächer zeigten sich die Commerzbank-Aktien im MDax. Bankwerte hatten zuletzt stark von der Aussicht auf höhere Zinserträge profitiert. Möglicherweise halten sich die Notenbanken angesichts des Krieges nun aber zurück. Im Fokus stehen zudem die Sanktionen des Westens gegen Russland. So war auch ein Ausschluss Russlands auf dem internationalen Zahlungsverkehrssystem Swift im Gespräch. Das könnte auch westliche Banken belasten.
Gegen die Börsenschwäche stiegen Siemens Energy an der Dax-Spitze um 7,4 Prozent. Mehrere Fondsgesellschaften drängen das Unternehmen in Richtung einer kompletten Übernahme der Windkrafttochter Siemens Gamesa. Dann könne Siemens Energy dort durchgreifen und würde gleichzeitig den Umsatzanteil mit erneuerbarer Energie erhöhen.
Die Aktie des in Russland tätigen Stromerzeugers Uniper brachen um 14 Prozent ein. Uniper ist außerdem Mitfinanzierer der auf Eis gelegten Gaspipeline Nord Stream 2. Zu den wenigen Gewinnern zählten die Aktien von Rüstungsunternehmen. Rheinmetall stiegen um 3,4 Prozent. Die Papiere des aus Airbus hervorgegangenen Rüstungsgüterherstellers Hensoldt schnellten um 9,5 Prozent nach oben. Anleger setzen auf höhere Rüstungsausgaben der Europäer.
Der Euro fiel erstmals seit Ende Januar wieder unter 1,12 US-Dollar und kostete am Abend 1,1146 Dollar. Zuvor hatte die Europäische Zentralbank den Referenzkurs auf 1,1163 Dollar festgesetzt.
Am deutschen Rentenmarkt stiegen die Kurse deutscher Bundesanleihen kräftig. Die Umlaufrendite fiel im Gegenzug von 0,13 Prozent am Vortag auf 0,03 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,51 Prozent auf 142,04 Punkte. Der Bund-Future sprang um 0,49 Prozent auf 166,80 Punkte nach oben. Auch Gold war gefragt.
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