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Altkanzler Schröder für Inbetriebnahme von Nord Stream 2

Gerhard Schröder sieht eine Lösung der Gaskrise: Mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 »gäbe es kein Versorgungsproblem für die deutsche Industrie und die deutschen Haushalte«, so der Altkanzler.

Gerhard Schröder
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ist Präsident des Verwaltungsrats bei Nord Stream 2. Foto: Patrick Pleul
Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ist Präsident des Verwaltungsrats bei Nord Stream 2.
Foto: Patrick Pleul

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder empfiehlt angesichts der Gaskrise die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2. »Sie ist fertig. Wenn es wirklich eng wird, gibt es diese Pipeline, und mit beiden Nord-Stream-Pipelines gäbe es kein Versorgungsproblem für die deutsche Industrie und die deutschen Haushalte«, sagte das SPD-Mitglied in einem Interview mit dem Magazin »Stern« und dem Sender »RTL/ntv«. Schröder bezeichnete die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 mit Blick auf mögliche Gasengpässe als die »einfachste Lösung«.

Schröder ist Präsident des Verwaltungsrats bei Nord Stream 2. Er steht seit langem wegen seiner Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin und zur russischen Öl- und Gaswirtschaft in der Kritik.

Ampel hat die Nutzung ausgeschlossen

Die Bundesregierung hatte nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ausgeschlossen. Jüngst hatten sich sieben Bürgermeister der Ostseeinsel Rügen für eine Nutzung der Pipeline ausgesprochen.

»Wenn man Nord Stream 2 nicht benutzen will, muss man die Folgen tragen. Und die werden auch in Deutschland riesig sein«, sagte Schröder. Jeder, der mit Gas heize, bekomme das schon jetzt zu spüren. »Für uns, die wir hier sitzen, ist das unangenehm, aber es ist zu schaffen. Aber für ganz viele Leute, die mit jedem Cent rechnen müssen, wird das richtig hart. Und dann wird man in Deutschland fragen: Warum verzichten wir eigentlich auf das Gas aus der Pipeline Nord Stream 2? Warum?«

Schröder macht Siemens Energy Vorwürfe

Schröder hat in der Debatte über stark gedrosselte russische Erdgas-Lieferungen Siemens Energy für die fehlende Turbine der Pipeline Nord Stream 1 verantwortlich gemacht. Die Turbinen, die man brauche, um das Gas überhaupt in die Pipeline zu bringen", kämen von dem Unternehmen und müssten regelmäßig gewartet werden, so Schröder in dem Interview. Aber das Unternehmen habe "die gerade viel debattierte Turbine aus der Wartung in Kanada nach Mülheim an der Ruhr gebracht. Warum sie dort ist und nicht in Russland, verstehe ich nicht."

Dass aktuell nur 20 Prozent der normalen Gasmenge über die Pipeline Nord Stream 1 geliefert werden, ist nach Darstellung Schröders technisch bedingt. »Es wären schon 60 Millionen, also doppelt so viel, wenn nur Turbine Nummer 2 verfügbar wäre. Das liegt in der Verantwortung von Siemens, wenn ich das richtig sehe.«

Seit Juni hat Russland die Gaslieferungen über Nord Stream 1 zurückgefahren. Der Energiekonzern Gazprom begründete dies mit der fehlenden Turbine. Gazprom hatte seinem Vertragspartner Siemens Energy wiederholt vorgeworfen, nicht die nötigen Dokumente und Informationen zur Reparatur der Maschine übermittelt zu haben. Siemens Energy hatte die Vorwürfe von Gazprom zurückgewiesen.

Scholz will Turbine besichtigen

Am Mittwoch wollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Turbine besichtigen, die auf dem Weg von Kanada nach Russland in Mülheim an der Ruhr zwischenlagert. Laut Siemens Energy steht die Turbine für den Weitertransport nach Russland bereit. Im Interview mit der kanadischen Zeitung »The Globe and Mail« verteidigte Scholz die Lieferung, die wegen der Umgehung von Sanktionen umstritten ist. Man habe dadurch »Putins Bluff auffliegen lassen«, sagte er. »Er kann diesen Vorwand nicht mehr verwenden und keine technischen Gründe mehr für ausbleibende Gaslieferungen ins Feld führen.«

Schröder sagte, er habe bei seinem Besuch in Moskau gefragt, ob die Drosselung der Gaslieferungen politisch motiviert sei. »Aber die klare Antwort lautete: Es gibt keine politische Ansage des Kreml, den Gasfluss zu drosseln. Es handelt sich hier vorwiegend um ein technisches und bürokratisches Problem, übrigens eins auf beiden Seiten. Und eine Seite schiebt der anderen den Schwarzen Peter zu.«

© dpa-infocom, dpa:220803-99-253957/3