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Zwei Verbrechen mit sieben Toten - Suche nach Motiven

Zwei Tatorte, sieben Tote, mehrere Verletzte: Die beiden Verbrechen von Rot am See und Güglingen in Baden-Württemberg werfen viele Fragen auf.

Spurensicherung
Mitarbeiter der Spurensicherung am Tatort. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Mitarbeiter der Spurensicherung am Tatort. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Rot am See/Güglingen (dpa) - Die Ermittler in Baden-Württemberg suchen nach dem Verbrechen in Rot am See mit sechs Toten und nach dem gewaltsamen Tod eines 15-Jährigen in Güglingen nach Hintergründen und Motiven. In beiden Fällen fanden die Taten im engsten Familienkreis statt.

Einem 26-Jährigen aus Rot am See im Kreis Schwäbisch Hall wird vorgeworfen, Eltern, Onkel, Tante und zwei Stiefgeschwister erschossen zu haben. Ein ebenfalls vom mutmaßlichen Täter angeschossener Mann schwebt immer noch in Lebensgefahr. An dem kritischen Zustand des 68-Jährigen habe sich nichts verändert, sagte ein Sprecher der Polizei. Eine Frau, vermutlich die Ehefrau des Schwerstverletzten, wurde ebenfalls wegen Schussverletzungen im Krankenhaus behandelt.

Im Fall des etwa 100 Kilometer von Rot am See entfernten Güglingen im Kreis Heilbronn sind der Vater (54) und der 17-jährige Bruder des getöteten Teenagers nicht vernehmungsfähig. Beide waren mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht worden. Frühestens am Montag sei eine Befragung möglich, hieß es. Auch die Leiche des 15-Jährigen wies Stichverletzungen auf - ob sie zum Tod geführt hatten, war noch unklar.

Die Polizei gab im Fall Rot am See nicht bekannt, ob der in Untersuchungshaft sitzende Mann sich zu den Vorwürfen des sechsfachen Mordes und des zweifachen versuchten Mordes geäußert hat. Der Sportschütze soll mit seiner halbautomatischen Waffe überdies zwei 12 und 14 Jahre alte Jungen bedroht haben. Diese brachten sich bei Nachbarn in Sicherheit.

Der Anlass für das Aufeinandertreffen der Verwandten sei noch unklar, sagte der Polizeisprecher. Nach dpa-Informationen war der Hintergrund die Beerdigung der Großmutter des 26-Jährigen mütterlicherseits in Sachsen. Wie die »Bild am Sonntag« berichtete, fand die Beisetzung am Samstag in Schwepnitz statt.

Die Mutter (56) des Tatverdächtigen, die nach Informationen von dpa und »Bild am Sonntag« vom Vater getrennt lebte, hatte auf dem Weg aus dem Raum Freiburg nach Sachsen Zwischenstopp in Rot am See gemacht. Mit ihr waren zwei Stiefgeschwister des Verdächtigen ebenfalls aus der Gegend um Freiburg gekommen. Als auf diese drei Angehörigen und den Vater geschossen wurde, eilten die in der Nachbarschaft lebende Tante (62) des 26-Jährigen und ihr Mann (69) nach dpa-Informationen zum Tatort. Dort wurden beide Opfer des Todesschützen.

In Güglingen war der 15-Jährige in der Nacht zum Samstag in einem Wohnhaus getötet worden. »Der Vater und der Bruder sind unseren Ermittlungen zufolge die einzigen Personen, die während der Tat anwesend waren«, hatte ein Polizeisprecher am Samstag gesagt. Die Jugendlichen und der Vater lebten gemeinsam auf dem Anwesen. Zur Mutter des toten Jungen wurden noch keine Angaben gemacht. Kurz nach ein Uhr seien die Einsatzkräfte am Samstagmorgen per Notruf informiert worden, dass es in dem Haus zum Streit gekommen sei und es mehrere Verletzte gebe. Den Notruf hat Polizeiangaben zufolge eines der drei Familienmitglieder abgesetzt.

Der mutmaßliche Täter von Rot am See hatte am Freitag der Polizei die Tat selbst gemeldet. Er wurde kurz darauf vor dem Gebäude festgenommen, in dem und außerhalb dessen zwei beziehungsweise vier Leichen entdeckt wurden. Der Mann, der in dem Haus mit seinem 65-jährigen Vater lebte, war bislang strafrechtlich nicht aufgefallen. Der Deutsche ließ sich ohne Widerstand festnehmen. Die Polizei gab nicht bekannt, ob er sich vor dem Haftrichter zu dem Tatvorwurf geäußert hat. Er sitzt in Untersuchungshaft. Der Beschuldigte war nach dpa-Informationen arbeitslos, absolvierte gerade ein Fernstudium und lebte mit seinem Vater seit vier Jahren in einer Wohnung über einem Lokal, das der Vater betrieb.

Am Samstag schreckte ein Polizeieinsatz die Gemeinde Rot am See erneut auf. Ein Mann hatte Schreckschüsse abgegeben und sich dann in seiner Wohnung verschanzt. Der 38-Jährige wurde von per Hubschrauber gebrachten Spezialkräften festgenommen. Der Tatverdächtige war laut Polizei in einem psychischen Ausnahmezustand und wurde in eine Spezialklinik gebracht. In seiner Wohnung wurden Schreckschuss- und Druckluftwaffen gefunden. Einen Zusammenhang mit dem Kapitalverbrechen am selben Ort schließt die Polizei aus.

Weil der mutmaßliche Täter von Rot am See eine Waffenbesitzkarte hatte, befürchtet der Deutsche Schützenbund (DSB) in Wiesbaden eine Debatte um ein schärferes Waffenrecht. »Wenn mit einer legalen Waffe so etwas passiert, ist immer die Diskussion da, wie man die Schraube noch weiter anziehen kann«, sagte Walter Wolpert, DSB-Vizepräsident für den Bereich Recht, am Samstag. Dabei habe Deutschland schon eines der strengsten Waffengesetze der Welt, das zudem gerade verschärft worden sei. Darauf verwies auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU): »Man muss sich jetzt ganz genau, sorgfältig und sorgsam anschauen, ob und wie man hier möglicherweise noch nacharbeiten muss.«

Mitteilung vom 24.1. zum Fall Rot am See

Mitteilung vom 25.1. zum Fall Rot am See

Erste Mitteilung vom 25.1. zum Fall Güglingen

Zweite Mitteilung vom 25.1. zum Fall Güglingen