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Weniger Badetote bisher - weil der Sommer Pause macht

Schwüle Hitze, stechende Sonne und nur noch ein Wunsch: Endlich ans Wasser. Doch das kann gefährlich sein, jedes Jahr ertrinken viele Menschen.

DLRG
Zwei Mitarbeiter der DLRG an der Elbe. Foto: Daniel Reinhardt/DPA
Zwei Mitarbeiter der DLRG an der Elbe.
Foto: Daniel Reinhardt/DPA

Es gibt einen Grund, für den bislang eher durchwachsenen Sommer dankbar zu sein: In den ersten knapp sieben Monaten des laufenden Jahres sind deutlich weniger Menschen bei Badeunfällen gestorben als ein Jahr zuvor.

Bis zum Stichtag 25. Juli seien in deutschen Gewässern mindestens 192 Menschen ertrunken - 21 weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, teilte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mit Sitz in Bad Nenndorf mit. »Der Sommer macht nun schon eine längere Pause. Andernfalls läge die Zahl der Ertrunkenen sicher nahe der des Vorjahres«, sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt in Hamburg. Im gesamten Vorjahr starben mindestens 355 Menschen in Deutschland bei Badeunfällen, das waren 56 mehr als im Jahr davor.

Seit Beginn der Badesaison im Mai starben laut DLRG 123 Menschen im Wasser - und damit 13 weniger als im Vergleichszeitraum 2022. Wie schon im vergangenen Jahr habe ein »sehr warmer Mai« viele Badende und Wassersportler angelockt, sagte Vogt. »Hierbei kam es wieder zu vielen Unfällen in den noch kühlen Gewässern.« Allein im Mai ertranken demnach 32 Menschen, ein Jahr zuvor waren es 30.

Tödliche Unfälle in unbewachten Gewässern

Die meisten tödlichen Badeunfälle gab es an unbewachten Gewässern im Binnenland: In Flüssen, Bächen, Teichen oder Seen ertranken bisher 179 Menschen. In Seen gab es 75 Todesfälle und damit deutlich weniger als vor einem Jahr (93), in Flüssen waren es 68 (2022: 66). In Kanälen ertranken 17 Menschen, 8 mehr als vor einem Jahr - allein im Juni starben vier Männer im Dortmund-Ems-Kanal. »Ob Flüsse oder Kanäle: Die Schifffahrtswege sind besonders gefährlich und unbedingt zu meiden«, warnte Vogt. Auch nicht ganz ungefährlich: Wassersport. 12 Menschen ertranken etwa beim Stand-up-Paddling oder Bootfahren.

In Nord- und Ostsee starben bisher 9 Menschen, 4 mehr als im Vorjahreszeitraum. Dort allerdings bewachen laut DLRG zumeist ehrenamtliche Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer zwischen Mai und September viele Strände.

Unterschiedlich entwickelten sich die Zahlen der Badeunfälle in den Bundesländern: In Bayern mit seinen vielen Seen ertranken in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres 30 Menschen - nach 44 im Vorjahreszeitraum. In Hamburg dagegen hat sich die Zahl der Ertrunkenen von 4 auf 9 mehr als verdoppelt, in Nordrhein-Westfalen stieg sie leicht von 31 auf 35. In Schleswig-Holstein ertranken bis zum Stichtag Ende Juli 9 Menschen nach 13 im Vorjahreszeitraum, in Niedersachsen sank die Zahl der Todesfälle von 25 auf 18.

Auffällig laut DLRG: Vier von fünf Ertrunkenen oder 79 Prozent sind Männer. Fast jeder zweite Badetote (44 Prozent) war älter als 50 Jahre. Immerhin sank die Zahl der bei Badeunfällen gestorbenen Kinder im Alter bis 10 Jahre leicht von 10 auf 8.

Warnungen werden häufig nicht beachtet

DLRG-Kommunikationschef Frank Villmow beklagte, dass die Warnungen der Retter, die gelben oder roten Flagge an den Türmen, nach wie vor häufig nicht beachtet würden. So sei es zu mehreren Rettungen binnen weniger Tage an der Ostsee gekommen, darunter in der Lübecker Bucht und in Graal-Müritz bei Rostock: »Bei besonderen Witterungsbedingungen entstehen dort binnen kürzester Zeit starke Strömungen, die vor allem für Ungeübte und Nichtschwimmer lebensgefährlich sind.«

Villmow mahnte: »Erst letzte Woche bewahrte eine junge Retterin in Grömitz ein sechsjähriges Mädchen, das allein im Wasser war, vor dem Ertrinken.« Im vergangenen Jahr retteten die DLRG-Helfer 1307 Menschen das Leben. Katharina Leichauer, DLRG-Bundesbeauftragte für die Psychosoziale Notfallversorgung, sagte: »Viele Einsatzkräfte leiden direkt nach dem Einsatz an Belastungssymptomen.«Die Symptome klingen jedoch binnen weniger Tage bis Wochen normalerweise ab.

Weniger Kinder lernen schwimmen

Vogt kritisierte, in der Corona-Pandemie sei der Anteil der Kinder, die nicht schwimmen können, deutlich gestiegen - nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DLRG stieg der Anteil der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, zwischen 2017 und 2022 von 10 auf 20 Prozent. Auch hätten die Lebensretter weniger Rettungsschwimmer ausbilden können.

»Auch wenn es zuletzt eher kühl und nass war: Der Klimawandel wird uns künftig in der Tendenz mehr Sommertage bescheren, womit das Unfallrisiko an den Gewässern steigt«, warnte sie. Die beste Unfallverhütung: Schwimmen lernen.

© dpa-infocom, dpa:230803-99-679740/6