Die Kulisse ist spektakulär: im nächtlichen Paris unter den angestrahlten olympischen Ringen am Eiffelturm feiert Céline Dion ihr triumphales Comeback. In einem silberweißen, glitzernden Kleid steht die gebürtige Kanadierin auf dieser Weltbühne. Zum Abschluss der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele singt sie am Freitagabend das Lied »L'Hymne à l’amour« der französischen Chansons-Ikone Édith Piaf und bringt das Publikum damit zum Jubeln.
Über eine Einlage der 56 Jahre alten, in Frankreich stark verehrten Sängerin war seit Tagen spekuliert worden. Dion hatte 2022 bekannt gemacht, dass bei ihr das sogenannte Stiff-Person-Syndrom, eine seltene neurologische Erkrankung, diagnostiziert worden sei. Sie sagte danach alle Auftritte ab.
Erkrankung nicht anzumerken
Stimmgewaltig performte die 56-Jährige beim großen Finale der Eröffnungsfeier nun das über dreiminütige Liebeslied. Es ist ein starker Auftritt, Spuren der schweren Erkrankung sind ihr nicht anzumerken. »Ich fühle mich geehrt, heute Abend bei der Eröffnungsfeier von Paris 2024 aufzutreten, und bin voller Freude, wieder in einer meiner Lieblingsstädte zu sein«, schrieb Dion zu ihrem Pariser Auftritt auf X.
Vor allem aber freue sie sich, »diese unglaublichen Athleten zu feiern, mit all ihren Geschichten von Aufopferung und Entschlossenheit, Schmerz und Ausdauer. Ihr alle habt euch so sehr auf euren Traum konzentriert, und ob ihr nun eine Medaille mit nach Hause nehmt oder nicht, ich hoffe, dass eure Anwesenheit hier bedeutet, dass er für euch in Erfüllung gegangen ist!«
Für die Zuschauer ist es ein Gänsehautmoment. US-Sängerin Kelly Clarkson, die für den Sender NBC die Zeremonie kommentierte, war von Dions Auftritt sichtlich ergriffen. Das habe ihr die Stimme verschlagen, sagte Clarkson mit Tränen in den Augen. Dion sei einfach unglaublich - sie sei die Goldmedaillen-Gewinnerin als »singende Athletin«.
Der künstlerische Leiter der Eröffnungsfeier, Thomas Jolly, erklärte, dass die Organisatoren die Eröffnungsshow mit diesem ikonischen Piaf-Lied krönen wollten. »Wir wollten eine Botschaft der Liebe in die Welt senden. Und welche Sängerin singt am besten über die Liebe? Es war nicht schwer, sich für Céline Dion zu entscheiden«, sagte Jolly.
Wegen des Gesundheitszustands von Dion sei ihr Auftritt aber zunächst unsicher gewesen, ebenso wie der Ort ihrer Darbietung. »Wir haben ihr andere Optionen gegeben, aber sie wollte es auf dem Eiffelturm machen«, sagte Jolly. Zeremonienmeister Thierry Reboul bedankte sich bei Dion und allen anderen Künstlern, die an der Eröffnung beteiligt waren, dass trotz des teils heftigen Regens keiner seinen Auftritt ändern oder absagen wollte.
Wenige Tage zuvor hatte schon Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärt, dass er sich über Dion als Stargast bei der Show freuen würde. Nach der Zeremonie dankte er den Machern und Künstlern für eine großartige und magische Show. In 100 Jahren würde man noch darüber reden, schrieb Macron auf der Plattform X. An der spektakulären Feier mit vielfältigen Show-Acts entlang der Wahrzeichen von Paris wirkten zahlreiche Künstler mit, darunter auch Lady Gaga.
Für Dion war es allerdings keine Olympia-Premiere. Im Juli 1996 hatte die Kanadierin mit dem Song »The Power of the Dream« schon bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele in Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) mitgewirkt.
Dion leidet an Muskelkrämpfen
Im Dezember 2022 hatte sie bekannt gemacht, dass bei ihr das sogenannte Stiff-Person-Syndrom diagnostiziert worden sei. Sie leide an Muskelkrämpfen und habe dadurch manchmal Probleme beim Gehen und beim Singen, sagte sie damals. Die »My Heart Will Go On«-Sängerin musste alle für 2023 und 2024 geplanten Termine ihrer »Courage World Tour« in Europa absagen.
Erstmals seit Bekanntwerden ihrer Diagnose sprach sie im Juni in einem Fernseh-Interview über ihr Leben mit der seltenen Autoimmunerkrankung. Es fühle sich so an, als wenn dich jemand erwürgt, beschrieb sie die schweren Krämpfe in ihrer Kehle. Die Krankheit könne überall im Körper zu Muskelkrämpfen führen, so dass etwa ihre Hände oder Füße erstarren würden. Mit Physiotherapie, Gesangstraining und Medikamenten kämpfe sie gegen die Krankheit an.
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