»Ich schätze an Dir, dass Du immer so warmherzig und fürsorglich bist. Einfach wie eine gute Mutter.« Das klingt auf den ersten Blick wie ein schönes Kompliment. Doch es kann sein, dass sich ein Mensch über diesen wahrscheinlich nett gemeinten Satz nicht freut. Denn er basiert auf Stereotypen. Etwa jenem, dass Frauen nur gute Mütter sein können, wenn sie warmherzig und fürsorglich sind.
Am 1. März ist der Tag der Komplimente. Und weil es mit Schmeicheleien manchmal nicht so einfach ist, ist er ein guter Anlass, um nachzufragen: Was kommt bei gut gemeinter Lobhudelei möglicherweise schlecht an?
Charmanten Worten folgen gute Gefühle
Zunächst zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Komplimente tatsächlich positive Gefühle auslösen - auf beiden Seiten: sowohl bei Empfänger oder Empfängerin als auch bei denjenigen, die eine Liebenswürdigkeit verteilen. Das hat ein Forschungsteam unter anderem des Instituts für Medizinische Psychologie am Uniklinikum Heidelberg herausgefunden.
In der wissenschaftlichen Studie wurden die Gehirne von Menschen untersucht, die zu diesem Zeitpunkt in einer Liebesbeziehung zueinander standen. Mithilfe der bildgebenden Magnetresonanztomografie wurden während der Studie ihre Gehirne untersucht. Dabei zeigte sich, dass bei Empfängern und Absendern eines Kompliments Gehirnareale aktiv werden, die für die Glückshormone Oxytocin und Dopamin verantwortlich sind. Damit sind Komplimente gut für die seelische und körperliche Gesundheit.
Nicht jedes Kompliment ist harmlos
Aber warum hat manch eine Bewunderung einen schalen Beigeschmack? Wenn sie doch auf den ersten Blick harmlos und gut gemeint zu sein scheint? Es hängt natürlich immer vom Kontext ab, ob ein Kompliment angemessen ist oder nicht. Einen großen Fehler könne man aber vermeiden, indem zugeneigte Worte nicht mit einem Stereotyp verbunden oder Menschen objektiviert würden, sagt Julia Becker, Professorin für Sozialpsychologie an der Universität Osnabrück.
»Du hast ein tolles Shirt. Ich würde gerne wissen, wie es darunter aussieht«, sei ein Beispiel für objektivierende Komplimente. Diese kämen »nicht gut an und werden als Sexismus interpretiert«, erklärt Becker. Ausschlaggebend sei auch, ob ein Lob von einem nahestehenden oder fremden Menschen komme. Wenn der objektivierende Kommentar von einer oder einem Unbekannten kommt, wird er besonders negativ bewertet.
Becker zufolge werden auch die Menschen, die den objektivierenden Kommentar erhalten, negativer beurteilt. Beobachter hielten sie für »weniger sympathisch und weniger intelligent«, sagt die Forscherin.
Stereotype können zu Vorurteilen werden
»Beispielsweise klingt es erst mal nett, wenn Frauen gesagt wird, sie seien viel wunderbarer als Männer«, erklärt Becker. »Diese Annahme geht oft damit einher, dass die Gruppe, die besonders nett und warmherzig dargestellt wird, gleichzeitig als weniger kompetent wahrgenommen wird.«
Über Generationen hinweg wiederholte Stereotype könnten sich zu Vorurteilen verfestigen und zum Pauschalurteil werden. Ein Mädchen könne etwa denken, dass es besonders dann Anerkennung bekomme, wenn es aussehe wie eine Prinzessin, aber nicht, wenn es eine Eins in Mathe schreibe, erklärt die Professorin. Deshalb sollten - egal ob Junge oder Mädchen - am besten alle Menschen schon von Kindesbeinen an lobende Worte bekommen, die ihre Besonderheiten in verschiedenen Bereichen hervorheben.
Klar ist: Es gibt nicht das eine perfekte Kompliment. Ob ein Satz gut oder schlecht ankommt, hängt immer vom Kontext und meist auch von der Beziehung der Menschen untereinander ab. »Insgesamt denke ich, ausgewogene Komplimente sind sehr gut, und es sollte mehr davon geben«, sagt die Sozialpsychologin. »Es gibt ja Leute, die denken, man dürfe einer Frau nun kein Kompliment mehr machen. Das ist totaler Quatsch.«
Beispiele für gute Komplimente können sein: »Ich verbringe gerne Zeit mit Dir, das tut mir gut« oder »Du hast immer ein offenes Ohr für mich und ich kann mich immer auf Dich verlassen«. Wer Nettigkeiten verteilt, kann mit individuellen Worten vermutlich noch extra punkten.
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