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Aktuell Parkgebühren

Umwelthilfe rüffelt Städte im Land wegen zu niedriger Parkgebühren

360 statt 30 Euro pro Jahr: Nach grünem Licht von der Landesregierung haben viele Städte im Südwesten das Anwohnerparken deutlich teurer gemacht. Andere Kommunen zögern - und ernten dafür Kritik. Lob gibt es dafür für die Städte Reutlingen und Tübingen.

Anwohnerparken in Tübingen
2020 hatten Bundestag und Bundesrat eine Obergrenze bei Anwohnerparkausweisen von 30,70 Euro pro Jahr gekippt. Foto: Marijan Murat
2020 hatten Bundestag und Bundesrat eine Obergrenze bei Anwohnerparkausweisen von 30,70 Euro pro Jahr gekippt.
Foto: Marijan Murat

BERLIN/STUTTGART. Wer als Anwohner ein besonders großes Auto auf der Straße parken will, muss dafür in Freiburg seit April 480 Euro pro Jahr zahlen - im Nordosten Heilbronns aber nur etwas mehr als 10 Euro. Viel zu wenig, findet die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Auch andere Städte wie Stuttgart und Mannheim sollten die Gebühren für Anwohner-Parkausweise auf mindestens 360 Euro pro Jahr erhöhen, forderte die Umweltorganisation am Montag. Doch von anderer Stelle kommt Lob für das Zögern mancher Städte trotz grünen Lichts von der Landesregierung - und sogar eine Klage gegen deutlich höhere Gebühren.

Die DUH begründet ihre Forderung vor allem mit einem Platzmangel in Innenstädten. Flächen zum Spielen, Flanieren und Verweilen würden immer knapper, sagte Geschäftsführer Jürgen Resch. Trotzdem dürften Anwohner »in den meisten Städten mit ihren riesigen SUV und Pick-ups für nur acht Cent pro Tag den öffentlichen Raum zustellen«. Um das zu verhindern, sollten die Ausweise mindestens 360 Euro pro Jahr kosten. Als aus ihrer Sicht positive Beispiele nennt die DUH unter anderem Freiburg, Karlsruhe, Tübingen, Reutlingen und Heidelberg.

»Seit Jahren fordern die Städte mehr Handlungsspielraum, um dem Trend zu immer mehr und immer größeren Autos entgegenzuwirken«, sagte der DUH-Referent für Verkehr und Luftreinhaltung, Robin Kulpa. Deshalb könne er »nicht nachvollziehen«, dass Städte, »in denen höhere Gebühren endlich möglich sind, bislang untätig bleiben«.

Eine Sprecherin der Stadt Heilbronn begründete den bisherigen Verzicht auf Gebührenerhöhungen mit der »in vielerlei Hinsicht schwierigen Situation durch die Corona-Pandemie«. Das Thema werde aber im Zuge von Leitlinien zur Park- und Straßenraumnutzung »mittelfristig aufgegriffen«, in Teilen der Innenstadt habe man mit der Umsetzung schon begonnen. Ein Sprecher der Stadt Mannheim sagte, eine Verteuerung werde derzeit in der Verwaltung geprüft. »Sobald es ein Konzept gibt, wird das mit dem Gemeinderat abgestimmt.«

Auch in Stuttgart werde eine Erhöhung derzeit »noch geprüft«, sagte eine Sprecherin der Stadt. Betroffen wären aber rund 50 000 Menschen, daher sei »die Akzeptanz der Gebühren in der Bevölkerung wichtig«. Politisch diskutiert werden solle der Schritt, sobald die Verwaltung einen Vorschlag erarbeitet habe.

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christian Jung, äußerte Verständnis für das Zögern: »Es gibt gute Gründe, weshalb Städte vom massiven Drehen an der Preisschraube beim Anwohnerparken absehen.« Die DUH lasse mit ihrer Forderung »einmal mehr jegliches soziales Gespür vermissen«. Auch die AfD kritisierte die Organisation scharf: Es sei ein Unding, in diesen Zeiten »immer weiter Geld aus den Taschen der Bürger zu pressen«, sagte der verkehrspolitische Sprecher im Landtag, Miguel Klauß.

DUH-Geschäftsführer Resch wies die Kritik am Montag zurück. »Was wir im Moment haben, ist eine Subventionierung von solchen Parkräumen.« Eine Nutzung als Außenbereiche von Restaurants sei in vielen Städten viel teurer, ebenso regelmäßige Fahrten mit Bus und Bahn. »Die Mehreinnahmen aus den Parkgebühren sollten deshalb zur Finanzierung eines Flatrate-Tickets genutzt werden«, sagte Resch. »So hat es Wien zum Beispiel auch gemacht.« Ein 365-Euro-Jahresticket sei »ein Anreiz, mit dem ÖPNV günstiger in die Stadt zu kommen«.

In Freiburg hat ein FDP-Stadtrat unterdessen Klage gegen die höheren Parkgebühren erhoben. Ein Anwohnerparkausweis kostet dort seit Anfang April im Schnitt 360 Euro statt zuvor 30 Euro pro Jahr. Über eine vorläufige Regelung in dem Streit werde der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim »voraussichtlich in diesem Quartal oder zu Beginn des nächsten Quartals« entscheiden, sagte ein Sprecher des Gerichts.