Männer mit weißen Bärten und roten Mänteln haben Hochkonjunktur. Nikoläuse besuchen Kindergärten und Altenheime; Weihnachtsmänner Einkaufszentren und Vereinsfeiern. Dabei ist das Ganze ein regelrechter Geschäftszweig - mit branchentypischen Problemen.
Die Augsburger Arbeitsagentur beispielsweise hat nur noch zehn Nikoläuse zur Verfügung. »Es waren auch schon einmal 15, doch durch berufliche Änderungen, Umzüge sind es weniger geworden«, sagt eine Sprecherin. Nicht jeder eigne sich für das Amt. »Insofern herrscht auch beim heiligen Mann immer eine Fachkräftenachfrage.«
Bis zur Corona-Pandemie hat die Arbeitsagentur in vielen Regionen Miet-Nikoläuse und Weihnachtsmänner vermittelt, seit der Corona-Pandemie nur noch vereinzelt - beispielsweise in Bremen, Hannover oder eben Augsburg.
Hohe Nachfrage
»In den Städten, wo wir diesen Service bieten, sind die Nikoläuse gut ausgelastet. Die Nachfrage ist hoch, kann jedoch meist bedient werden, wenn die Anfrage rechtzeitig eingeht«, sagt Irmgard Pirkl, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit.
Die Nikolaus-Zentrale, eine bundesweite Plattform für Miet-Nikoläuse, zählt nach Angaben des Plattform-Betreibers Winfried Keuthage seit Jahren etwa gleichbleibend 150 Männer, die »Lust haben, sich zu verkleiden«. Einen Angebotsmangel sieht er nicht, eher einen in der Nachfrage. »Die ist zu Corona-Zeiten eingebrochen und noch nicht wieder auf dem Niveau wie vorher.« Das liege vor allem daran, dass viele Weihnachtsfeiern nach wie vor ausfielen.
Einer der Nikoläuse, die man dort mieten kann, ist der 52-jährige Sean Schmidtpeter aus München. Seine Verwandlung dauert nicht lange. Weißes Gewand, weißer Bart, weißes Puder in die Augenbrauen, roter Mantel, rote Bischofsmütze - und schon ist aus einem Business Coach die Quasi-Reinkarnation jenes Bischofs von Myra geworden. Er tritt nur als Nikolaus auf - nie als Weihnachtsmann, der vielen Traditionalisten als Konsum- und Coca-Cola-Variante des altes Mannes im roten Mantel gilt. »Ich komme aus einer Nikolaus-Dynastie«, sagt er und berichtet davon, wie er im Kindergarten auf dem Schoß seines als Nikolaus verkleideten Vaters saß.
Für seine Auftritte hat der 52-Jährige sich extra ein Kostüm von einer Dirndl-Designerin schneidern lassen und inzwischen habe er viele Stammkunden, sagt Schmidtpeter. 30 Euro kostet ein Auftritt, das Geld wird seinen Angaben zufolge immer gespendet - »und oft ist darum dann auch mehr Geld im Umschlag«. Verändert habe sich in der Zeit nicht viel: Leuchtende Kinderaugen und gesunder Respekt vor dem, was da drinstehen könnte im Goldenen Buch, beobachte er zuverlässig jedes Jahr. »Nur die Geschenke werden immer größer.«
Wie viele von seiner Sorte es in Deutschland gibt, ist nahezu unmöglich herauszufinden. Nach Angaben von Bundesagentur-Sprecherin Pirkl sind die meisten Nikoläuse und Weihnachtsmänner Rentner, Berufstätige, Studenten, Künstler und Schauspieler. Alle sind sie Männer. Frauen werden dort nur als Weihnachtsengel gelistet -»als Weihnachtsfrau nein; dazu ist die Nachfrage bislang nicht da«.
Weihnachtsmänner im Osten gesucht
Dabei gibt es hier und da schon einen gewissen Fachkräftemangel zu beklagen - zum Beispiel auch im Osten der Republik, wo der Nikolaus mangels katholischer Tradition nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Dort werden die Weihnachtsmänner knapp. »Die Nachfrage wird immer größer und die Weihnachtsmänner immer weniger«, sagt Ronny Schröter vom Cottbuser Weihnachtsmannbüro. »Ich habe dieses Jahr nur noch vier Weihnachtsmänner und 50 Familien, die einen suchen.« Die Liste der Miet-Weihnachtsmänner sei »immer kürzer geworden, von Jahr zu Jahr«.
Es gebe zwar durchaus immer mal wieder Männer, die als Weihnachtsmann auftreten wollen - »aber nächstes Jahr haben sie plötzlich 'ne Freundin, das Jahr darauf ein Kind und dann hat sich das ohnehin erstmal erledigt. Die, die bleiben, das sind die älteren Singles, die keine Familie mit kleinen Kindern und an Weihnachten Zeit haben«, sagt der 40-Jährige. »Solche Leute suche ich, aber die findet man ganz schlecht.«
Leider sei der Job an sich immer noch eine Männerdomäne, also könnten Frauen den Weihnachts-Fachkräftemangel nicht beheben. »Wir hatten mal in einem Jahr drei Frauen dabei, aber da haben wir dann zwei, drei Tage vorher richtig Stress bekommen, weil die Familien das nicht wollten«, sagt Schröter. »Das sind eigentlich nur die Eltern, die Kinder merken das gar nicht. Die Frauen machen das genau so toll, aber irgendwie funktioniert das nicht.«
© dpa-infocom, dpa:221204-99-772392/2