Großbritannien trauert um eine rebellische und unangepasste Künstlerin. Politiker, Modegrößen und langjährige Wegbegleiter würdigten nach dem Tod von Vivienne Westwood die Modedesignerin für ihr Lebenswerk.
Model Bella Hadid, die im Oktober in Paris für Westwood gelaufen war, nannte die Britin »die Sonne« der Modeindustrie und »Königin des Punk«. Ex-Beatle Paul McCartney verabschiedete sich per Twitter: »Eine tapfere Dame, die die Modewelt erschütterte und trotzig für das eintrat, was richtig war.« Westwood war am Donnerstag im Alter von 81 Jahren gestorben.
»Vivienne Westwood war eine kreative Ikone, die geholfen hat, den Platz Großbritanniens an der Spitze der modernen Mode zu festigen«, twitterte Londons Bürgermeister Sadiq Khan. Die britische Kulturministerin Michelle Donelan sprach von einem »traurigen Tag«: Westwood sei eine überragende Figur der britischen Mode gewesen. »Ihr Punk-Stil schrieb das Regelbuch in den 1970er Jahren neu und wurde weithin dafür bewundert, wie sie ihr ganzes Leben lang ihren eigenen Werten treu blieb«, twitterte Donelan.
Westwood war für ihre provozierenden Slogans und androgynen Schnitte bekannt. Nach dem Motto: Jeder soll tragen, worauf er Lust hat - Männer zum Beispiel auch Röcke. Sie machte sich seit den 1970er Jahren mit ihrer respektlosen Haltung gegenüber dem Establishment einen Namen.
Als sie 1992 eine Ehrung von Queen Elizabeth II. erhielt, erschien sie ohne Unterwäsche, wie sie die wartenden Fotografen mit einer Drehung wissen ließ. »Der einzige Grund, warum ich in der Modebranche bin, ist, dass ich das Wort «Konformität» zerstören will«, hieß es in ihrer Biografie.
Dennoch wurde sie später von der Queen in den Adelsstand erhoben. Dame Vivienne - so lautet der ihr verliehene Titel - sei »friedlich und umgeben von ihrer Familie in Clapham, Südlondon« gestorben, hieß es am Donnerstagabend in der Mitteilung zu ihrem Tod. Das Londoner Victoria and Albert Museum (V&A) würdigte Westwood als »wahrhaft revolutionäre und rebellische Kraft in der Mode«.
Start mit den Sex Pistols
Westwood gilt als Wegbereiterin des Punk in der Modebranche. Gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten Malcolm McLaren, dem Manager der Punkband Sex Pistols, führte sie eine Boutique in der Londoner King's Road und sorgte für das Outfit der Gruppe.
Anschließend baute sie eine globale Modemarke auf, die heute Geschäfte in Großbritannien, Frankreich, Italien, Amerika und Asien hat. Verrückte Outfits waren ihr Markenzeichen. Westwood brachte auch den Klimawandel auf den Laufsteg. Sie hinterlässt zwei Söhne - den Fotografen Ben Westwood und Joseph Corré, den Gründer der Dessous-Firma Agent Provocateur.
»Danke, Liebling«
Ihr Ehemann Andreas Kronthaler, mit dem sie rund 30 Jahre verheiratet war, verabschiedete sich mit persönlichen Worten: »Wir haben bis zum Ende gearbeitet, und sie hat mir viele Dinge mitgegeben, mit denen ich weitermachen kann. Danke, Liebling.«
Auch zahlreiche Größen aus der Mode, Musik und dem Film gedachten der Designerin. Das Genie von Vivienne Westwood und ihre einzigartige Stimme seien unersetzlich und würden vermisst werden, schrieb Supermodel Claudia Schiffer in einer Instagram-Story. Ihre Kollegin Naomi Campbell nannte Westwood bei Instagram »die tatsächliche Königin der Mode«. Künstlerin Yoko Ono schrieb auf Twitter: »Was für eine Frau - so jung im Herzen, motiviert, schön und elegant.«
Popstar Boy George nannte Westwood in einem Tweet die »unangefochtene Königin der britischen Mode«. Schauspielerin Jamie Lee Curtis schrieb auf Instagram, Westwood sei eine »wahre Ikone« und betonte: »Rest in Punk« (wortwörtlich übersetzt: »Ruhe in Punk«).
In einer Mitteilung auf Westwoods offiziellem Instagram-Account hieß es: »Vivienne tat bis zum letzten Moment weiter die Dinge, die sie liebte, sie designte, arbeitete an ihrer Kunst, schrieb ihr Buch und veränderte die Welt zum Besseren. Sie führte ein erstaunliches Leben. Ihre Innovation und ihr Einfluss in den vergangenen 60 Jahren waren immens und werden sich auch in Zukunft fortsetzen.«
Westwood habe sich als Taoistin betrachtet. Sie war noch im hohen Alter bei Demonstrationen dabei, engagierte sich für den Umweltschutz und forderte die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. »Die Welt braucht Menschen wie Vivienne, um etwas zum Besseren zu verändern«, hieß es in der Instagram-Botschaft.
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