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Tote und Schwerverletzte nach erneutem Erdbeben

Die Menschen in der Südosttürkei kommen nicht zur Ruhe: Die Erde bebt erneut. Menschen laufen panisch auf die Straße. In Syrien stürzten erneut Häuser ein.

Neues Erdbeben
Ein Junge wird in einen Krankenwagen getragen, nachdem er bei dem jüngsten Erdbeben verletzt wurde. Foto: Ugur Yildirim
Ein Junge wird in einen Krankenwagen getragen, nachdem er bei dem jüngsten Erdbeben verletzt wurde.
Foto: Ugur Yildirim

Bei dem erneuten Erdbeben in der Südosttürkei sind mindestens drei Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden. Der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca teilte am Montagabend auf Twitter mit, 294 Menschen seien verletzt worden, 18 davon schwer. Innenminister Süleyman Soylu hatte gesagt, mindestens drei Menschen seien getötet worden. Auch in Syrien wurden Verletzte registriert: Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte zählte am Montagabend 470 Verletzte in dem Land, die meisten davon im Raum Aleppo.

Laut der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad hatten am Montagabend - 14 Tage nach den Beben mit Zehntausenden Toten - zwei Beben im Abstand von drei Minuten die Provinz Hatay mit Stärken von 6,4 und 5,8 erschüttert. Afad rief die Menschen dazu auf, von den Küsten fern zu bleiben. Der Meeresspiegel könne um bis zu einen halben Meter ansteigen. In Syrien stürzten erneut Häuser ein, Verletzte wurden gemeldet.

Erneut Menschen unter Trümmern

Der Sender CNN Türk berichtete, die Menschen seien in Panik auf die Straße gelaufen, zudem sei in Hatay der Strom ausgefallen. Rettungskräfte in der Stadt Antakya arbeiten laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu daran, drei unter Trümmern eingeschlossene Menschen zu befreien.

Der Bürgermeister von Hatay warnte, die Erdbebenserie sei noch nicht vorbei. Via Twitter rief er dazu auf, sich von einsturzgefährdeten Gebäuden fernzuhalten. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, das staatliche Krankenhaus in der Küstenstadt Iskenderun werde evakuiert.

Das Beben war Medienberichten zufolge auch in den umliegenden Provinzen, im Norden Syriens, in Israel, im Irak und im Libanon zu spüren. In mehreren Orten nahe der Stadt Aleppo seien erneut Häuser eingestürzt, sagte eine Sprecherin der Hilfsorganisation SAMS. Darunter sei auch die Kleinstadt Dschindiris nahe der türkischen Grenze, die schon vor zwei Wochen stark von den Beben getroffen wurde. In mindestens vier Kliniken der Organisation seien neue Opfer eingetroffen - darunter ein Kind mit Herzstillstand, das reanimiert werden konnte. Ob in der Türkei Häuser einstürzten, war zunächst unklar.

Furcht vor weiteren Beben

Die Rettungsorganisation Weißhelme teilte mit, im Nordwesten Syriens seien mehrere Städte und Dörfer betroffen. In mehreren Gebieten seien Hauswände und Balkone eingestürzt. Die Zivilschützer meldeten »mehrere Verletzte« unter anderem durch herunterfallende Trümmer. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, mehrere Menschen hätten sich durch Sprünge aus dem Fenster oder von Balkonen verletzt oder durch plötzliches Gedränge.

Ein Anwohner aus der Nähe der syrischen Stadt Aleppo sagte, das Beben sei so stark gewesen wie das vor zwei Wochen, habe aber nicht so lang gedauert. »Es hat die Menschen verängstigt und auf die Straße rennen lassen«, sagte der Anwohner namens Abdel Kafi. »Viele Menschen haben ihre Häuser verlassen und ziehen durch die Straßen in Angst, dass weitere (Erdbeben) folgen werden«, darunter auch in der syrischen Hauptstadt Damaskus, schrieb die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) für die Region, Rula Amin, bei Twitter.

Am 6. Februar hatte frühmorgens ein Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Das Epizentrum lag in beiden Fällen in der südtürkischen Provinz Kahramanmaras. Mehr als 47.000 Menschen starben, davon mehr als 41.000 in der Türkei.

Die türkische Ärztekammer zweifelt derweil die offiziellen Angaben zu den Toten an. Man wolle die Zahl der Bestattungen bis Anfang März bei den Kommunen abfragen und so die Regierungsangaben überprüfen, sagte Vedat Bulut von der Ärztekammer TTB der Deutschen Presse-Agentur.

»Wir haben Zweifel an den Zahlen«, sagte er. »Als in Kahramanmaras 6000 Todesfälle gemeldet wurden, gab es beispielsweise Bestattungsunterlagen zu 11.000 Menschen.« Grund dafür könne entweder sein, dass die offiziellen Zahlen zu niedrig angegeben würden. Es könne theoretisch aber auch sein, dass Tote von ihren Angehörigen aus anderen Provinzen nach Kahramanmaras gebracht worden seien.

Seit den Beben kehrten viele Anwohner in der Region - soweit die Gebäude noch bewohnbar waren - nur zögerlich in ihre Häuser zurück. Viele übernachteten in Zelten unter freiem Himmel oder in Autos aus der Sorge vor Nachbeben. Aus der Türkei wurden in den vergangenen zwei Wochen rund 6000 Nachbeben gemeldet.

© dpa-infocom, dpa:230220-99-671670/13