Das Düsseldorfer Rathaus wird überregional für gewöhnlich nur dann wahrgenommen, wenn dort die Tollitäten des närrischen Frohsinns ihren Ein- und Auszug halten. Am Dienstag (6.9.) aber tritt in dem historischen Bau kein Karnevalsprinz in Erscheinung, sondern Prinz Harry persönlich. Und das auch noch in Begleitung seiner Frau Meghan - »The Crown« in der Hauptstadt des Bindestrichlands Nordrhein-Westfalen sozusagen.
Dass sich das Glamour-Paar aus Kalifornien ins Rheinland verirrt, hat natürlich einen triftigen Grund: Düsseldorf wird im kommenden Jahr die Invictus Games ausrichten, und diese paralympischen Wettkämpfe von Kriegsveteranen liegen Harry sehr am Herzen.
Soldat in Afghanistan
»Harry war ja selbst als Soldat in Afghanistan«, erzählt Julia Melchior, die Königshaus-Expertin des ZDF, die seit vielen Jahren über die britischen Royals wie auch über andere königliche Familien berichtet. Sie hat selbst mit einigen ehemaligen Kameraden von Harry gesprochen. »Und die haben alle bestätigt, dass er dort denselben Gefahren ausgesetzt war wie alle anderen auch.«
Als die britische Presse von dem Einsatz erfuhr und entsprechend berichtete, wurde Harry aus Sicherheitsgründen abgezogen. In der Maschine, mit der er nach England zurückflog, befand sich auch ein Soldat, der bei einer Patrouille durch einen Bombenangriff einen Arm und ein Bein verloren hatte. »Dieses Schicksal muss Harry sehr bewegt haben«, sagt Julia Melchior. »Er hat den Soldaten später auch mehrfach in der Reha besucht. So ist bei ihm die Idee für die Invictus Games entstanden.«
Bedrückende Aktualität
Die ersten Spiele wurden 2014 in London abgehalten. Es folgten 2016 Orlando, 2017 Toronto, 2018 Sydney und dieses Jahr Den Haag. 2023 nun kommt mit Düsseldorf erstmals eine deutsche Stadt zum Zug. Dabei hat das Thema durch den Krieg in der Ukraine eine bedrückende Aktualität gewonnen.
Julia Melchior findet, dass die Mitglieder königlicher Familien immer dann als Schirmherren überzeugen, wenn die Sache, für die sie sich einsetzen, etwas mit ihrer persönlichen Biografie zu tun hat. Denn dann könnten sie mit einer anderen Autorität darüber sprechen. »Bei Harry und den Invictus Games passt das hundertprozentig. Ich weiß auch, dass die Veteranen seinen Einsatz sehr schätzen, weil er eben einer von ihnen ist. Das ist authentisch. Im Zusammenhang mit den Invictus Games hat man ihn in der britischen Öffentlichkeit auch zum ersten Mal richtig ernst genommen, davor war er in der Öffentlichkeit ja eher der Spaßvogel.«
Andere Auftritte Harrys findet die Dokumentarfilmerin weniger überzeugend. Im Juli etwa hatte der 37-Jährige vor der UN-Vollversammlung in New York vor einem »globalen Angriff auf Demokratie und Freiheit« gewarnt. »Ich frage mich, was Harry auszeichnet, um vor einem so herausgehobenen Forum über die politische Weltlage zu sprechen. Er ist ja im Grunde nur noch Privatmann, er hat keine Funktion mehr im britischen Königshaus.«
Harry und Meghan hatten sich 2020 aus dem engeren Kreis der Königsfamilie losgesagt und waren auf die andere Seite des Atlantiks gezogen. Das Paar lebt mit seinen beiden Kindern Archie (3) und Lilibet (1) im kalifornischen Montecito bei Santa Barbara.
Paar mit Sendungsbewusstsein
Ihre Zukunftsperspektive erscheint zurzeit etwas unklar. »Harry hat nicht die Ausbildung, einen bürgerlichen Beruf wahrzunehmen, und Meghan will offenbar auch nicht mehr das machen, was sie mal getan hat und gut kann, nämlich schauspielern«, analysiert Julia Melchior. Stattdessen wollen die beiden offenkundig etwas bewegen, sie wollen »dienen«, wie sie es in ihrem Statement nach dem Bruch mit der Königsfamilie erklärt hatten.
»Sie wollen 'global voices' sein und die Gesellschaft ein Stück weit verändern und verbessern. Dabei setzen sie vor allem auf die Themen psychische Gesundheit, Mitmenschlichkeit und Frauenrechte.« Die Verträge, die sie bisher mit den Streaming-Giganten Netflix und Spotify gemacht hätten, gingen auch in diese Richtung: »Es geht immer um die Botschaft, die sie verbreiten wollen - ob in einer Dokumentation oder in einem Podcast. Ich glaube, dass wir da weiterhin von ihnen hören werden. Vielleicht immer mehr von Meghan und immer weniger von Harry, denn sie hat ja das eindeutig größere Sendungsbewusstsein.«
Finanziell haben die beiden nach Einschätzung der Royalty-Expertin eigentlich ausgesorgt: Sie hat viel verdient, er hat dick geerbt. »Aber sie haben natürlich auch unheimlich hohe Kosten. Klar, es ist eines der bekanntesten Paare der Welt, aber für den Lebensstandard von Super Celebrities haben sie sich selbst entschieden. Sie könnten auch ein zurückgezogeneres Leben auf schlankerem Fuße führen.«
Das Programm
Was ist nun von dem nur wenige Stunden dauernden Besuch in Düsseldorf zu erwarten? Harry wird eine Rede im Rathaus halten und sich mit Meghan ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Dann wird er über den Rhein schippern und anschließend noch an einer Pressekonferenz teilnehmen, bei der ihm aber keine Fragen gestellt werden dürfen.
Reden wird Harry in erster Linie über die Invictus Games, wobei sich Julia Melchior auch vorstellen kann, dass er vielleicht ein, zwei Details über Archie und Lilibet durchsickern lässt. »Das gehört bei ihnen zur Selbstvermarktung dazu. Und das ist natürlich auch das, was die Leute wirklich interessiert.«
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