REUTLINGEN/ZWIEFALTEN. Deutschland, das Land des Reinheitsgebotes, das Land der besten Biere und das Land der Biertrinker. Soweit das glänzende Image. Doch der Glanz ist matter geworden. So spielen selbst deutsche Großbrauereien im weltweiten Biermarkt nur noch in der zweiten Liga und die Menschen trinken hierzulande immer weniger vom viel gelobten Gerstensaft. Dennoch bleibt Deutschland der größte Biermarkt in Europa. Sowohl, was die Produktionsmenge als auch die Anzahl der Beschäftigten angeht. In der Region Neckar-Alb sind dagegen vergleichsweise kleine Brauereien für das regionale Bierangebot verantwortlich.
Wie viele Brauereien gibt es in der Region Neckar-Alb?
Laut des Verbandes deutscher Privatbrauereien ist Baden-Württemberg mit 208 Brauereien das zweitwichtigste »Bierland« in Deutschland. In der Region Neckar-Alb, mit den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und dem Zollernalbkreis, sind es zehn mittlere und kleine Brauereien und Gasthausbrauereien, die vor Ort ihre Produkte entwickeln, produzieren und verkaufen. Einige von ihnen vermarkten ihre Biere weitgehend im eigenen Brauhaus, wie beispielsweise das Albquell Bräuhaus in Trochtelfingen, das Brauhaus Zollernalb in Albstadt oder Neckarmüller in Tübingen. Laut der Industrie- und Handelskammer Reutlingen (IHK) brauen diese Häuser in der Region Neckar-Alb heimisches Bier: Zwiefalter Klosterbräu, Baisinger Bier-Manufaktur, Kronenbrauerei Schimpf Remmingsheim, Brauhaus Zollernalb Albstadt, Fischer's Brauhaus Mössingen, Brauwerk Freistil Tübingen, Speidel's Braumanufaktur Hohenstein, Balinger Adlerbräu, Gaststätte Löwen Sickenhausen. Die Hirschbrauerei Schilling in Römerstein Böhringen ist seit 2024 insolvent.
Wo ist Bier am teuersten und wo am günstigsten?
Betrachtet man die Bierpreise in ganz Europa, gibt es enorme Unterschiede. Das Statistik-Portal Statista hat die aktuell niedrigsten und die höchsten Preise in der Gastronomie der europäischen Metropolen ermittelt. Während die Preise für einen halben Liter Bier in Prag zwischen 97 Cent und 2,38 Euro liegen, müssen Kneipengäste gerade in den skandinavischen Hauptstädten bis zu zehnmal so viel auf den Tresen legen. Den Vogel schießt die isländische Hauptstadt Reykjavik ab, wo eine Halbe bis zu 9,83 Euro kostet. In Oslo, Helsinki, Stockholm und Kopenhagen liegen die Preise mit 6,97 bis 9,34 Euro nur geringfügig darunter. Vergleichsweise günstig ist da München, wo in der Gastro im Schnitt 4,50 für einen halben Liter Bier verlangt wird. Auch in der Region Neckar-Alb liegen die Preise in den Gaststätten in etwa zwischen 3,50 und 5 Euro.
Wie hat sich der Bierpreis in Deutschland entwickelt?
Generell hat sich Bier zuletzt deutlich verteuert. Laut dem Portal Statista sind die Verbraucherpreise für Bier bundesweit im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent gestiegen. Das klingt zunächst nach einem eher moderaten Anstieg. Mit Blick auf die durchschnittliche Teuerungsrate von 2,2 Prozent, liegt der Preisanstieg allerdings darüber. Vergleicht man die vergangen zehn Jahre, fällt die Preissteigerung noch gravierender ins Auge. Hier beträgt sie knapp 26 Prozent.
Welche ist die größte Brauerei der Welt und wie viel Bier produziert sie?
Die belgische Unternehmensgruppe Anheuser-Busch InBev hat den mit Abstand höchsten Bierausstoß der Welt. Mit über 160.000 Mitarbeitern und 630 Marken, gebraut in 260 Brauereien, in über 150 Ländern. Der jährliche Bierausstoß beträgt laut Branchendaten etwa 506 Millionen Hektoliter (ein Hektoliter entspricht 100 Litern und ist die gängige Maßeinheit in der Getränkewirtschaft). In den Top Ten der größten Brauereien ist keine einzige aus Deutschland verzeichnet. Erst auf Platz 22 landet die Radeberger Gruppe, als größtes deutsches Unternehmen, die rund 60 Biersorten an elf Standorten produziert. Darunter auch Stuttgarter Hofbräu, Jever, Köstrizer und eben Radeberger. Der jährliche Ausstoß beträgt elf Millionen Hektoliter. Zum Vergleich: Laut dem Verband der Privatbrauereien flossen im vergangenen Jahr 82,6 Millionen Hektoliter Bier aus den deutschen Braukesseln. Das ist der niedrigste Wert seit Jahrzehnten. Alle deutschen Brauereien zusammen kämen damit in den Top Ten nur auf Platz fünf, vor der chinesischen Großbrauerei Tsingtao. Angesichts dieser Mengen wirken Brauereien in der Region wie kleine Zwerge. Zwiefalter Klosterbräu gibt seine Jahresmenge mit etwa 100.000 Hektolitern an und die Brauerei Schimpf in Remmingsheim mit etwa 15.000 Hektolitern.
Wie entstand das Reinheitsgebot?
Wenn in Deutschland vom Reinheitsgebot für Bier die Rede ist, wird gerne auf das Jahr 1516 verwiesen. Im bayerischen Ingolstadt wurde ein Gebot erlassen, dass Bier ausschließlich aus den Zutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser hergestellt werden darf. Bereits vor 1516 gab es diverse regionale Vorschriften für »reines Bier«. So beispielsweise seit 1156 in Augsburg, seit 1303 in Nürnberg oder seit 1348 in Weimar. Hintergrund war, dass beim Brauen bis dahin auch immer wieder Zutaten verwendet wurden, die zu »schlechtem Bier« führten. Belegt sind Zusätze wie Bilsenkraut, Sumpfporst, Tollkirsche, Schlafmohn, Muskatnuss oder Wermut. Was zu entsprechenden Folgen bei den Konsumenten führte. Gesundheitliche Bedenken führten allerdings weniger zum Erlass von 1516. Vielmehr sollten Rohstoffe und deren Handelspreise geschützt werden. Weizen oder Roggen sollte den Bäckern vorbehalten bleiben und die Verwendung von Malz und Hopfen sollte ein Wettbewerbsvorteil für bayerische Brauer erzielt werden, weil in Norddeutschland diese häufig noch nicht beim Brauen zum Einsatz kamen.
Wie viele verschiedene Biere gibt es?
Antwort: Niemand weiß es ganz genau, so viele sind es. Das Magazin "Bierentdecker" schreibt: "Etwa 25 verschiedene Bierstile werden in Deutschland, der Heimat des Reinheitsgebots, gebraut. Innerhalb dieser Bierstile gibt es noch zwischen 5.000 und 6.000 verschiedene Biersorten in Deutschland." Als Bierstil bezeichnet man den Überbegriff einer Kategorie von Bieren. Dazu gehören beispielsweise Berliner Weiße, Weizen, Lager, Alt, Kölsch, Pils, Bockbier oder Helles. Regionale Traditionen und kleine Brauereien mit eigenen Rezepturen sorgen für weitere Vielfalt. Laut »Bierentdecker« könnte ein Mensch 13 Jahre lang jeden Tag ein anderes deutsches Bier trinken, ohne eine Sorte zu wiederholen.
Welche Nation konsumiert am meisten Bier?
Lange galt Deutschland als das Biertrinkerland schlechthin. Das hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Im europäischen Vergleich trinken die Tschechen pro Kopf und Jahr das meiste Bier. Nach Angaben des europäischen Brauerverbandes Brewers of Europe bezifferte sich der durchschnittliche Bierkonsum in Tschechien im Jahr 2023 auf rund 128 Liter pro Kopf. Die Österreicher folgen auf Platz zwei. Hier betrug der durchschnittliche Wert 99 Liter pro Jahr und Kopf. Die Deutschen liegen auf Platz drei und konsumierten im vergangenen Jahr im Durchschnitt 88 Liter, der niedrigste Pro-Kopf-Wert seit den 1950er-Jahren. Danach folgen Polen, Rumänen und Slowenen.
Wie wichtig sind die Brauereien für Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Deutschland?
Laut den Brewers of Europe gibt es kein Land in Europa, in dem so viele Menschen in Brauereien beschäftigt sind, wie in Deutschland. Demnach fanden mehr als 27.000 Menschen hier direkt eine Arbeit. Die Zahlen sind seit Jahren weitgehend stabil. Das ist mit Abstand die höchste Beschäftigungsquote in der Branche europaweit. Auf Platz zwei folgt Polen mit rund 9.500 Beschäftigten, gefolgt von Frankreich (8.000), Belgien (6.645) und Rumänien (5.950). Nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sind in Baden-Württemberg etwa 1.500 Menschen bei den Brauereien im Land beschäftigt. Nach Zahlen des Europäischen Brauerverbandes hängen indirekt etwa 445.000 Arbeitsplätze von der Branche ab. Dazu zählen Beschäftigte im Einzelhandel, dem Gastgewerbe und den Zulieferern der Brauereien. Mit Zulieferern ist hauptsächlich die Landwirtschaft gemeint, die den Brauereien die Rohstoffe wie Hopfen liefert. Demnach ist Deutschland der weltgrößte Hopfenproduzent. Der Umsatz der Braubranche ist nach dem starken Einbruch während Corona wieder auf ein Zahnjahreshoch gestiegen. Laut Statista lag der Umsatz bei zuletzt über 9 Milliarden Euro. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Brauereien weiter. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes stellten 2024 deutschlandweit 52 Betriebe ihren Betrieb ein (-3,4 Prozent). Rein rechnerisch einer jede Woche. (GEA)