Es ging ums Überleben: Binnen Stunden mussten sich im Juli im Südosten der griechischen Ferieninsel Rhodos gut 20.000 Touristen vor gewaltigen Wald- und Buschbränden in Sicherheit bringen.
»Wenn es Nacht gewesen wäre, wären wir umgekommen«, schilderte damals eine deutsche Urlauberin. Löschhubschrauber dröhnten über Hotelpools, um Wasser aufzunehmen, Einheimische sammelten die Menschen mit Pick-ups und Bussen auf und brachten sie durch dichte Rauchwolken, stürmischen Wind und beißenden Brandgestank außer Gefahr. Doch trotz der »Urlaubshölle«, wie manche Medien titelten, blieb der Besucherandrang auf der Ägäis-Insel ungebrochen.
An diesem Wochenende ist Schluss - dann geht die Tourismussaison auf Rhodos offiziell zu Ende, und die Bilanz fällt trotz der Brände äußerst positiv aus. Noch Anfang November kamen täglich bis zu 11.000 Urlauber am Inselflughafen an. »Es sieht so aus, dass wir dieses Jahr sogar noch besser abschneiden als im vergangenen Jahr«, sagt Manolis Markopoulos, Chef des Hotelverbands von Rhodos. 2022 waren rund 2,5 Millionen Besucher auf die Sonneninsel gereist, die einst dem griechischen Sonnengott Helios gehört haben soll und die mit rund 280 Sonnentagen und mehr als 3000 Sonnenstunden im Jahr strahlen kann.
Besucher auch nach den Bränden
Rückblickend scheint es, als hätte die Insel stärker unter den Berichten über die Brände gelitten als unter dem Feuer selbst: »Es hat nur im Südosten von Rhodos gebrannt, nicht einmal fünf Prozent der Inselfläche waren betroffen«, stellt Markopoulos klar und kritisiert: »Das Bild, das international gezeichnet wurde, war schlimm - als ob die ganze Insel in Flammen stünde.« Von rund 100 Hotels, die wegen der Brände evakuiert werden mussten, blieben nur drei anschließend wegen größerer Schäden geschlossen - der Rest konnte wieder öffnen.
Inselweit genossen viele Urlauber ihre Ferien trotz der Brände ungestört weiter, auch neue Touristen ließen sich nicht abhalten. »Als die ersten Kunden nach den Bränden kamen, fragten viele: Wo ist denn hier das Feuer, wo hat es denn gebrannt?«, erinnert sich Markopoulos. Mit einer Einschränkung: »Um die betroffenen Küstenorte Gennadi und Kiotari herum ist tatsächlich alles schwarz verkohlt - und das wird sich auch bis zur kommenden Saison nicht ändern.«
Die Rhodier sind stolz darauf, die Evakuierungen so gut bewältigt zu haben - es habe nicht einmal Verletzte gegeben, sagt Markopoulos. Laut Regierung war es die größte Evakuierungsaktion, die es jemals in Griechenland gegeben hat. Auch viele Touristen waren voll des Lobes über die Inselbewohner, die die Menschen zum Teil in ihren eigenen Häusern unterbrachten. Sie danken es damit, dass sie wiederkommen.
Viele Buchungen für 2024
Das liegt auch daran, dass die Reiseveranstalter weiterhin auf Rhodos setzen. Dem Hotelverband zufolge liegen die Buchungen für 2024 schon jetzt um bis zu 40 Prozent über den Werten dieses Jahres. Der Reiseveranstalter TUI hat die Flüge nach Rhodos aus Mittel- und Nordeuropa sogar aufgestockt.
Auch für Urlauber aus Deutschland wird es 2024 wieder flächendeckend Verbindungen auf die Insel geben, sagt TUI-Sprecher Aage Dünhaupt. Rhodos sei neben Kreta das beliebteste Urlaubsziel in Griechenland und entsprechend vom Volumen her eines der wichtigsten. Die TUI Care Foundation, eine Unternehmensstiftung, plant nun ein Aufforstungsprojekt auf der Insel. Für den »TUI Wald« sollen einheimische, feuertolerante Bäume gepflanzt werden.
Die griechische Regierung ihrerseits versprach Unterstützung für die von den Bränden im Juli betroffenen Touristen: Jene, die deshalb ihren Urlaub abbrechen mussten, sollen laut Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis im Frühjahr oder Herbst 2024, also jeweils in der Nebensaison, eine Woche gratis auf der Insel übernachten dürfen. Die Reiseveranstalter hätten jüngst Vorschläge erhalten, wie sich diese Aktion realisieren lasse, heißt es beim Tourismusministerium.
Sorge um Wetterextreme und Naturkatastrophen
Die Brände auf Rhodos haben den Tourismus also nicht abgeschreckt, aber in dem für Griechenland wirtschaftlich so wichtigen Sektor sorgt man sich trotzdem um die zunehmenden Wetterextreme und Naturkatastrophen.
Denn Rhodos war kein Einzelfall: Im August brannte es unter anderem nahe Athen sowie auf der Halbinsel Peloponnes und rund um die nordostgriechische Hafenstadt Alexandroupolis. Gewaltige Brände gab es dort auch im nahe gelegenen Nationalpark Dadia. Anfang September wurde bei starken Unwettern die mittelgriechische Hafenstadt Volos überschwemmt. Jedes Mal kamen mehrere Menschen ums Leben, bei den Überschwemmungen im September auch ein Ehepaar aus Österreich, dessen Ferienhaus von den Fluten mitgerissen wurde.
Die Regierung macht den Klimawandel für diese Extreme verantwortlich. Das Ministerium für Klimakrise und Bürgerschutz etablierte bereits vor Jahren ein System von Warn-SMS und schnellen Evakuierungen bei Bränden und Überschwemmungen, das auch auf den Smartphones ausländischer Gäste anschlägt - und in diesem Jahr wohl so manchen Urlaub getrübt hat. Doch die Griechenlandfans hält das nicht ab: Rund 30 Millionen Menschen reisen Jahr für Jahr wieder nach Hellas.
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