Nach Bekanntwerden von Ermittlungen gegen zwei aktuelle Mitglieder der Geschäftsleitung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) dringt der Personalrat darauf, dass diese ihre Ämter ruhen lassen. In einem Intranetbeitrag des Rates vom Mittwoch, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es zudem: »Leider ist dieser Vorgang vollkommen ungeeignet, den Vertrauensverlust innerhalb der Belegschaft zu heilen. Daher erwartet der Personalrat ein entschlossenes Handeln. Jetzt.« Man erwarte eine Stellungnahme der Geschäftsleitung.
Am Dienstag hatte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin bestätigt, dass sie inmitten der RBB-Affäre um Vetternwirtschaft die Ermittlungen auf zwei Geschäftsleitungsmitglieder ausgeweitet hat. Es geht um den Verdacht der Untreue und Beihilfe zur Untreue mit Blick auf die Einführung eines variablen Vergütungssystems und Gehaltfortzahlungen an Mitarbeiter, die keine Beschäftigung mehr ausüben. Der öffentlich-rechtliche ARD-Sender RBB hatte dann auf dpa-Nachfrage mitgeteilt, man bitte um Verständnis, dass es zum aktuellen Zeitpunkt kein Statement gebe. »Basierend auf diesen neuen Informationen überprüfen wir derzeit die rechtlichen Konsequenzen und Handlungsmöglichkeiten.«
Der stellvertretende Vorsitzende des RBB-Personalrats, Lutz Oehmichen, teilte der dpa am Mittwoch mit: Es gehe hier nicht um eine Tasse aus Versehen verschütteten Kaffees, »sondern um schwerwiegende Vorwürfe der Generalstaatsanwaltschaft gegenüber fast der Hälfte der RBB Geschäftsleitung«. Aktuell gehören laut RBB-Webseite fünf Manager der aktuellen Geschäftsführung an.
Rückbau der Geschäftsleitung soll thematisiert werden
Das Kontrollgremium RBB-Rundfunkrat hat indes die Tagesordnung für die Sitzung für Mitte Oktober festgelegt. Nach dpa-Informationen soll das Thema Rückbau der Geschäftsleitung behandelt werden. Bereits zu seinem Start als neuer Rundfunkratsvorsitzender hatte sich Ralf Roggenbuck im September für eine Verkleinerung ausgesprochen.
Bislang ermittelte die Generalstaatsanwaltschaft gegen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger, ihren Ehemann und ehemaligen »Spiegel«-Journalisten Gerhard Spörl und gegen den zurückgetretenen Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf wegen des Verdachts der Untreue und Vorteilsannahme. Es gilt bis zur Aufklärung die Unschuldsvermutung.
Die Affäre war durch Medienberichte zu Vorwürfen der Vetternwirtschaft und des Filzes ins Rollen gekommen. Es geht etwa um umstrittene Beraterverträge für ein inzwischen auf Eis gelegtes Bauprojekt des öffentlich-rechtlichen Senders, nicht offen gelegte Bonus-Zahlungen für Führungskräfte, eine kräftige Gehaltserhöhung für Schlesinger, die Abrechnung von Essen mit geladenen Gästen in ihrer Privatwohnung auf RBB-Kosten, umstrittene Reisen sowie Coaching-Aufträge für Schlesingers Ehemann bei der landeseigenen Messe Berlin. Wolf war dort auch in Personalunion ebenfalls Chefkontrolleur.
Der Messe-Aufsichtsrat hatte vor einiger Zeit speziell dazu mitgeteilt, dass eine Compliance-Untersuchung ergeben habe, dass mit Blick auf das öffentliche Vergaberecht keine Verstöße vorliegen und die Vergabe der Aufträge für die Messe korrekt abgelaufen sei.
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