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RBB-Millionenbauprojekt Digitales Medienhaus ist Geschichte

Es war ein Prestigeprojekt für den RBB. Ein Neubau sollte das redaktionelle Arbeiten im ARD-Sender auf neue Füße stellen. Das Projekt wird nun inmitten der schlimmsten Krise des Senders gestoppt.

Rundfunk Berlin-Brandenburg RBB
Ein Schild mit dem Logo des öffentlichen Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) vor dem Eingang zum Sitz des Senders an der Masurenallee in Berlin. Foto: Monika Skolimowska
Ein Schild mit dem Logo des öffentlichen Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) vor dem Eingang zum Sitz des Senders an der Masurenallee in Berlin.
Foto: Monika Skolimowska

Das umstrittene RBB-Millionenbauprojekt Digitales Medienhaus ist Geschichte. Die Verwaltungsratsvorsitzende beim ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Dorette König, sagte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur: »Der Verwaltungsrat hat den Beschluss gefasst, dass wir das Digitale Medienhaus beenden.« Interims-Intendantin Katrin Vernau hatte dem Kontrollgremium den Stopp vorgeschlagen.

Als Gründe nannte der öffentlich-rechtliche Sender die fehlende Akzeptanz in der Belegschaft und die Kostenentwicklung des Projekts, das deutlich teurer geworden wäre als ursprünglich angedacht - zuletzt rechnete man mit mehr als 300 Millionen Euro. Der Sender werde durch das Projekt, bei dem Planungen schon angeschoben waren, nach aktuellem Stand 18 Millionen Euro Verlust schreiben. Zudem wird geprüft, ob es Schadenersatzansprüche geben könnte.

In den 300 Millionen Euro sind Planungs-, Beratungs- und Baukosten enthalten, darüber hinaus noch bauvorbereitende Maßnahmen und Kreditaufnahme. Hinzu kommen Posten wie Umzüge und Anmietung von Ausweichquartieren.

Inmitten der Krise gestoppt

Das Medienhaus-Projekt wurde inmitten der Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger und den zurückgetretenen Sender-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf gestoppt. Die beiden wiesen die Vorwürfe zurück.

Nach und nach kam heraus, dass die ursprünglich genannten Kosten immens nach oben schießen werden. Teil der Vorwürfe sind fragwürdige Berateraufträge für das Projekt. Rechnungshöfe überprüfen derzeit die umstrittene Vorbereitung des Medienhaus-Bauprojekts. Der ursprüngliche Plan war, dass bis 2026 das Medienhaus auf dem RBB-Gelände in Berlin-Charlottenburg entstehen soll. Redaktionen sollten räumlich vernetzter miteinander arbeiten können. Eine Art Zwischenlösung hat man im alten Bau realisiert mit einem modernen Studio und einem offenen Redaktionsraum.

Der ARD-Sender steckt zurzeit in einer schwierigen finanziellen Situation. Er muss Millionenbeträge für die nächsten Jahre zurückhalten - quasi in ein Sparschwein stecken und unangetastet lassen. Das Ganze soll sich mildernd auf die künftigen Kosten und damit auch letztlich auf die Höhe des Rundfunkbeitrags, den Haushalte in Deutschland zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zahlen, in der nächsten Beitragsperiode ab 2025 auswirken.

Mehr Einnahmen wegen ausbleibender Corona-Delle

Hintergrund ist, dass die Sender mehr Rundfunkbeiträge eingenommen haben, als Experten prognostiziert hatten. Eine erwartete Corona-Delle trat nicht ein, so kam es zu Mehreinnahmen. Beim RBB wurden diese allerdings nach eigener Darstellung bereits für die nächsten Jahre fest verplant - unabhängige Finanzexperten mahnten unlängst jedoch, das Geld unangetastet zurückzulegen.

Zudem hat der RBB eigene Rücklagen in den vergangenen Jahren stark verbraucht. In den nächsten Jahren könnte der Sender so ins Minus schlittern. 2028 könnte die Liquidität laut RBB-Prognose gar ein Minus von 174 Millionen Euro aufweisen, wenn weiterhin so gewirtschaftet werde. Deshalb plant der Sender um Interims-Intendantin Vernau, die das ARD-Haus aus seiner Krise führen soll, Einsparungen in Millionenhöhe. Unlängst hatte die Senderchefin bereits die Richtung beim Medienhaus-Bauprojekt klargemacht: »Es gibt keine hochfliegenden Pläne und Luftschlösser mehr.«

Unterdessen wurde bekannt, dass Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus Ende Januar bei dem öffentlich-rechtlichen ARD-Sender aufhört. Der Verwaltungsrat billigte nach RBB-Angaben einen entsprechenden Aufhebungsvertrag.

Nur Betriebsdirektor übrig

Inmitten der Krise beim RBB um Filzvorwürfe war auch die Geschäftsleitung ins Blickfeld geraten. Von der ursprünglichen Besetzung ist mit Schulte-Kellinghaus' Weggang dann nur noch Betriebsdirektor Christoph Augenstein derzeit aktiv dabei.

Schulte-Kellinghaus und der Sender verständigten sich den Angaben zufolge auf eine einvernehmliche Lösung. Der Programmdirektor teilte der Deutschen Presse-Agentur mit: »Ich möchte aktiv einen Neuanfang möglich machen, deshalb habe ich mich zu diesem Schritt entschlossen.«

Erst im Februar 2022 war er für eine zweite Amtszeit und damit für fünf weitere Jahre bestätigt worden. Er ist seit 2017 Programmdirektor. Teil der Kritik in der RBB-Krise waren auch Ruhegeldregelungen für Führungskräfte. Das heißt, dass ihnen Geld zusteht, wenn sie nicht mehr für den Sender arbeiten, aber auch noch nicht im Rentenalter sind. Laut RBB wird Schulte-Kellinghaus auf solche nachvertraglichen Ruhegeldzahlungen verzichten, ebenso auf Bonuszahlungen.

Die Laufzeit seines seit März vereinbarten Fünf-Jahres-Vertrags sei um gut zwei Jahre verkürzt worden, auf dieser Grundlage werde er vom RBB im neuen Jahr freigestellt.

© dpa-infocom, dpa:221201-99-741306/3