GEORGE TOWN. »Danke, dass wir diesen wunderschönen, historischen Ort besuchen durften. Beste Wünsche,« hat die US-Schauspielerin Jodie Foster ins Gästebuch des berühmten Khoo Kongsi-Clantempels auf der malaysischen Insel Penang geschrieben. 1999 wurde vor der fantastischen Kulisse des Hokkien-Clanhauses in George Town der Film »Anna und der König« mit Jodie Foster in der Hauptrolle der britischen Lehrerin Anna Leonowens gedreht. Der Film spielt in Siam (heute Thailand), aber er wurde auf Penang und in George Town gedreht und machte es weltbekannt. In der Folge wurde Penang zu einem beliebten Drehort. Dieselbe Story wie »Anna und der König« verarbeitete schon 1956 der US-Kinofilm »Der König und ich« mit Deborah Kerr und Yul Brynner in den Hauptrollen.

Der Name der nur zwei Kilometer vom Festland liegenden Insel Penang leitet sich von der einheimischen Bezeichnung Pulau Pinang (Insel der Betel-Nuss) ab. Die erhaltenen natürliche Landschaften und die vielen historischen Gebäude der Altstadt von George Town haben sich in den vergangenen zwei Jahrhunderten weniger verändert als woanders. Die Stadt mit ihren chinesischen Pagoden und indischen Tempeln, ihren Moscheen und Kirchen gehört seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dazu zählt beispielsweise auch der liegende und 33 Meter lange goldene Buddha im Tempel Chaiyamangkalaram.
Die echte Anna Leonowens, eine britisch-indische Lehrerin und Schriftstellerin, lebte in George Town. Der Film mit Jodie Foster handelt von Annas fünfjährigem Aufenthalt in Siam, wo noch das Grab ihres Mannes auf dem protestantischen Friedhof liegt. Sie selbst hatte von 1862 bis 1867 den etwa 50 Kindern des Königs von Thailand Englischunterricht gegeben. Anna verbrachte in ihrem unsteten Leben nur kurze Zeit auf Penang, wo ihr Mann ein Hotel betrieben hat, aber sehr bald starb. Das restaurierte Haus in Penang ist heute ein Museum mit Restaurant. Anna starb 1915 in Kanada. Sie ist die Großtante des als Frankenstein-Darsteller bekannt geworden britischen Schauspielers Boris Karloff.

Das Khoo Kongsi in George Town ist das größte und prächtigste Clan-Tempel und Clan-Haus in ganz Malaysia. Das üppig verzierte Pagodenhaus repräsentierte den Reichtum und Einfluss seines Clans und liegt mitten im ältesten Stadtteil von George Town. Es ist auch eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Zu dem Gebäudeensemble am Cannon Square gehören neben dem Tempel ein Theater, Klubgebäude und die Häuser rund um den großen Platz, die ihn komplett umschließen und in denen Clanmitglieder mit ihren Familien wohnten und in denen viele Geschäfte untergebracht waren. Es verwundert nicht, dass etliche Regisseure dem Charme der pittoresken Altstadt verfielen.
Berühmtberüchtigter Clan-Chef
Die Khoo Kongsi sind eine Clanvereinigung des Leong San Tong, des Dragon Mountain Hall-Clans. Die Vorfahren stammten wie so viele in Malaysia aus der Provinz Fujian in Südchina. Khoo ist der Familienname. Kongsi bedeutet Clan- oder Familienhaus. Der Khoo-Clan war vor allem ein Wirtschafts- und Handelsunternehmen, was allerdings aus heutiger Sicht auch viele kriminelle Geschäfte umfasste.
Khoo Thean Teik (1826 bis 1891) war einer der berühmtberüchtigten mächtigen Clan-Chefs in Penang. Er betrieb Handel mit chinesischen Arbeitskräften vom Festland und war an Opiumfarmen in Penang und Hongkong beteiligt. Thean Teik war ein Towkay, was so viel wie Familienoberhaupt heißt und auch Geschäftsinhaber und Chef. Er war an den Penang-Unruhen von 1867 beteiligt, als Malaysia britische Kronkolonie wurde. Thean Theik bedeutet »Himmlische Tugend«. Außerdem war er an den vier Larut-Kriegen von 1861 bis 1874 beteiligt. In diesen Kriegen kämpften die lokalen chinesischen Geheimgesellschaften um die Kontrolle der Zinnbergbaugebiete in Perak auf dem Festland.
Die Geschichte von Penang ist eng mit der Geschichte der chinesischen Clangesellschaften verbunden. Sie beherrschten auch zahlenmäßig das Geschehen auf der Insel am Ausgang der Straße von Malakka, die schon damals für die Schifffahrt und den Handel von großer Bedeutung war. Der Sultan von Kedah im Nordwesten von Malaysia trat die dem Festland vorgelagerte Insel 1786 als Außenhandelsposten an die Britische Ostindien-Kompanie ab. Damit erhoffte er sich die Hilfe der Briten gegen Siam. Die Übernahme durch die Ostindien-Kompanie löste aufgrund des großen Bedarfs an Arbeitern von 1786 an eine Massenauswanderung aus China nach Malaysia und Penang aus.
42 Prozent Chinesen auf Penang
Heute sind die Chinesen eine der drei großen ethnischen Gruppen von Malaysia neben Indern und den Bumiputra, der malaiischen Urbevölkerung. Die meisten der etwa sieben Millionen Chinesen stammen von Einwanderern aus den südchinesischen Provinzen Fujian und Guangdong ab. Die chinesisch-stämmige Bevölkerung macht ein Viertel der Einwohner von Malaysia aus. Auf Penang sind es sogar 42 Prozent. Sie leben vorwiegend in den großen Städten wie in George Town oder der Hauptstadt Kuala Lumpur. Die chinesische Minderheit hat einen großen Einfluss auf Küche und Kultur des Landes und gilt nach wie vor als beherrschend im malaysischen Wirtschaftsleben.
Die Götter herausgefordert
Das Clanhaus hatten die Khoo Kongsi um die Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut. An Geld wurde damals nicht gespart. Es brannte 1901 nach einem Blitzeinschlag nieder. Manche glaubten, das sei die Strafe dafür gewesen, dass der Bau dem Kaiserpalast zu ähnlich gewesen sei; das habe die Götter herausgefordert. Es wurde in einer veränderten, aber erneut aufwändigen und pompösen Version zwischen 1902 und 1906 wiederaufgebaut. Reichhaltige und aufwendig ausgeführte Schnitzereien und wertvolle Materialien tragen das Zeichen chinesischer Handwerksmeister. Der Clan-Tempel ist den Schutzgottheiten des Clans gewidmet. Im siebten Mondmonat werden im klassischen Theater chinesische Opern aufgeführt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Clan in Penang auf dem Höhepunkt seines Reichtums, seiner Macht und gesellschaftlichen Stellung.
Entsprechend begegnen dem Gast und Besucher am Fuße des Aufgangs zur Veranda des malerischen Hauses ein lachender und ein finster dreinblickender Buddha. Der feiste Bauch der Figur symbolisiert Reichtum und Wohlstand, das Lachen und die Sitzhaltung stehen für Gelassenheit und Zufriedenheit. Im unteren Teil des Tempels ist ein Museum untergebracht zur Geschichte des Clanhauses, der chinesischen Clans und des Tempels. (GEA)