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Pomp und Qualm: König Charles kündigt Anti-Tabak-Kurs an

Es ist wohl einer der pompösesten Termine im politischen Kalender Großbritanniens: Mit der schweren Staatskrone auf dem Haupt trägt König Charles die Pläne seiner Regierung vor.

Parlamentseröffnung  in London
König Charles III. von Großbritannien spricht während der Eröffnung des Parlaments im House of Lords im Westminsterpalast. Foto: Kirsty Wigglesworth/DPA
König Charles III. von Großbritannien spricht während der Eröffnung des Parlaments im House of Lords im Westminsterpalast.
Foto: Kirsty Wigglesworth/DPA

Harter Tobak für Raucher: In einer prunkvollen Zeremonie hat König Charles III. im Namen der britischen Regierung scharfe Anti-Tabak-Gesetze angekündigt. Kinder und Jugendliche, die in diesem Jahr 14 werden, sollen nach den Plänen nie in ihrem Leben legal eine Zigarette kaufen können. Dazu will Premierminister Rishi Sunak das Mindestalter für den Kauf von Tabakprodukten jedes Jahr um ein Jahr erhöhen, nach dem Vorbild von Neuseeland.

Die Ankündigung ist wohl das einzige der 21 Gesetzesvorhaben aus der »King's Speech« (Königsrede) im britischen Parlament, auf das sich Regierung und Opposition - und wohl auch der Monarch selbst - einigen können. Ein Überblick über die wichtigsten Pläne:

Kippen: Seine Regierung werde »Gesetzgebung einführen, um eine rauchfreie Generation zu schaffen«, sagte Charles am Dienstag in London. Nach Regierungsangaben kostet Rauchen das Vereinigte Königreich etwa 17 Milliarden Pfund (19,57 Mrd Euro) im Jahr, mehr als die Tabak-Steuereinnahmen in Höhe von rund 10 Milliarden Pfund. Auch Verkauf und Werbung von E-Zigaretten sollen eingeschränkt werden. Zwar sinkt die Zahl der Raucher seit Jahren, 2022 waren es 12,9 Prozent der Erwachsenen. Doch das Vorhaben, England solle bis 2030 »smokefree« werden, ist trotzdem in Gefahr. Daher die neuen radikaleren Pläne: Schätzungen zufolge könnte der Anteil der Raucher bei den 14- bis 30-Jährigen dadurch bis 2040 nahe Null liegen.

Kriminalität: Der konservative Premier Sunak will vor der nächsten Wahl, die vermutlich 2024 stattfindet, mit einem »law and order«-Kurs den Umfragerückstand auf die Oppositionspartei Labour aufholen. Ein neues Gesetz schreibt vor, dass Straftäter bei ihrer Verurteilung anwesend sein müssen - bisher können sie die Teilnahme verweigern. Das hatte in Fällen wie dem der Babymörderin Lucy Letby für Empörung gesorgt. Vergewaltiger dürfen nicht mehr vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Schwerkriminelle sollen elterliche Rechte verlieren sowie das Recht, hinter Gittern zu heiraten. Bei weniger schwerwiegenden Taten sollen Straftäter nun Arbeiten für die Gemeinschaft übernehmen statt in Haft zu kommen. Das soll die überfüllten Gefängnisse entlasten.

Klima: Die erste Ankündigung, die Premier Sunak dem König in den Mund legte, war mit der größten Spannung erwartet worden. Mit stoischer Miene verkündete der als Umweltschützer bekannte Charles dann, dass »meine Regierung« die Förderung neuer Öl- und Gasfelder in der Nordsee massiv ausweiten werde. Der ein oder andere Beobachter wollte beobachtet haben, dass der Monarch dabei besonders streng guckte.

Traditionell darf sich das Staatsoberhaupt nicht in die Politik einmischen und hat auch auf die Rede, die ihm der Premier vorlegt, keinen Einfluss. Klimaschützer warnen, die Förderpläne würden die Umwelt schädigen und die britischen Klimaziele verwässern. Das weist die Regierung zurück. Allerdings musste die Regierung kürzlich einräumen, dass die Maßnahmen zwar die Energiesicherheit erhöhen, wohl aber nicht zu niedrigeren Verbraucherpreisen führen.

Und sonst?: Überraschungen enthielt die 1223 Wörter umfassende Rede, die längste bei einer Parlamentseröffnung seit 2005, nicht. Es ging um Mieter- und Verbraucherrechte, ein Exportverbot für Schlachtvieh, einen gesetzlichen Rahmen für selbstfahrende Autos und eine Aufsicht für den englischen Profifußball. Sunak legte die wenigsten Gesetze eines Premiers seit Jahren vor. »Viele Wörter. Minimale Handlungen«, kommentierte Sky-News-Reporter Tom Larkin. Die Journalistin Pippa Crerar vom »Guardian« betonte, spannend sei vor allem, was nicht angekündigt wurde: etwa eine Regulierung Künstlicher Intelligenz oder eine Reform der »A Levels«, dem britischen Pendant zum Abitur. Beobachter waren sich einig, dass Sunak bei der wohl letzten »State Opening of Parliament« nicht der erhoffte große Wurf gelang.

Krone, König und Kutsche - die Bilder: Der Inhalt der »King's Speech« ist oft schon vorab bekannt. So bleiben von der Rede meist vor allem die prunkvollen Bilder von Krone, König und Kutsche in Erinnerung. In Begleitung seiner Ehefrau Queen Camilla (76) ließ sich Charles eine Woche vor seinem 75. Geburtstag in der »Diamond Jubilee State Coach« zum Parlament kutschieren. Während der Monarch in die Staatsrobe gekleidet war, trug die Königin ihr Gewand von der Krönung im Mai und erstmals das Staatsdiadem aus der Zeit von König George IV.

Für Aufsehen sorgte vor allem die ein Kilogramm schwere Staatskrone auf Charles' Haupt. Es war das erste Mal seit sieben Jahren, dass ein Monarch die mit mehr als 3000 Diamanten, Perlen und Saphiren bestückte Imperial State Crown zu diesem Anlass aufsetzte.

Überhaupt handelte es sich um einen historischen Anlass. Schließlich war es mehr als 70 Jahre her, dass ein männlicher Monarch eine »King's Speech« gehalten hatte. Es war aber nicht das erste Mal, dass Charles die Regierungserklärung vortrug. Bei der vorigen Parlamentseröffnung im Mai 2022 war er noch Thronfolger und verlas die Rede stellvertretend für seine gesundheitlich angeschlagene und mittlerweile verstorbene Mutter Queen Elizabeth II. Nicht allen gefiel das Spektakel: Gegenüber vom Parlament protestierten mehrere Menschen mit Sprechchören, Fahnen und Bannern gegen die Monarchie.

© dpa-infocom, dpa:231107-99-857957/2