Es ist eine spannende Personalie, die im Trubel nach dem Tod von Elizabeth II. fast untergeht. Die Menschen im Vereinigten Königreich haben wieder eine Queen. Königin Camilla - für viele Britinnen und Briten dürfte dieser Titel noch gewöhnungsbedürftiger sein als die neue Bezeichnung König Charles III. für den ewigen Thronfolger. Zugegeben, Camillas Titel lautet korrekt »Queen Consort« - Königsgemahlin. Doch der Begriff »Queen« bleibt hängen.
Die 75-Jährige hat damit einen Aufstieg hingelegt, der viele Jahre lang nicht erwartet wurde. Bei vielen Briten war Camilla lange geradezu verhasst, wurde sie doch wegen ihrer Affäre mit dem damaligen Prinzen Charles für dessen Trennung von der allseits beliebten Prinzessin Diana verantwortlich gemacht.
Auf Beliebtheitsskala hochgerückt
Unvergessen ist Dianas BBC-Interview, in dem sie sagte: »Wir waren zu dritt in dieser Ehe, deswegen war es ein bisschen eng.« Es war ein gewaltiger Skandal. Dass Charles in einem abgehörten Telefonat mit Camilla fabulierte, er wäre gerne ihr Tampon, machte die Sache nicht besser. »Rottweiler« oder »Pferd« waren noch die freundlichsten Spitznamen für Camilla.
Mittlerweile klettert die neue Königin in der Beliebtheitsliste der Royals langsam nach oben. In der regelmäßigen Auswertung des Meinungsforschungsinstituts Yougov lag sie zuletzt auf Platz 8, knapp hinter ihrem Ehemann, aber deutlich vor Stiefsohn Prinz Harry auf Rang 11.
Die konservative Zeitung »Telegraph« lobte bereits, Camilla könne der Monarchie helfen zu überleben. »Sie wurde nicht in die Royal Family hineingeboren, aber ihre «Hingabe an den König» und ihre Loyalität gegenüber Großbritannien werden sie zu einem Vorbild machen«, schrieb das Blatt. Ihre Kinder Tom und Laura sowie die Enkel werden aus der Öffentlichkeit herausgehalten.
»Den Weg, den die frühere Mrs Camilla Parker Bowles von der Mätresse zur Queen Consort an der Seite von König Charles genommen hat, war bemerkenswert und zeitweise brutal«, kommentierte der Kolumnist Richard Kay in der Zeitung »Daily Mail«. »Es bedeutete, eine Belastbarkeit und einen Sinn für Zielstrebigkeit zu erlangen, von denen nur wenige glaubten, dass sie sie besitzen könnte.«
Mit diesen Eigenschaften, so glauben Palast-Experten, habe Camilla auch Queen Elizabeth überzeugt. Harte Arbeit im Namen der Krone, Schirmherrschaften von Wohltätigkeitsorganisationen, Ehrenämter, sie wirkt authentisch mit ihrem gleichermaßen offenen wie bescheidenen Auftreten. »Camilla ist unsere erste Königin, die ihre Wocheneinkäufe bei Sainsbury's erledigte - und diese Alltäglichkeit könnte ihr größter Trumpf sein«, schreibt Kay. Der »Telegraph« betont: »Dass sie bis in ihre 50er ein relativ normales Leben führte, führt dazu, dass sie mehr darüber weiß, wie die Öffentlichkeit denkt als der beschützte Charles. All das ist genau das, was Charles braucht.«
Hochzeit mit Charles vor 17 Jahren
Seit der Hochzeit mit Charles vor 17 Jahren hatte es stets geheißen, die bürgerliche und geschiedene Camilla werde nach dem Tod der Queen den Titel einer Prinzgemahlin (Princess Consort) tragen und - nach dem Vorbild von Schwiegervater Prinz Philip - auf den höheren Titel der Queen Consort verzichten. Doch zu ihrem 70. Throngeburtstag im Februar adelte Königin Elizabeth II. die Aufsteigerin und gab ihren »ausdrücklichen Wunsch« bekannt, Camilla möge später Queen sein.
Dass die Tochter eines wohlhabenden früheren Offiziers und Geschäftsmanns nun dauerhaft in der ersten Reihe steht, daran haben sich die Briten längst gewöhnt. Bereits vor dem Tod seiner Mutter hatte Charles die Queen immer häufiger bei offiziellen Anlässen vertreten. Mit dabei: Camilla. Auch in seinen ersten Reden als König erwähnte der neue Monarch seine Frau stets: »My darling wife« - meine geliebte Ehefrau - nennt Charles sie da. »Die einzige Frau, die ihn wirklich verstehe«, so hat er Camilla einst genannt. Längst haben viele Beobachter ihren Widerstand gegen die Verbindung aufgegeben.
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