Dass ihm einmal die Decke seines Arbeitsplatzes entgegenkommt, damit hat Matthias Kaminsky nicht gerechnet. Im DDR-Museum, durch das sonst zahlreiche Besucher laufen, stand am 16. Dezember vergangenen Jahres sehr viel Wasser. Im Hotel nebenan, nur eine Brandschutztür und wenige Meter entfernt, war ein 16 Meter hohes Aquarium geplatzt. Eine Million Liter Wasser verteilten sich in der Hotellobby, auf der Straße - und eben auch im DDR-Museum.
Als Kreativ-Direktor Matthias Kaminsky an dem Freitagmorgen vom Platzen des Aquariums erfuhr, war er selbst gerade nass. »Ich stand unter der Dusche und das Telefon schellte«, erinnert er sich drei Monate später. »In dem Moment dachte ich: Es wird viel Arbeit.«
»Wir hatten nur Glück«
Das Team begann sofort damit, Notstromaggregate aufzustellen, um das Gebäude zu trocknen. »Wir hatten nur Glück, dass uns nicht wie in anderen Teilen des Gebäudes die Druckwelle überrascht hat.« Aber durch die Versorgungsschächte sei das Wasser reingedrückt worden, sei unter den Boden gelaufen und habe die Decke abgesenkt.
Seit dem Unglückstag ist das Museum an der Spree geschlossen. Obwohl den Ausstellungsstücken dank des schnellen Eingreifens nicht viel passierte, hat das Salzwasser Spuren hinterlassen. »Fußböden, Tapeten, im Prinzip alles, was an den Wänden hing und auf Fußböden war«, sagt Museumsdirektor Gordon von Godin. »Und die Rigipsplatten, die abgehängten Decken, die sind alle betroffen. Dazu gehören natürlich auch elektrische Leitungen, Elektroverteiler waren betroffen. Das musste alles erneuert werden.«
Drei Monate später wird im DDR-Museum gebohrt und gehämmert. Arbeiter laufen hin und her, bringen Stromkabel an, verkleiden die Decke und schieben Schubkarren durch die Räume. In knapp zwei Wochen, am 1. April, müssen sie fertig sein - dann soll das Museum nach 15 Wochen Zwangspause wieder öffnen.
Im Hotel nebenan gehen die Aufräumarbeiten ebenfalls weiter. »Die Hotellobby ist inzwischen vollständig geräumt, der Abtransport der Acrylelemente zur näheren Untersuchung verläuft planmäßig«, teilt der Sprecher des Gebäudeeigentümers mit. Im betroffenen Gebäudeteil haben demnach diese Woche die ersten Abbrucharbeiten begonnen, ab der kommenden Woche soll für etwa drei Monate entkernt werden. »Wir gehen damit quasi in den Rohbau.«
»Museum fit machen für die nächsten 20 Jahre«
Im DDR-Museum hat man die Gelegenheit genutzt, das Museum gleich neu zu gestalten. »Das neue Konzept ist ganz klar: Das Museum fit zu machen für die nächsten 20 Jahre«, sagt Kaminsky. Auch Menschen, die die europäische und deutsche Teilung nicht selbst miterlebt hätten, sollten im Museum etwas darüber lernen können. »Die haben maximal aus dem Lehrbuch was davon erfahren, dass Deutschland geteilt war.«
Hier sollen die Besucher Geschichte hingegen anfassen können: einmal in einem echten Trabant fahren oder durch eine DDR-Plattenbauwohnung flanieren. Aber auch das Unrechtsystem wird beleuchtet - unter anderem in einer Stasi-Haftzelle und einem Bereich zur Propaganda.
Neu hinzugekommen ist unter anderem ein Originalteil der Berliner Mauer, das fortan mitten im Museum besichtigt und angefasst werden kann. So solle auch die deutsche Teilung intensiver dargestellt werden, sagte von Gordin.
»Tragen den Schaden komplett selbst«
So sehr sich das Team auch über das neue Konzept freut, die vergangenen Wochen waren nicht einfach. Mehr als drei Monate ohne Besucher und Einnahmen - die Folgen der Corona-Pandemie und teure Umbauarbeiten belasten das Museum, das jährlich sonst mehr als eine halbe Million Besucher hat. »Finanziell ist das natürlich ein großer Schaden für uns, den wir versuchen, dann auch wieder aufzuarbeiten in den nächsten Jahren«, sagt Direktor von Gordin.
»Ein wenig enttäuscht sind wir von den Versicherungsgesellschaften. Die Gebäudeversicherung hat keinen Cent bezahlt bis heute. Unsere Inhaltsversicherung weniger als 10 Prozent des Gesamtschadens«, sagt Geschäftsführer Quirin Graf Adelmann. »Das heißt, wir tragen den Schaden komplett selbst. Wir müssen die Gelder vorstrecken, die im siebenstelligen Bereich sind.«
Dennoch blicken der Direktor und der Geschäftsführer nun nach vorne. »Das Datum steht, das ist sicher. Dass wir fertig werden, ist auch sicher«, sagt von Gordin. »Wir eröffnen am 1. April und freuen uns natürlich über jeden Besucher«.
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