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Mussolinis griechischer Palast auf Rhodos

Wie Italiens Faschisten auf Rhodos die ehemalige Trutzburg der Malteser-Ritter umwidmeten

Am Tor zum Großmeisterpalast steht immer noch Mussolinis Name.  FOTOS: ZIMMERMANN
Am Tor zum Großmeisterpalast steht immer noch Mussolinis Name. FOTOS: ZIMMERMANN
Am Tor zum Großmeisterpalast steht immer noch Mussolinis Name. FOTOS: ZIMMERMANN

RHODOS. Am Eingang des Großmeisterpalastes in Rhodos-Stadt steht noch immer der Name des italienischen Diktators Benito Mussolini. Der italienische Diktator hatte sich die mächtigen Mauern der ehemaligen Kreuzritterburg, die zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Ruine war, zwischen 1937 und 1940 von seinem Architekten Vittorio Mesturino zu einem Feriendomizil ausbauen lassen.

Rund um die dicken Mauern des Palastes und im Burggraben der Mauer, die die gesamte Altstadt von Rhodos-Stadt umgibt und die heute von Touristen auf zwei Kilometern Länge begangen werden kann, sind Hunderte von schweren steinernen Kanonenkugeln in Häufchen angeordnet. Sie erinnern an den Kampf der Ritter des Johanniterordens (heute: Malteserorden), die 1522 ein halbes Jahr der Belagerung durch die Osmanen trotzten, bevor sie schließlich am Neujahrstag 1523 die Festung räumten und nach Malta abzogen.

»Rittermöbel« aus den 1930er-Jahren.
»Rittermöbel« aus den 1930er-Jahren. Foto: Martin Zimmermann
»Rittermöbel« aus den 1930er-Jahren.
Foto: Martin Zimmermann

Der Kreuzritter-Orden, der bereits damals Krankenhäuser betrieb, ist heute in Rom ansässig und hauptsächlich durch seine Rettungswagen und Katastrophenhilfe bekannt. Die Belagerungs-Historie der Trutzburg des christlichen Abendlandes gegen den Islam gefiel den italienischen Faschisten, deren Mare-Nostrum-Politik die Vormachtstellung des Römischen Reiches im Mittelmeerraum restaurieren wollte. Allerdings gab es von dem Palast, der 1856 von einer Pulverexplosion schwer beschädigt worden war, keine Baupläne. Also ersetzte Mesturino, der sich in Italien als Meister der Rekonstruktion historischer Bauwerke einen Namen gemacht hatte, fehlendes historisches Wissen durch Fantasie und Ideologie. Die Zimmer im Inneren wurden mit allem eingerichtet, was alt aussah und historisch passend erschien. Wo nicht genug Altes vorhanden war, wurde mit neuen Möbeln ergänzt, die auf alt gemacht waren.

Antiquitäten aus verschiedenen Epochen

In der Inneneinrichtung des Palastes, der heute ein Museum ist, zeigt sich deshalb ein wilder Stilmix aus zusammengeräuberten Antiquitäten verschiedener Epochen. Auf den Fußböden sind römische und byzantinische Mosaike, die ursprünglich die Paläste auf der ebenfalls italienisch besetzten Nachbarinsel Kos schmückten. Heiligenfiguren und Möbel aus der italienischen Renaissance stehen neben chinesischen Vasen und Möbeln aus dem Belle-Epoque-Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Daneben stehen einige historisierende »Rittermöbel«, die den Stil darstellen, in dem sich die italienischen Faschisten das Rittertum vorstellten.

Doch warum war die drittgrößte griechische Insel, die nur 17,5 Kilometer vom türkischen Festland, aber 430 Kilometer von Athen entfernt ist, überhaupt italienisch? Das Königreich Italien führte 1912 einen Kolonialkrieg gegen das Osmanische Reich, in dem es Libyen und eben auch die Dodekanes-Inseln, zu denen auch Rhodos und Kos zählen, besetzte. Allerdings konnte der italienische Diktator nie auf seinem historisierenden Feriendomizil urlauben. Denn als der Palast 1940 fertiggestellt war, war der Zweite Weltkrieg ausgebrochen.

»Ritterstraße« aus den 1930er-Jahren.
»Ritterstraße« aus den 1930er-Jahren. Foto: Martin Zimmermann
»Ritterstraße« aus den 1930er-Jahren.
Foto: Martin Zimmermann

Als Mussolini 1943 abgesetzt und kurz darauf von den Deutschen befreit wurde und Italien die Seiten wechselte, besetzte Nazideutschland Rhodos und internierte die italienischen Soldaten auf der Insel in Kriegsgefangenenlagern. Von dieser Zeit zeugen heute noch einige verrostete Geschütztürme deutscher Panzer, die heute noch auf einem Hügel der Insel stehen und ein beliebtes Fotomotiv darstellen. Auf der Nachbarinsel gibt es noch einen Unterstand der Wehrmacht mit Graffiti deutscher Soldaten, die auf den Angriff eines Feindes warteten, der nie erfolgte. Rhodos blieb bis Kriegsende von den Deutschen besetzt. Nach der Kapitulation blieb Rhodos bis 1947 britisches Protektorat, bevor es an Griechenland übergeben wurde. (GEA)