Mit dem Skandalprinzen Andrew, aber ohne den entfremdeten Prinzen Harry hat die königliche Familie das erste Weihnachtsfest ohne die Queen gefeiert. Mit König Charles III. an der Spitze erschienen die Royals am ersten Weihnachtstag erstmals seit der Pandemie wieder zum traditionellen Gottesdienst nahe ihrer Residenz Sandringham in Ostengland.
Bei recht milden Temperaturen trug Prinz Louis (4), der jüngste Sohn von Thronfolger Prinz William und Prinzessin Kate, kurze Hosen. Zahlreiche Schaulustige warteten teils Stunden, um einen Blick auf die Royals zu erhaschen.
Gedenken an Queen Elizabeth II.
Für die Royals stand Weihnachten ganz im Zeichen von Queen Elizabeth II. Die Mutter von Charles war am 8. September nach 70 Jahren auf dem Thron gestorben. Prinzessin Kate widmete der Königin ein Weihnachtsliedersingen in der Londoner Westminster Abbey, das sie organisiert hatte und das am Heiligabend im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Dabei würdigte sie das »unglaubliche Vermächtnis« der Queen, das »viele von uns zutiefst inspiriert« habe. Kates und Williams Kinder Prinz George (9) und Prinzessin Charlotte (7) sangen laut mit.
Auch Charles und seine Ehefrau Königin Camilla zählten zu den insgesamt 1800 Gästen bei der Veranstaltung. Kate und Tochter Charlotte trugen ebenso burgunderrote Mäntel wie auch Queen-Enkelin Zara Tindall. Thronfolger William las einen Auszug aus der Weihnachtsbotschaft der Queen von 2012.
Britische Medien betonten vor allem das demonstrativ gemeinsame Auftreten der Royals. Damit hätten sie ein Zeichen der Geschlossenheit gegen die Vorwürfe von Williams jüngerem Bruder Harry und dessen Ehefrau Herzogin Meghan in der Netflix-Serie »Harry and Meghan« gesetzt. Der zweite Teil der Serie war am 15. Dezember bereitgestellt worden, dem Tag von Kates Weihnachtssingen.
Die Fronten zwischen Harry und Meghan, die mit ihren Kindern Archie und Lilibet in Kalifornien leben, und der Familie in England gelten als verhärtet. Wiederholt hat das Paar dem Palast mangelnde Unterstützung und sogar Rassismus vorgeworfen. In seiner ersten Ansprache als König hatte Charles zwar seine Liebe zu den beiden bekundet. Doch angesichts der Netflix-Serie und der für 10. Januar geplanten Veröffentlichung von Harrys Autobiografie habe die Entfremdung zugenommen, hieß es in London. Eine Einladung, Weihnachten gemeinsam in England zu feiern, habe Harry abgelehnt.
Erste Weihnachtsansprache von Charles III.
Unter den Besuchern des Gottesdienstes in Sandringham waren dafür aber beide Brüder von Charles, also auch der in einen Skandal um sexuellen Missbrauch verwickelte Prinz Andrew. Er erschien mit seinen Töchtern, den Prinzessinnen Beatrice und Eugenie, und deren Ehemännern. Wie die Zeitung »Sun« jüngst berichtete, hat Andrew in der Royal Family einen zunehmend schwierigen Stand. Charles habe den 62-Jährigen aus dem Buckingham-Palast geworfen, schrieb das Blatt. Andrew dürfe dort kein Büro mehr nutzen und dürfe das Stadtschloss auch nicht mehr als Korrespondenzadresse nutzen. »Jegliche Anwesenheit im Palast ist offiziell beendet«, zitierte die Zeitung eine Quelle.
In seiner ersten Weihnachtsansprache als britischer König hat Charles III. allen Familien in Not sein Mitgefühl ausgesprochen. Der Monarch sagte in der am Sonntagnachmittag im Fernsehen übertragenen Rede, es herrsche eine »Zeit großer Angst und Not«. Das gelte weltweit für alle, die Konflikten, Hungersnöten oder Naturkatastrophen ausgesetzt seien, sowie diejenigen, »die Wege finden, ihre Rechnungen zu bezahlen und ihre Familien zu ernähren und warm zu halten«. Millionen Menschen in Großbritannien haben mit gestiegenen Lebensmittelpreisen und Energiekosten zu kämpfen.
Es war das erste Mal, dass ein König die TV-Weihnachtsansprache hielt. Charles' Mutter Queen Elizabeth II. hatte sich 1957 als erste Monarchin zu Weihnachten übers Fernsehen an die Bevölkerung gewandt. Die Rede der Königin wurde damals live übertragen, mittlerweile ist es längst eine Aufzeichnung. Die Rede von Charles wurde am 13. Dezember in der St.-Georges-Kapelle in Windsor aufgenommen. Unter der Kirche auf dem Gelände von Schloss Windsor ist die Queen beigesetzt, die am 8. September nach 70 Jahren auf dem Thron gestorben war.
In der Ansprache fand Charles persönliche Worte für seine »geliebte« Mutter. Die Feiertage seien eine »ergreifende Zeit« für Hinterbliebene, sagte der König. »Wir spüren ihre Abwesenheit zu jeder vertrauten Jahreszeit und erinnern uns an sie bei jeder geschätzten Tradition.« Er teile mit der gestorbenen Queen den Glauben an Menschen, die das Leben anderer mit Güte und Mitgefühl berühren könnten. Dies sei »die Essenz unserer Gemeinschaft und das Fundament unserer Gesellschaft«, sagte der 74-Jährige.
© dpa-infocom, dpa:221225-99-15002/5