WIEN. In Bayern freuen sich die Kinder über schneefrei, in Österreich wächst derweil die Sorge vor Lawinen: Die Schnee-Situation im Alpenraum wird Experten zufolge immer dramatischer.
Bis Donnerstag werde im Hochgebirge wohl ein weiterer Meter Neuschnee fallen. In tieferen Lagen seien in Österreich 30 bis 80 Zentimeter möglich, sagte in Wien ein Sprecher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).
»Die Gefahr, dass Bäume angesichts der Schneelast und des Sturms auf Straßen, Stromtrassen und Bahnlinien stürzen, steigt von Tag zu Tag.«
Auch in Bayern gab es im Bahnverkehr Verspätungen und einzelne Zugausfälle. Die Bayerische Oberlandbahn konnte am Montag südlich von Holzkirchen wegen Schnees auf Gleisen und Weichen nicht fahren. In den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach fällt derweil bis Freitag an allen staatlichen Schulen der Unterricht aus. Das Landratsamt Miesbach rief wegen des Schnees den Katastrophenfall aus.
»Die nächste Unwetterwarnung für den Alpenrand steht bevor«, sagte ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes. Die Meteorologen erwarten ergiebigen Schneefall vor allem im Süden Bayerns. Darüber hinaus wird er im Schwarzwald, im Erzgebirge und im Bayerischem Wald erwartet.
Die Behörden in Tirol bereiten sich auf die höchste Lawinenwarnstufe vor. Besonders betroffen ist Tirol, wo stellenweise schon jetzt drei Meter Schnee und mehr liegen. Das Land habe unterschiedliche Szenarien im Blick und treffe entsprechende Vorsorge, meinte Ministerpräsident Günther Platter. So seien mehrere Hubschrauber in Bereitschaft. Das gelte auch für spezielle Einsatzgruppen der Alpin-Soldaten, die auf die Verschütteten-Suche spezialisiert seien.
Bis zum Donnerstag werden in Tirol zwischen 50 und 120 Zentimeter Neuschnee erwartet. »Dies verschärft die Lawinensituation immens«, so der Leiter des Lawinenwarndiensts des Landes Tirol, Rudi Mair.
Behörden appellierten an Skifahrer, die gesicherten Pisten nicht zu verlassen. Generell sollte man auf unnötige Autofahrten verzichten. Auch das Betreten der Wälder sei angesichts der Gefahr umstürzender Bäume nicht ratsam. Hausbesitzer wurden aufgerufen, Dächer von der Schneelast zu befreien. Die An- und Abfahrt zu großen Skigebieten war aber trotz des Wetters mit Winterausrüstung meist gut zu bewältigen.
In Österreich wurde allerdings ein kleineres Skigebiet in den Ostalpen komplett geschlossen. Die acht Lifte am Hochkar wurden eingestellt, weil die Zufahrtsstraße wegen Lawinengefahr gesperrt wurde. Angesichts von drei Metern Schnee trösteten sich die Liftbetreiber: »Der Schnee wird auch nach Wiederöffnung der Straße noch da sein«, sagte Ines Enöckl vom Hochkar-Marketing.
Wie gefährlich auch Wanderungen mit Schneeschuhen werden können, zeigt die Suchaktion nach einem Pärchen im Alter von 23 und 28 Jahren im österreichischen Tennengau. Die Jägerin und der Jäger werden seit Samstag vermisst. »Sie wollten die Reviereinrichtungen kontrollieren und die Wildfütterung auffüllen«, sagte ein Sprecher der Bergrettung. Möglicherweise wurden sie von einer Lawine verschüttet.
40 Bergretter suchten am Montag in Niederösterreich obendrein nach zwei Tourengehern. Ein 35-jähriger Slowene starb bereits am Sonntag im Skigebiet Zauchensee, als er abseits der Skipiste im einen Meter tiefen Schnee stürzte. Er konnte nur noch tot geborgen werden.
Von den gewaltigen Schneemengen betroffen ist auch Sänger DJ Ötzi (»Anton aus Tirol«). Der 48-Jährige musste wegen seinen Tourstart verschieben. Das für Dienstag geplante Auftaktkonzert seiner »Gipfeltour« auf einer Skihütte in Saalbach-Hinterglemm könne wegen der Lawinengefahr und gesperrter Zufahrtsstraßen nicht stattfinden, teilte sein Management am Montag mit. »Ich bin natürlich sehr traurig, dass ich meine Fans enttäuschen muss, aber es wäre unverantwortlich, unter diesen Umständen die Show zu machen. Sicherheit geht vor«, meinte Gerry Friedle alias DJ Ötzi.
Auch in der bisher vom Winterchaos weitgehend verschonten Schweiz dürfte die Situation schwieriger werden. Der Wetterdienst meteonews erwartet bis Ende der Woche rund einen Meter Neuschnee vor allem in der Ost- und Zentralschweiz. Südlich des Alpenhauptkamms ist der Winter dagegen eher zahm. In Südtirol galt am Montag nach Schneefällen zwar im äußersten Norden Lawinengefahr der Stufe 3 (von 5). Im Süden der Region herrschten dagegen Föhn und Sonnenschein.