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Kurze Digital-Detox-Phasen bringen keine deutlichen Vorteile

Eine Woche ohne Social Media - unter Nutzern erfreut sich eine solche Mini-Auszeit großer Beliebtheit. Doch bringt sie etwas? Und zeigt sie potenzielle Süchte an? Forscher haben Antworten.

Smartphone-Nutzung
Bei nur einigen Tagen ohne die Nutzung von Social Media halten sich positive und negative Auswirkungen laut einer Studie eher die Waage. Foto: Sebastian Gollnow/DPA
Bei nur einigen Tagen ohne die Nutzung von Social Media halten sich positive und negative Auswirkungen laut einer Studie eher die Waage.
Foto: Sebastian Gollnow/DPA

Viele Influencer und andere Nutzer schränken die Nutzung sozialer Medien in der Hoffnung auf positive Effekte mal für eine Woche ein. Eine kleine britische Studie zeigt nun: Bei nur einigen Tagen Enthaltsamkeit halten sich positive und negative Auswirkungen wohl eher die Waage. Entzugsähnliche Effekte wurden nicht gefunden, wie das Forscherduo im Fachzeitschrift »PLOS One« schreibt.

Michael Wadsley und Niklas Ihssen von der Durham University hatten 51 mäßige bis starke Nutzer sozialer Medien wie Facebook, Instagram, Snapchat, Twitter, TikTok und YouTube in ihre Analyse einbezogen. Forschungsarbeiten hätten nahegelegt, dass es bei einem abrupten Stop der Nutzung sozialer Medien zu Entzugserscheinungen ähnlich wie bei Drogenkonsum kommen könne und dass »digitales Entgiften« - Digital Detox - sich positiv auf Wohlbefinden und psychische Gesundheit auswirke.

Für ihre 18 bis 25 Jahre alten Probanden - 16 Männer und 35 Frauen - ließen sich keine auffälligen solchen Zusammenhänge zeigen, erläutern die Forscher. Die Nutzungseinschränkung habe nuancierte und potenziell gegenläufige Auswirkungen auf das Wohlbefinden gehabt. Durch die Einschränkung könnten Erfahrungen wegfallen, die negative Emotionen auslösen - wie soziale Vergleiche oder die Angst, etwas zu verpassen. Das gelte aber ebenso für positive Emotionen wie soziale Anerkennung.

Hohe Rückfall-Rate

Die meisten Teilnehmenden waren demnach zwar in der Lage, ihre Nutzung sozialer Medien die ganze Woche lang deutlich zu reduzieren - nur sieben blieben allerdings erfolgreich komplett abstinent. Die Rückfall-Rate sei also sehr hoch. Zudem sei vielfach angegeben worden, dass zum Ausgleich mehr Zeit etwa mit Videospielen oder Online-Shopping verbracht wurde. Vorgaben, die Handynutzung insgesamt einzuschränken, hatte es bei der Studie nicht gegeben.

Es könne sein, dass potenzielle Negativeffekte durch das Ausweichen auf andere Digitalangebote sowie die überwiegend nur eingeschränkte, aber nicht komplett gestoppte Nutzung sozialer Medien verhindert wurden, erläutert das Forscherduo. Dazu müssten größere Studien folgen. Wesentliche Auswirkungen auf die eigene Stimmung hätten Menschen, die sozialen Medien lediglich für einige Tage den Rücken wenden, jedenfalls nicht zu erwarten.

Klare Definition fehlt

Der nicht an der Studie beteiligte Wissenschaftler Leonard Reinecke von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beurteilt die Forschung zu »Digital Detox« insgesamt kritisch. Allein schon die Definition dafür sei unklar. Zudem stelle sich bei Probanden schon durch das Auferlegen nicht selbst gewählter Einschränkungen ein negatives Gefühl ein, sagte der Professor für Medienwirkung und Medienpsychologie.

Reinecke hält wenig davon, bei starker Social-Media- oder Smartphone-Nutzung gleich von Sucht zu sprechen. Das sei »sicherlich in den allermeisten Fällen völlig unbegründet«. Es gebe nur einen sehr kleinen Anteil von Nutzerinnen und Nutzern, die tatsächlich problematisches und suchtartiges Verhalten zeigten. Bei diesen lägen zudem häufig verschiedene Suchterkrankungen gleichzeitig vor.

Das Smartphone sei letztlich zu einem zentralen Hub geworden für ganz viele verschiedene Anwendungen, die positive wie negative Gewohnheiten hervorrufen könnten, sagte Reinecke. Der zentrale Schritt müsse Selbstreflexion sein. Etwa: »Was mache ich eigentlich mit meinem Smartphone in den Social Media? Was davon erlebe ich als bereichernd? Was tut mir gut?« So könnten potenzielle Negativschleifen durchbrochen werden.

© dpa-infocom, dpa:231121-99-21210/2