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Kritik an Stopp von Krankschreibungen per Telefon

Wer eine Krankschreibung wegen Atemwegsbeschwerden brauchte, bekam diese zuletzt auch ohne Praxisbesuch, nach Telefonischer Rücksprache mit dem Arzt - eine Vorsichtsmaßnahme in der Corona-Krise. Nun ist damit Schluss. Das sorgt für Kritik.

Telefonische Krankschreibung
»Jetzt die telefonische Krankschreibung auslaufen zu lassen ist klar falsch.«. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
»Jetzt die telefonische Krankschreibung auslaufen zu lassen ist klar falsch.«. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

BERLIN. Gesundheitspolitiker und Verbraucherschützer üben massive Kritik daran, dass es von diesem Montag an keine telefonischen Krankschreibungen bei Atemwegsbeschwerden mehr geben soll.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) nannte den Schritt am Samstag »verfrüht«. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es wichtig, Infektionsrisiken konsequent zu vermeiden. Auch Vertreter anderer Parteien und Verbraucherschützer sprachen von einem Fehler und forderten, dass die Entscheidung zurückgenommen wird.

»Es ist zu befürchten, dass nun auch Covid-19-Patienten wieder in den Arztpraxen erscheinen und dadurch andere Menschen anstecken. Das muss verhindert werden«, sagte Huml. Sie forderte eine Verlängerung der Ausnahmeregelung. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen hatte am Freitag beschlossen, diese auslaufen zu lassen. Betroffene Arbeitnehmer müssen sich demnach von diesem Montag an wieder in der Praxis vorstellen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatte das begrüßt.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schrieb am Samstag bei Twitter: »Jetzt die telefonische Krankschreibung auslaufen zu lassen ist klar falsch. Es hat sehr geholfen, dass Kranke nicht in den Wartezimmern gesessen haben.« Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, nannte den Beschluss des Bundesausschusses einen Fehler und »unverantwortlich«. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, forderte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, diesen kurzfristig außer Kraft zu setzen.

Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) schrieb in einem am Samstag veröffentlichten Brief an Spahn: »Die Entscheidung geht in eine falsche Richtung und gefährdet die positive Entwicklung, die in der laufenden SARS-CoV-2-Pandemie erreicht werden konnte.« Bürger, andere Patienten und das in der Praxis tätige Personal würden damit einem vermeidbaren Risiko ausgesetzt.

Das Bundesgesundheitsministerium verwies am Sonntag auf Nachfrage auf einen Bericht des »Tagesspiegels«. Dort wurde ein Ministeriumssprecher mit den Worten zitiert: »Das ist eine Entscheidung der Selbstverwaltung«. Der Beschluss sei zu einem Zeitpunkt gefallen, »zu dem sich die niedergelassenen Ärzte besser auf Corona-Patienten haben einstellen können«.

Ärzte und Kliniken betonten dagegen, die Entscheidung, telefonische Krankschreibungen nicht mehr zu ermöglichen, sei gegen ihren Willen getroffen worden. Sie sei weder für die Praxen noch für die Patienten gut, hieß von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die die Praxisärzte vertritt.

Der Beschluss sei vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und dem unparteiischen Vorsitzenden des G-BA getroffen worden, gegen die Stimmen der Ärzte, Zahnärzte und der Krankenhäuser, hieß es von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Das Beschlussgremium des Bundesausschusses ist mit drei unparteiischen Mitgliedern, fünf Vertretern der Krankenkassen und insgesamt fünf Ärzte- und Klinikvertretern besetzt. (dpa)