Nach dem Wegfall der meisten Corona-Maßnahmen sind die Menschen in Deutschland wieder etwas zufriedener - Kriegsängste und Inflation bremsen sie aber weiter aus.
Das geht aus dem am Dienstag vorgestellten »Glücksatlas« hervor, den die Universität Freiburg mit Unterstützung der Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) erstellt hat. »Die Talsohle ist durchschritten, die Hälfte des Weges liegt aber noch vor uns«, sagte der wissenschaftliche Leiter der Untersuchung, Bernd Raffelhüschen, laut Mitteilung.
Im Durchschnitt gaben die Menschen ihre Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0 bis 10 mit 6,68 an. Vergangenes Jahr hatte dieser Wert mit 6,58 niedriger gelegen, vor der Pandemie 2019 war er mit 7,14 deutlich höher. Vor allem Inflation und Kriegsfolgen wirkten sich demnach negativ auf die Zufriedenheit der Deutschen aus. Die Zufriedenheit mit dem Einkommen sei auf einem »historischen Minimum«, sagte Raffelhüschen.»Im September durchbrach die Inflation die 10-Prozent-Marke. Sollte sie bis Dezember 2022 so hoch bleiben, dürfte sich der Gesamtverlust an Lebensglück durch die diesjährige Inflation auf 0,46 Punkte belaufen«, hieß es in der Mitteilung. »Das ist viel.«
Pandemiebedingte Brüche
Die Zahl der unglücklichen Menschen - also jene, die einen Wert zwischen 0 und 4 nannten - habe sich in der Pandemie verdoppelt. Dieses Jahr sei ihr Anteil zwar wieder gesunken, aber noch nicht auf Vor-Pandemie-Niveau. Hinter den »abstrakten Zahlen liegen pandemiebedingte Brüche in der Biografie«: Jobverlust, Krankheiten und der Verlust von Menschen. »Daher ist es wichtig, dass der Erholungsprozess anhält.«
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Viele Gruppen, die besonders stark unter den Corona-Maßnahmen gelitten haben, konnten laut »Glücksatlas« ihre Lebenszufriedenheit wieder verbessern. »Frauen haben den Glücksabstand zu den Männern, der sich während Corona auftat, fast wieder geschlossen«, hieß es. Raffelhüschen begründete das gedrückte Glücksempfinden von Frauen in der Pandemie mit der »Hauptlast«, die sie im Spagat zwischen Kinderbetreuung, Home-Office und Haushalt getragen hätten.
Auch die Zufriedenheit der Befragten mit der Freizeit verbesserte sich demnach enorm: von 5,0 im Corona-Jahr 2021 auf 6,51 im aktuellen »Glücksatlas«. Doch auch hier ist noch Luft nach oben: »Obwohl es nahezu keine Einschränkungen mehr gibt und Fitnessklubs wieder geöffnet und Freizeitveranstaltungen möglich sind, ist das alte Niveau noch nicht erreicht.« Die Pandemie hat laut dem Studienleiter für den »heftigsten Einbruch« in der Geschichte der Messung gesorgt. Er begründete dies vor allem mit der Einschränkung von Gemeinschaft - dies zähle zu den vier Glücksvariablen neben Gesundheit, Geld und genetischer Disposition.
Frauen sehen häufiger das Gute
Wie eine am Dienstag vorgestellte Befragung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) zeigt, wiesen in der Pandemie jene Menschen die größte Lebenszufriedenheit auf, die stabile Beziehungen hatten und die zudem in der Lage waren, der Krise auch positive Seiten abzugewinnen. Frauen fühlten sich demnach insgesamt stärker belastet und hatten deutlich häufiger Angst zu erkranken. Sie konnten aber auch viel häufiger als Männer das Gute sehen.
Am wenigsten von den Einschränkungen der Pandemie erholt haben sich laut »Glücksatlas« junge Menschen. Die Generation der zwischen 1995 und 2010 Geborenen habe während der Pandemie einen Punkt auf der Skala der Lebenszufriedenheit verloren und bisher nur etwa die Hälfte wieder aufgeholt.
Die Glücklichsten leben in Schleswig-Holstein
Menschen im Westen Deutschlands sind im Schnitt etwas glücklicher als Menschen im Osten. Während der Pandemie sei der Unterschied zwischen Ost und West bei der Zufriedenheit fast verschwunden, hieß es. Zuletzt sei er aber wieder gewachsen. »Die Nachteile, die der Westen in der Pandemie hatte, spielen 2022 keine Rolle mehr: Hohe Anteile an jüngeren Menschen, an Familien, an Großstädtern und Selbstständigen sind normalerweise Garanten für ein höheres Glücksniveau einer Region.«
Und wo leben die glücklichsten Menschen in Deutschland? Laut »Glücksatlas« in Schleswig-Holstein - gefolgt von Bayern und Nordrhein-Westfalen. Am wenigsten zufrieden sind die Menschen demnach in Mecklenburg-Vorpommern.
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