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Katerstimmung vor Karneval: Schleppender Kartenverkauf

Energiekrise und Inflation zwingen viele Verbraucher zum Sparen. Das macht sich auch im Karneval bemerkbar: Die Ticketverkäufe für Veranstaltungen sind teilweise drastisch eingebrochen.

Kölner Karneval
Eine Garde nimmt an der Karnevalssitzung von Fußball Bundesligist 1. FC Köln teil. Foto: Rolf Vennenbernd
Eine Garde nimmt an der Karnevalssitzung von Fußball Bundesligist 1. FC Köln teil.
Foto: Rolf Vennenbernd

Schon lange bevor in den Karnevalshochburgen die jecke Zeit beginnt, startet der Run auf die Karten für die großen Sitzungen und Partys - normalerweise. Doch dieses Mal ist es anders - und das, obwohl die närrischen Fans nach zwei Jahren Corona-Pause jetzt mal wieder richtig aufdrehen könnten.

Der Kartenvorverkauf für die am 11.11. startende Session läuft schleppend. Wegen der Wirtschaftskrise warten viele Jecken erst einmal ab. Die Vereine sind in Sorge.

»Wir haben bislang etwa 25 bis 30 Prozent weniger Karten verkauft als vor der Pandemie«, sagt etwa der Präsident der altehrwürdigen Kölner »Nippeser Bürgerwehr«, Michael Gerhold. »Die Menschen wissen nicht, welche Kosten wegen der Inflation und Energiekrise tatsächlich auf sie zukommen.« Auch die Angst vor Corona sei häufig noch ein Bremsklotz. »Deshalb entscheiden sich viele Leute deutlich kurzfristiger, ob sie sich Karten kaufen. Das sind wir so gar nicht gewohnt.«

10 bis 15 Prozent weniger verkaufte Karten

Die »Roten Funken« in Köln, die in der neuen Session ihr 200-jähriges Jubiläum feiern, planen bis Aschermittwoch rund 90 Veranstaltungen. Von den traditionellen Sitzungen seien einige nahezu ausverkauft, bei anderen sei es schwieriger, sagt Sprecher Günter Ebert. Der Vorverkauf für Partys laufe bisher recht zäh. Insgesamt rechne er am Ende mit 10 bis 15 Prozent weniger verkauften Karten. Das sei gerade noch kostendeckend.

Große Gesellschaften wie die »Roten Funken« könnten im Fall der Fälle auch mal rote Zahlen verkraften, sagt Ebert. Doch für kleinere Vereine ohne Rücklagen könne die Lage existenzbedrohend werden, meint er.

Eine Umfrage des Festkomitees Kölner Karneval unter seinen 140 Mitgliedsgesellschaften ergab: Etwa 80 Prozent der teilnehmenden Vereine verzeichnen teils drastische Einbrüche bei den Vorverkaufszahlen. Starke Rückgänge gebe es besonders bei Veranstaltungen, für die normalerweise Firmenkunden größere Kartenkontingente abnehmen.

»Das bricht zum Teil komplett weg«, sagt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. Gerade große Firmen seien oft vorsichtig wegen Corona oder drückten wegen Gewinnrückgängen auf die Sparbremse.

Säle und Künstler lange im Voraus gebucht

Einzelne Veranstaltungen seien schon abgesagt worden, sagt Kuckelkorn. Allerdings sei dies oft gar nicht so einfach möglich: »Die Säle und Künstler sind seit zwei Jahren verbindlich gebucht.« Zurzeit werden schon die Verträge für 2024 gemacht. Wegen der aktuell schwierigen Situation habe man sich ausnahmsweise auf ein Rücktrittsrecht für die Vereine bis kommenden März geeinigt.

Kabarettist Bernd Stelter, seit über 30 Jahren einer der Top-Redner im Kölner Karneval, sorgt sich vor allem um die gesellschaftlichen Folgen. »Wenn Karnevalsvereine wegbrechen, wäre das für das Ehrenamt eine Katastrophe. Die Vereine bieten soziale Kontakte und leisten Großes.«

Wenn Veranstaltungen abgesagt würden, sei das besonders auch für die vielen Kinder- und Jugend-Tanzgruppen dramatisch: »Die konnten wegen Corona zwei Jahre lang nicht auftreten. Wenn das jetzt wieder nicht klappt, machen die Jugendlichen nicht mehr mit«, befürchtet der 61-jährige Stelter. Für ihn persönlich seien Absagen zwar traurig, würden ihn aber nicht in den Ruin treiben.

Das Festkomitee und die Vereine wollen nun verstärkt die Werbetrommel rühren, um den Kartenverkauf anzukurbeln. Festkomitee-Präsident Kuckelkorn sieht in der Krise auch als Chance, einige Veranstaltungsformate zu überdenken und neu auszurichten.

»Es ist wichtig, auch und gerade in diesen Zeiten zu lachen und Spaß zu haben«, betont Comedian Stelter. »Deshalb sollte man sagen, ich gehe da jetzt hin und verzichte auf etwas anderes.«

© dpa-infocom, dpa:221106-99-402666/2