Durch die Zerstörungskraft des schweren Zyklons »Mocha« haben zahlreiche Binnenvertriebene in Myanmar alles verloren. »Die Situation ist furchtbar. Die Menschen haben nicht einmal sauberes Wasser«, berichtete am Donnerstag Shwe Phyu, der in der schwer betroffenen Region rund um die Stadt Sittwe Rohingya-Flüchtlingen hilft. »Es ist eine Katastrophe«, sagte der 24-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Die genaue Zahl der Todesopfer sei völlig unklar.
»Es gibt hier etwa ein Dorf, in dem 2000 Menschen gelebt haben - jetzt sind nur noch wenige Hundert da.« Die meisten anderen seien wahrscheinlich durch den Kategorie-5-Sturm ums Leben gekommen. Viele seien völlig verzweifelt und hätten nach der Zerstörung ihrer Notunterkünfte keinen Ort mehr, an dem sie Schutz suchen könnten.
Die regierende Militärjunta, die sich vor zwei Jahren an die Macht geputscht hatte, tue nichts, um den Betroffenen zu helfen. Stattdessen behindere das Militär die Arbeit der Helfer. Die Generäle unterdrücken seit dem Putsch gewaltsam jeden Widerstand.
Ein Sprecher der »Nationalen Einheitsregierung« (NUG), einer Art demokratischen Schattenregierung, hatte am Dienstag von mindestens 400 Toten gesprochen. Jedoch könnte die tatsächliche Opferzahl Augenzeugen zufolge noch deutlich höher sein. Bei den Toten handelt es sich vor allem um Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya, die im vornehmlich buddhistischen Myanmar seit Jahrzehnten verfolgt wird.
Der Wirbelsturm »Mocha« war am Sonntag mit Windgeschwindigkeiten von teilweise mehr als 250 Stundenkilometern auf Land getroffen. Es war der heftigste Zyklon in der Region seit mehr als einem Jahrzehnt. Viele Rohingya-Flüchtlinge seien ihm völlig hilflos ausgeliefert gewesen, sagte Phil Robertson, Vize-Asien-Direktor von Human Rights Watch, der dpa. Der Zyklon wütete auch im benachbarten Bangladesch, jedoch gab es dort bislang keine Berichte über Tote.
»Wir gehen davon aus, dass die bisher gemeldete Zahl der Todesopfer wahrscheinlich deutlich ansteigen wird«, sagte Robertson. Diejenigen, die überlebt haben, benötigten dringend Nahrung, Medikamente und Unterkünfte. »Jetzt ist es an der Zeit, dem Rohingya-Volk zu helfen und gleichzeitig den internationalen Druck erheblich zu erhöhen, um die rechtsverletzenden Beschränkungen zu beenden, denen diese Binnenvertriebenen seit Jahren ausgesetzt sind«, forderte Robertson.
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