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König Wilhelm fütterte seine Hunde mit der Gabel

Dem letzten König von Württemberg gehorchten seine geliebten Vierbeiner nicht immer.

Im Prälatengarten des Klosters Bebenhausen sind Ali und Rubi begraben.  FOTO: PR
Im Prälatengarten des Klosters Bebenhausen sind Ali und Rubi begraben. FOTO: PR
Im Prälatengarten des Klosters Bebenhausen sind Ali und Rubi begraben. FOTO: PR

BEBENHAUSEN. Um den letzten König von Württemberg, Wilhelm II., der 1921 in Bebenhausen starb und seine beiden Spitzerhunde ranken sich zahlreiche Anekdoten. Sie dürften zur Popularität des Monarchen, der in der Öffentlichkeit stets bescheiden auftrat und das Regieren seinen Ministerpräsidenten überließ, beigetragen haben.

- Woher hatte der König Ali und Rubi?

Über den Ursprung der beiden Spitze mit Namen Ali und Rubi gibt es zwei unterschiedliche Versionen. Anni Willmann erzählt in ihrem Buch »Der gelernte König«, dass Ali und Rubi ursprünglich einem Winzer aus Hedelfingen gehörten. Der Historiker Paul Sauer, ehemaliger Stuttgarter Stadtarchivar, beschreibt in seiner Biografie »Württembergs letzter König«, dass der König mit seiner Tochter Pauline über den Schlossplatz in Stuttgart ging, wo ihm der Gastwirt Carl Ritter aus Möhringen begegnete, der Ali und Rubi ausführte. Prinzessin Pauline hätten die beiden Spitze so gut gefallen, dass der König spontan ein Goldstück aus der Tasche zog und die beiden Hunde kaufte.

- Wie behandelte der König seine Hunde?

Rudolf Thietz, ein bei Hofe beschäftigter preußischer Privatlehrer berichtete 1911 in einem Brief völlig entsetzt über die Tischsitten: »Der König pflegte den Tunkenrest mit Brötchenbrocken vom Teller zu nehmen und mit seiner Gabel den Spitzen zuzureichen.« Doch damit nicht genug, ereifert sich Thietz: »Im Eifer des Gefechts vergaß er manchmal, dass er seine Hunde schon mit der Gabel gefüttert hatte, und steckte mit ihr den letzten Bissen in den eigenen Mund.«

- Wie benahmen sich Ali und Rubi?

Eine Anekdote im Buch von Anni Willmann erzählt, dass die beiden Spitze einem Gast bei einer Gesellschaft den Frack zerfetzten, woraufhin der König bemerkte, man dürfe eben keinen Schinken in seinen Manteltaschen aufbewahren. Eine andere Anekdote erzählt von einer Gouvernante, die unter dem Tisch nach ihrem Hausschuh suchte, den die Spitze längst davongetragen und zerkaut hatten.

- Wo wurden Ali und Rubi begraben?

Im Prälatengarten von Bebenhausen, neben dem Prälatensee an der Straße Richtung Dettenhausen. Allerdings ist dort kein Grabstein. Ein solcher ist an der Grabkapelle der badischen Großherzöge in Karlsruhe zu sehen, wo die letzte Großherzogin von Baden ihrem verstorbene Pudel Treu einen Grabstein setzte.

- Hatte Wilhelm II. nach den Spitzen noch weitere Hunde?

Die Bebenhausenerin Gertrud Walchner, die Tochter des letzten königlichen Oberförsters Max Walchner, die 1918 als Achtjährige die Ankunft des abgesetzten Königs in seinem Bebenhausener Exil miterlebte, berichtet das der Nachfolger von Ali und Rubi der schottische Hirtenhund Jim gewesen sei. Diese Rasse hatte Königin Victoria populär gemacht, die ihrem 1868 verstorbenen Gypsy auf Schloss Balmoral in Schottland einen Grabstein setzte. Jim war 70 Zentimeter hoch, hatte lange Haare und einen weißen Fleck am Hals. Allerdings gehorchte er den Rufen des Königs nicht, stieß die Krautschneiderbäs, eine alte Bebenhausenerin von hinten durch einen Stoß in die Kniekehlen um und drückte ein Kind wie in einem Schraubstock an eine Hauswand, erinnert sich Walchner in einer Bebenhausener Ortschronik. In beiden Fällen zog der König ein Goldstück aus der Hosentasche, um den Schreck seiner Untertanen zu heilen.

- Wie wurde der wilde Jim erzogen?

Jim kam zur Erziehung ins Forsthaus. Damit er keine alten Frauen mehr umstieß, wurde ihm eine gedrechselte, stachelbesetzte Holzkugel an ein einer langen Kette ans Halsband gemacht, die ihm beim schnellen Rennen gegen den Bauch stieß. Außerdem wurde er rein vegetarisch ernährt. Jim sei, so erinnert sich Walchner, ein musikalischer Hund gewesen, der den Kindern gerne beim Klavier spielen zugehört habe. Auch Schallplatten habe er gerne gehört, bis auf eine bestimmte Operette mit dem Titel »Dichter und Bauer«, die er mit erbarmungswürdigem Gejaule ablehnte. Nach einem Jahr sei der Hund dem König als hoffähig zurückgegeben worden.

- Welcher Hund konnte rechnen?

Dem Baron von Gemmingen, einem Gefolgsmann des Königs war während des Ersten Weltkriegs ein kleiner Foxterrier zugelaufen. Kurz darauf wurde der Baron schwer verwundet. Im Lazarett brachte der Baron dem Hund, den er Moritz nannte, mithilfe von Holzklötzchen das Rechnen bei und zwar von eins bis hundert in allen Grundrechenarten. Der Hund teilte sein Ergebnis durch Klopfen mit den Vorderpfoten mit. Mit der rechten Vorderpfote gab er die Zehner und mit der linken die Einer an. Als Gemmingen seinen rechnenden Hund König Wilhelm II. vorführte war dieser begeistert. »Der Moritz kann besser rechnen als ich«, soll der Monarch gesagt haben. (GEA)

SO GEHT’S WEITER

Am 2. November geht es in unserer Hundeserie um die schönsten Plätze zum Gassigehen. (GEA)