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Jesus-Hungersekte: Mindestens 58 Tote in Kenia

Grauenhafte Funde in einem Wald im Süden Kenias: Dutzende Menschen sollen sich als Anhänger einer christlichen Sekte zu Tode gehungert haben. Versprochen wurde ihnen ein Treffen mit Jesus.

Jesus-Hungersekte in Kenia
Polizei und Anwohner tragen die exhumierten Leichen einer religiösen Sekte zu einem Lastwagen. Foto: Uncredited
Polizei und Anwohner tragen die exhumierten Leichen einer religiösen Sekte zu einem Lastwagen.
Foto: Uncredited

Rund anderthalb Wochen nach der Entdeckung einer christlichen Hungersekte in einem Wald in Kenia werden immer tragischere Ausmaße des Kults bekannt. Die Polizei sprach von mindestens 58 bekannten Todesopfern.

»Bis gestern wurden 47 Tote bestätigt. Heute sind es weitere 11. Dabei handelt es sich um geborgene Leichen sowie Menschen, die auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben sind«, sagte Polizeigeneralinspekteur Japheth Koome. 29 weitere Menschen seien bisher lebend gerettet worden.

Forensiker und Rettungskräfte suchten weiter nach Leichen sowie Überlebenden in dem unübersichtlichen Waldgebiet Shakahola unweit der Küstenstadt Malindi im Süden des ostafrikanischen Landes. In einer für die Suchaktion eingerichteten Meldestelle des kenianischen Roten Kreuzes wurden 112 Menschen als vermisst gemeldet. Kenias Präsident William Ruto sprach von einem schrecklichen Verbrechen, das er mit Terrorismus verglich.

In der Hoffnung, »Jesus zu treffen«

Die Behörden in Malindi hatten am 13. April einen Hinweis erhalten, dass Anhänger eines örtlichen Pastors sich In der Hoffnung, »Jesus zu treffen«, in dem Waldgebiet zu Tode hungerten. Am Tag darauf fand die Polizei 15 hungernde Menschen in einer abgelegenen Siedlung in dem Wald, von denen 6 in einem kritischen Zustand waren. Vier von ihnen starben nach Polizeiangaben bei den Rettungsmaßnahmen. Nach Hinweisen begann die Polizei, das Waldgebiet nach Massengräbern zu durchkämmen. Nach Angaben des Innenministers wird das ganze mehr als drei Quadratkilometer große Waldgebiet als Tatort gesichert.

Als Sektenführer wurde der freikirchliche Pastor Paul Mackenzie aus Malindi festgenommen, der Medienberichten zufolge schon in der Vergangenheit mit radikalen Ansichten aufgefallen war und mehrfach vor Gericht stand. Polizeigeneralinspekteur Koome räumte ein, dass Mackenzie der Polizei schon 2017 aufgefallen war. Zuletzt sei er im März verhaftet, dann aber auf Kaution freigelassen worden. Er habe sich am 14. April der Polizei gestellt, sagte Koome. Ein Gericht verhängte am vergangenen Montag eine zweiwöchige Untersuchungshaft.

Präsident Ruto: »Ein schrecklicher Krimineller«

In der Sekte soll ein Glaube an persönliche Aufopferung als Ticket in ein Leben nach dem Tod geherrscht haben. Angehörige von Sektenmitgliedern sagten örtlichen Medien, dass die Anhänger ihre Besitztümer verkauft und Kontakt zu ihren Familien abgebrochen hätten. Demnach habe Mackenzie sie dazu genötigt, ihre weltlichen Aktivitäten abzubrechen und Kinder aus der Schule zu nehmen. Im Gegensatz zu seinen abgemagerten Anhängern soll der Sektenführer selbst keine Anzeichen von Hunger oder Gewichtsverlust gezeigt haben.

Kenias Präsident Ruto verglich den Mann am Montag mit einem Terroristen. »Was wir in Shakahola sehen, ist Herr Mackenzie, der sich als Pastor ausgibt, obwohl er in Wirklichkeit ein schrecklicher Krimineller ist. Terroristen nutzen Religion, um ihre abscheulichen Taten zu fördern. Menschen wie Herr Mackenzie benutzen die Religion, um das Gleiche zu tun«, sagte er.

Kenias Innenminister Kithure Kindiki forderte eine stärkere Aufsicht über religiöse Einrichtungen. »Das Massaker im Shakahola-Wald ist der eindeutigste Verstoß gegen das in der Verfassung verankerte Menschenrecht auf Religionsfreiheit. Auf den ersten Blick wurden sowohl nach kenianischem Recht als auch nach internationalem Recht Verbrechen in großem Umfang begangen«, sagte Kindiki. Nötig sei »eine strengere Kontrolle (einschließlich Selbstkontrolle) aller Kirchen, Moscheen, Tempel und Synagogen.«

© dpa-infocom, dpa:230424-99-430258/4