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Immer noch auf »Zacke« - Zahnradbahn feiert 130-jähriges Jubiläum

Heimlich, still und leise feiert am Samstag eine der vier letzten Zahnradbahnen Deutschlands ihr 130-jähriges Bestehen. Die »Zacke« mit Nostalgie-Flair macht dabei immer noch einen frischen Eindruck. Eine Geburtstagsfeier für die alte Dame gibt es aber nicht.

Die »Zacke«, wie die Bürger Stuttgarts die Zahnradbahn nennen, feiert morgen ihr 130-jähriges Bestehen.
Die »Zacke«, wie die Bürger Stuttgarts die Zahnradbahn nennen, feiert morgen ihr 130-jähriges Bestehen. Foto: dpa
Die »Zacke«, wie die Bürger Stuttgarts die Zahnradbahn nennen, feiert morgen ihr 130-jähriges Bestehen.
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Stuttgart (dpa/lsw) - Einst soll es 40 Zahnradbahnen in Deutschland gegeben haben - heute sind sie fast ausgestorben. Die »Zacke«, wie sie die Bürger Stuttgarts liebevoll nennen, feiert am Samstag ihr 130-jähriges Bestehen. Sie sei eine der letzten Zahnradbahnen in Deutschland, die als normales Verkehrsmittel in einem Fuhrpark betrieben werde, sagt der Sprecher der Straßenbahn AG (SSB), Hans-Joachim Knupfer. Eine große Party werde allerdings nicht gefeiert. »Es wird ein Tag wie jeder andere.«

Die Technik sei die gleiche wie am Ende des 19. Jahrhunderts. »Das Prinzip geht auf eine Erfindung der Ägypter zurück«, sagt der 47-Jährige weiter. Oft kämen Fahrgäste, um die schöne Aussicht über den Stuttgarter Kessel und das Nostalgie-Gefühl zu genießen. Die SSB verzeichne bei der »Zacke« etwa 2500 bis 3000 Fahrgäste pro Tag.

Doch die Strecke, die vom Marienplatz im Süden Stuttgarts in den Stadtteil Degerloch führt, nutzten in den vergangenen Jahren nicht nur Ansässige. Auch Promis wie Schlagersänger Heino (75) oder Playboy-Modell Mia Gray (28) sollen schon in einem der Wagen gesessen haben. Manchmal besuchen die Fahrgäste auch das Restaurant von Starkoch Vincent Klink auf der Wielandshöhe, erzählt der Sprecher.

Um die Bahn zu bedienen, verlangt es nach einer Zusatzausbildung und sehr viel Fingerspitzengefühl. Der 46 Jahre alte Zahnradbahnführer Oliver Haug spricht aus Erfahrung: »Man merkt jede falsche Bedienung.« 21 Jahre sei er nun Bahnführer, doch die Zacke dürfe er erst seit drei Jahren steuern. »Es ist wie Zeitlupe. Auf jeden Fall viel langsamer als mit der Stadtbahn.« Die Bahnen sind immer auf einer einzigen Spur unterwegs. Nur in der Mitte teilt sie sich, und die zwei Bahnen fahren für ein kurzes Rendezvous aneinander vorbei.

Pro Tag seien fünf Bahnführer im Schichtbetrieb im Einsatz um zwei von drei verschiedenen Wagen zu bedienen - einer bleibt immer als Reserve im alten Zahnradbahnhof. Die Wagen heißen »Heslach«, »Degerloch« und »Helene«. Am liebsten fährt Zahnradbahnführer Haug im Winter. »Da sieht man öfter mal Autos, die ins Rutschen geraten«, sagt er mit einem Anflug von Schadenfreude. Der Umgang mit der Klinkenbremse, die das Talwärtsrollen der Wagen verhindert, wolle gelernt sein. Durch die spezielle Bauweise der Strecke könne das Gefährt auch bei glitschigen Bedingungen nicht rutschen. Somit war die Bahn in den letzten Jahren auch bei Wind und Wetter stets zuverlässig.

Der alte Zahnradbahnhof dient nicht nur der Lagerung der Wagen. Der vom Architekten Paul Bonatz (1877-1956) erbaute Komplex beherbergt auch ein Theater. Die Besucher kämen somit ins »Schlafzimmer der Zahnradbahn«, wenn sie Veranstaltungen besuchten, sagt Haug. Noch bis zum 8. Oktober hat der Spielbetrieb Pause. Doch nicht so die Zahnradbahn. Sie fährt gemächlich weiter. »Auf die Zacke sei eben Verlass«, sagt Haug und lacht.