Logo
Aktuell Panorama

Haus des »Kannibalen von Rotenburg« abgebrannt

Warum das leerstehende Fachwerkhaus in der Nacht in Flammen aufgeht, ist noch unklar. Bekannt ist, dass das Gebäude als gruseliger Tatort immer wieder Besucher angelockt hat.

Brandruine
Feuerwehrleute stehen neben den noch rauchenden Trümmern des ehemaligen Hauses des »Kannibalen von Rotenburg«. Foto: Boris Roessler
Feuerwehrleute stehen neben den noch rauchenden Trümmern des ehemaligen Hauses des »Kannibalen von Rotenburg«.
Foto: Boris Roessler

Es war der Ort eines schauerlichen Verbrechens und eine Pilgerstätte für Schaulustige, nun ist es eine Ruine: Das frühere Haus des als »Kannibalen von Rotenburg« bekannt gewordenen Armin Meiwes ist bei einem Brand völlig zerstört worden. Das Feuer in dem leerstehenden Fachwerkhaus in Osthessen war in der Nacht zum Montag ausgebrochen. Die Ursache ist noch unklar. Die Polizei schloss Brandstiftung nicht aus.

Die Flammen seien inzwischen vollständig gelöscht, teilte das Polizeipräsidium Osthessen weiter mit. Die Feuerwehr bewache noch letzte Glutnester und räume auf. Wegen der Hitze konnten die Ermittler zunächst nicht zu der Brandstelle vordringen. Dies sollte im weiteren Tagesverlauf geschehen. Die Kripo Bad Hersfeld hat die Ermittlungen übernommen. Den Sachschaden schätzt die Polizei auf eine untere sechsstellige Summe. Der Polizei waren keine größeren Zwischenfälle rund um das Anwesen in der jüngeren Vergangenheit bekannt.

Das Haus in Rotenburg an der Fulda (Kreis Hersfeld-Rotenburg) steht seit Jahren leer. Der ehemalige Bewohner des Hauses sitzt wegen Mordes und Störung der Totenruhe in Haft. Der Computertechniker hatte im Jahr 2001 einen Internet-Bekannten getötet, zerlegt und Teile des Körpers gegessen - der Fall und die anschließenden Verhandlungen hatten deutschlandweit großes Aufsehen erregt. Verhaftet worden war Meiwes im Dezember 2002.

Bürgermeister: »Es darf kein Wallfahrtsort entstehen«

Nach der Zerstörung des Gebäudes sprach der Bürgermeister von Rotenburg von einem »Ende mit Schrecken«. »Die Brandruine muss dauerhaft entfernt werden. Es darf kein Wallfahrtsort entstehen«, sagte Christian Grunwald der Deutschen Presse-Agentur. »Wir senden als Stadt das klare Signal, dass wir das Ganze dauerhaft aufräumen.« Dazu werde die Stadtverwaltung das Gespräch mit dem Eigentümer beziehungsweise mit seinem Vertreter suchen.

Das Haus gehört Grunwald zufolge Meiwes. Die Zerstörung des Hauses werde hoffentlich auch den »Pilgerfahrten« von Menschen ein Ende setzen, die aus rituellen Gründen oder aus Neugier das leerstehende Fachwerkhaus regelmäßig besucht hätten, sagte der CDU-Politiker weiter. Für die Stadt seien der ständige Besuch von Neugierigen und die ganze Situation nicht einfach gewesen.

Einige Bewohner Rotenburgs werden nun möglicherweise durchatmen, dass das Haus nicht mehr steht. Von einer »Erleichterung« will Bürgermeister Grunwald jedoch nicht sprechen. Das Wichtigste sei zunächst, dass das Feuer kein Anwesen in der Umgebung in Mitleidenschaft gezogen habe und niemand verletzt worden sei, betonte er.

Aber nun soll das »Ärgernis« ein dauerhaftes Ende finden. »Das ist es, was wir als Stadt und die Nachbarn verdient haben«, sagte er. Die Stadt werde froh sein, wenn es irgendwann einmal die Verbindung zwischen Rotenburg und dem Verbrechen nicht mehr gebe.

Tötung auf Verlangen - Menschenfleisch gegessen

Meiwes hatte sich im März 2001 über das Internet mit einem 43-jährigen Ingenieur aus Berlin verabredet, um ihn mit dessen Einverständnis zu töten und zu verspeisen. Er schnitt ihm auf dessen ausdrückliches Verlangen hin zunächst den Penis ab. Später erstach er ihn und aß ihn teilweise auf. Die Tat dokumentierte der Computertechniker auf einem mehrstündigen Video.

Im Dezember 2002 wurde Meiwes festgenommen, nachdem die Polizei bei einer Durchsuchung seines Hauses und Grundstücks eine Kühltruhe mit eingefrorenem Menschenfleisch und Blutspuren entdeckt hatte. Der damals 41-Jährige gestand die Tat. Seine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt er in Kassel. Sicherungsverwahrung war nicht gegen ihn verhängt worden. Mehrere Anträge auf eine vorzeitige Haftentlassung wurden gerichtlich abgewiesen.

In den vergangenen 20 Jahren ist der Kannibalismusfall mannigfach künstlerisch und medial aufgegriffen worden. So behandelt die deutsche Band Rammstein in ihrem Song »Mein Teil« die Tat. Literarisch setzte sich der Autor Senthuran Varatharajah in seinem Roman »Rot (Hunger)« (2022) mit ihr auseinander. Zahlreiche Dokumentationen beschäftigen sich mit den Geschehnissen.

Auch Meiwes selbst hat sich in der Vergangenheit mehrfach medial geäußert. Etwa 2013 in einem Interview mit der »Hessisch/Niedersächsischen Allgemeinen« (HNA). Darin bezeichnete er die Geschehnisse als abnorm. »Heute sehe ich die Sache mit ganz anderen Augen. Damals geschah durch das jahrelange Surfen im Internet und der Suche nach jungen Männern eine völlige Verschiebung der Normalität«, sagte er. »Ich habe auf jeden Fall falsch gehandelt. Das würde nie mehr passieren.«

© dpa-infocom, dpa:230417-99-347943/2