Im Familienstreit der Windsors bläst Prinz Harry und Herzogin Meghan heftiger Gegenwind der britischen Medien und Öffentlichkeit entgegen. Die Zeitung »Times« nannte den Trailer für den zweiten Teil der Netflix-Doku über das Paar »aufwieglerisch«.
Die Boulevardzeitung »Sun« titelte am Dienstag mit Blick auf den Konflikt mit Bruder Prinz William: »Harrys Krieg gegen Wills«. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov, die rund um den ersten Teil von »Harry und Meghan« erhoben und nun veröffentlicht wurde, sackte die Beliebtheit der beiden weiter ab.
Angespannt wartet das Königreich auf »Volume II«, wie Netflix die letzten drei Folgen genannt hat, die am Donnerstag veröffentlicht werden. Teil eins blieb weit hinter dem erwarteten Rundumschlag zurück.
Eine Rückkehr zur Royal Family ist ausgeschlossen
»Die explosiven Behauptungen von Harry und Meghan landen ohne Knall«, kommentierte der Royal-Experte der »Times«, Valentine Low. Die ersten Einblicke in die Fortsetzung lassen mehr befürchten. So sagt Harry im Trailer mit Blick auf William: »Sie waren bereit, zu lügen, um meinen Bruder zu schützen. Sie waren aber nie gewillt, die Wahrheit zu sagen, um uns zu schützen.« Und Meghan betont: »Ich wurde nicht den Wölfen vorgeworfen, ich wurde an sie verfüttert.«
Diskutiert wird vor allem, wer mit »sie« gemeint ist, das Königshaus oder die Medien. Das englische Wörtchen »they« lässt da viel Spielraum. Aber der kurze Clip reicht vielen bereits.
»Harry und Meghan gehen jetzt zu weit«, twitterte die Royals-Expertin Angela Levin und setzte in Großbuchstaben dahinter: »BEWEIST ES«. Die Royals-Reporterin des Senders Sky News, Laura Bundock, zeigte sich verblüfft, dass sich Harry selbst filmte, als das Paar vor Jahren mit einem »Flug in die Freiheit« - wie der Prinz es nennt - das Königreich verließ. »Hatte er damals schon einen Anruf von Netflix bekommen oder ahnte er, dass seine Geschichte einen Wert hat?«
Allgemein wird angenommen, dass es nach der Doku für das Paar keine Rückkehr in die Royal Family geben wird. Ohnehin hatten sie schon mit der Abgabe ihrer royalen Aufgaben ihre Ehrentitel und Schirmherrschaften niedergelegt. Doch galten sie als Mitglieder des familiären inneren Zirkels. Viele Kommentatoren in Großbritannien sehen dafür keine Chance mehr. »Dies ist sicherlich der Anfang vom Ende seiner Beziehung mit William«, schrieb die »Sun« über Harry.
Bericht über Mobbingvorwürfe gegen Meghan
Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, seiner Familie in den Rücken zu fallen und das Andenken an seine Großmutter Queen Elizabeth II. zu beschmutzen. Schon gibt es Gerüchte, der Palast könne sich rächen, indem er einen Bericht über Mobbingvorwürfe von Angestellten gegen Meghan an die Medien durchsticht.
Nur noch ein Drittel der Briten - meistens Jüngere - hat laut der Umfrage eine positive Meinung über Harry, der zweimal für sein Land in Afghanistan diente. Hingegen denken 59 Prozent negativ über ihn. Damit sei das Nettoergebnis um 13 Zähler auf minus 26 im Vergleich zur vergangenen Erhebung Mitte November gesunken. Nur ein Viertel der Briten sieht Meghan positiv.
Doch es gibt auch Unterstützung für das Paar, das seit längerem mit den gemeinsamen Kindern Archie (3) und Lilibet (1) in Kalifornien lebt. Dabei fällt immer wieder der Name von Prinz Andrew - der Bruder von König Charles III. ist wegen seiner Verwicklung in einen Skandal um sexuellen Missbrauch seit Jahren kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen. Dennoch wohnt er auf dem Gelände von Schloss Windsor und führt seinen Prinzentitel weiter. Die Rede ist von Doppelmoral.
Der »Krieg der Windsors« geht in eine neue Runde
Der Autor Russ Jones höhnte nach »Volume I« am vorigen Donnerstag, er verstehe ja, warum die britischen Medien ein furchtbares Mitglied der Royals verunglimpfen, das Schande über die Queen gebracht habe. »Ich verstehe nur nicht, warum sie das harmlose schwarze Mädel gewählt haben anstelle des übergriffigen weißen Monsters«, twitterte Jones - und stellte ein Foto von Andrew dazu. Die beliebte TV-Moderatorin Lorraine Kelly betonte, falls Andrew und »einige echt zwielichtige« Staatschefs zur Krönung von Charles im Mai eingeladen würden, dann müssten Harry und Meghan auch auf der Gästeliste stehen.
Der »Krieg der Windsors« geht am Donnerstag in die nächste Phase. Doch die Royals-Expertin Nicoletta Gullace von der britischen Universität New Hampshire mahnt zur Gelassenheit. »Die Idee einer Spaltung einer königlichen Familie gibt es seit Jahrhunderten«, sagte sie. »Jetzt gibt es zwei riesige Medienmaschinen: Netflix und den Palast. Sie kämpfen darum, wer die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen kann.« Wer am Ende die Oberhand behält, sei noch nicht abzusehen.
Anderswo macht man sich aus dem Streit eher einen Spaß. Der Pub »Duke of Sussex« im Londoner Stadtteil Chiswick, nach dem offiziellen Titel des Prinzen benannt, bietet nun ein neues Bier an: »Harry's Bitter«.
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