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Großbritannien hadert mit Herzogin Meghan

Mit ihrem Rückzug aus dem Königshaus lösten Herzogin Meghan und Prinz Harry in London ein Beben aus. Viele Briten haben ihnen bis heute nicht verziehen. In der neuen alten Heimat versucht Meghan eine Stimme zu finden.

Herzogin Meghan
Herzogin Meghan feiert am 4. August ihren 41. Geburtstag. Foto: Toby Melville
Herzogin Meghan feiert am 4. August ihren 41. Geburtstag.
Foto: Toby Melville

Einst galt Herzogin Meghan als große Hoffnung der britischen Monarchie, als personifiziertes Versprechen von Neuanfang für ein offeneres, diverseres Königshaus.

Heute, rund ein halbes Jahrzehnt später, ist der dramatische Abgang von Meghan und Queen-Enkel Harry von der königlichen Bühne fast ein Fall für die Geschichtsbücher und die Royal Family längst mit anderen Skandalen beschäftigt. Die Abtrünnigen leben mit ihren Kindern Archie und Lilibet im sonnigen Kalifornien - der alten Heimat von Meghan, die an diesem Donnerstag Geburtstag feiert: Vor 41 Jahren wurde Meghan in Los Angeles geboren.

Die Rollen sind klar verteilt

Trotz des Wegzugs nach Amerika liefert der entstandene Riss zwischen dem Paar und dem Königshaus seither Stoff für etliche Geschichten und noch viel mehr Gerüchte. Im berüchtigten britischen Boulevard wendete sich der Ton nach der anfänglichen Euphorie über den Neuzugang bei den Windsors schnell zu einem negativ-gehässigen Tenor - mitunter auch mit rassistischen Kommentaren zu Meghans afroamerikanischen Wurzeln. Spätestens seit dem offiziellen Bruch sind im Vereinigten Königreich die Rollen zwischen Gut und Böse klar vergeben.

In Beliebtheitsrankings der Royals schaffen es heute weder Meghan noch Harry (37) unter die Top 10. »Times«-Autorin Libby Purves wirft der Herzogin in einem Kommentar vor, ihre Persönlichkeit »monetarisiert« zu haben, und vergleicht sie mit der englischen Spielerfrau Rebekah Vardy, die eine aufsehenerregende gerichtliche Schlammschlacht gegen eine frühere Freundin vom Zaun gebrochen hat. Die beste Presse bekommt Meghan heute, wenn sie so unsichtbar bleibt wie möglich.

So lobten Kommentatoren, dass sich die »Sussexes« - wie Meghan und Harry als Herzogin und Herzog der englischen Grafschaft noch immer offiziell heißen - am Jubeltag für Queen Elizabeth II. bei der »Trooping the Colour«-Parade sang- und klanglos zum abgeschirmten Kreis der Familie gesellten und auf den zuvor gefürchteten »Zirkus« eigener Auftritte am Rande des 70. Thronjubiläums verzichteten.

Ihr Erscheinen beim Dankgottesdienst für die Queen in der Kathedrale St. Paul's hingegen, bei dem das Paar gut sichtbar für Schaulustige und Kamerateams einzog, ist noch Monate später Gesprächsstoff: Meghan und Harry, die bei der Zeremonie in einer Reihe mit den Queen-Enkelinnen Beatrice (33) und Eugenie (32) saßen, hätten zuvor noch versucht, »bessere Plätze« bei der Veranstaltung zu bekommen, schreibt Royal-Autor Tom Bower Berichten zufolge in seinem neuen Buch »Revenge: Meghan, Harry and the War Between the Windsors« (auf Deutsch etwa: »Rache: Meghan, Harry und der Krieg der Windsors«).

Viele ihrer Projekte bleiben bislang vage

Zum Abschied aus dem Königshaus versprach das Paar, weiter im Dienste der Öffentlichkeit arbeiten zu wollen - auch ohne die britische Krone im Hintergrund. In ihrer neuen Heimat sind die beiden dabei, diese neue Rolle zu finden und auszugestalten. Bislang ist unklar, wo diese Reise endet. Immer wieder unterstützt das Paar medienwirksam Kampagnen oder Veranstaltungen mit noblen Zielen wie die von Harry mit ins Leben gerufenen Invictus Games für kriegsversehrte Soldaten. Wo »Harry & Meghan« drauf steht, ist Aufmerksamkeit garantiert.

Den 2020 unterschriebenen, millionenschweren Verträgen mit den Streaming-Giganten Netflix und Spotify sind jedoch bislang kaum Inhalte gefolgt. Es sei schwer, in dem hart umkämpften Feld erfolgreiche Inhalte zu produzieren, schrieb das US-Magazin »Forbes«. Meghan und Harry bauten bei ihren Plänen stark auf das Interesse an ihrer persönlichen Geschichte. Einige Netflix-Projekte - etwa eine Doku über die Invictus Games - sollen in Arbeit sein, andere auf Eis gelegt. Bei Spotify war bislang Ende 2020 eine Podcast-Episode des Paares zu hören, danach nur noch Schweigen.

Das immerhin soll sich bald ändern, wenn man den Ankündigungen aus dem Frühjahr glaubt. In einem eigenen Podcast namens »Archetypes« will Meghan demnach Klischeebilder und Vorurteile thematisieren, die Frauen hemmen und kleinhalten.

Mit Projekten wie diesen scheint die Herzogin, die früher als Schauspielerin (»Suits«) auf eigenen Beinen stand, auch wieder individuelle Akzente setzen zu wollen. In der Royal Family war sie zwangsläufig meist »Frau von«, aber auch im neuen Lebensabschnitt tauchte sie bislang öffentlich weitgehend an der Seite von Harry auf.

Auch Prinz Charles steht in der Kritik

Tausende Kilometer entfernt wird unterdessen der Kreis der britischen »Working Royals«, die gesund, fit und weitgehend unbelastet von Skandalen die Monarchie repräsentieren können, immer kleiner. Meghan und Harry sind weg, und Queen-Sohn Prinz Andrew (62) gilt nach dem Missbrauchsskandal um seinen alten Freund und verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein als untragbar. Sogar Thronfolger Prinz Charles (73) muss Berichte über Spendengelder aus der Familie Osama Bin Ladens über sich ergehen lassen. Und »Her Majesty« selbst - 96 Jahre alt - sieht sich immer häufiger gezwungen, aus gesundheitlichen Gründen die Beine hochzulegen.

Im Jubiläumsjahr der Queen stehen bei den Royals die Zeichen zwar auf Versöhnung. Doch noch in diesem Herbst sollen Harrys Memoiren erscheinen - mit dem Potenzial, die Beziehungen über den Atlantik neu zu belasten. Nach Meghan und Harrys explosivem Fernseh-Interview im vergangenen Jahr rechnet kaum jemand damit, dass der Prinz nur harmlose Anekdoten aus dem Hause Windsor mit der Welt teilen will.

© dpa-infocom, dpa:220803-99-255501/3