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Goodbye German? Deutschlernen an englischen Schulen nimmt ab

Seit Jahren lernen immer weniger Schülerinnen und Schüler in England Fremdsprachen. Besonders dramatisch ist es beim Deutschunterricht. Nun will London die Kehrtwende einleiten - ein Grund ist der Brexit.

Harry Kane
Der englische Stürmer Harry Kane spielt nach dem Rekordtransfer von Tottenham Hotspur bei den Bayern. Aber wie sieht es eigentlich mit seinen Deutschkenntnissen aus? Foto: Sven Hoppe/DPA
Der englische Stürmer Harry Kane spielt nach dem Rekordtransfer von Tottenham Hotspur bei den Bayern. Aber wie sieht es eigentlich mit seinen Deutschkenntnissen aus?
Foto: Sven Hoppe/DPA

»Servus« - das war das erste deutsche Wort, das Harry Kane sagen konnte, als er sich kürzlich als Neuzugang beim FC Bayern München vorstellte. Obwohl die Sprache schwer zu lernen sei, wolle er sich der Herausforderung stellen, sagte der englische Fußballstar bei seiner ersten Pressekonferenz in München. »Ich will versuchen, mir die Kultur und das Land zu eigen zu machen«, sagte der 30-Jährige.

Die Einsichten des Harry Kane, der zugegebenermaßen große finanzielle Anreize haben dürfte für seine neuentdeckte Liebe zur deutschen Sprache, sind eher selten zu finden unter Engländern. Immer weniger Schülerinnen und Schüler lernen Deutsch. Das belegen die Prüfungsanmeldungen für die Mittlere Reife (GCSE) und die Hochschulreife (A-Level) im Vereinigten Königreich Jahr für Jahr.

Rückgang um 5,7 Prozent

Für die Mittlere-Reife-Prüfung, deren Ergebnisse am Donnerstag veröffentlicht wurden, hatten sich im gesamten Land gerade einmal knapp 34.000 Schülerinnen und Schüler im Fach Deutsch angemeldet. Das ist ein Rückgang um 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Jahr 2005 hatten sich noch mehr als 100.000 Kinder in England zur GCSE-Deutschprüfung angemeldet. Der Rückgang bei Deutsch ist sogar dramatischer als es auf den ersten Blick scheint, weil die Zahl der Prüflinge durch geburtenstarke Jahrgänge insgesamt gestiegen ist. Bei der A-Level-Prüfung traten sogar nur 2200 Mädchen und Jungen im Fach Deutsch an - 17,2 Prozent weniger als noch ein Jahr davor.

Das war nicht immer so: Seinen Höhepunkt erlebte das Interesse im Jahr 2001, als sich 571.000 Jugendliche für Deutsch als Prüfungsfach bei der GCSE-Prüfung anmeldeten. Doch spätestens, seit die damalige sozialdemokratische Regierung 2004 die Pflicht zur Wahl mindestens einer Fremdsprache als Prüfungsfach abschaffte, hat das Interesse stetig nachgelassen.

Katharina von Ruckteschell-Katte, die Leiterin des Goethe-Instituts in London, ist enttäuscht über den erneuten Rückgang. »Wir haben damit gerechnet, dass sich die Zahlen wenigstens stabilisieren«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Es sei »natürlich sehr, sehr schade«, dass es nun wieder bergab gehe.

Fremdsprachenlernen nicht obligatorisch

Das Hauptproblem sei weiterhin, dass die Regierung das Fremdsprachenlernen nicht obligatorisch mache, sagte sie. Hier zeichne sich auch keine Kehrtwende ab. Es gilt als vergleichsweise schwieriger, in einer Fremdsprache eine gute Note in der Abschlussprüfung zu erzielen. Der Notendurchschnitt spielt eine wichtige Rolle für die weitere Bildungskarriere. Daher wäre eine Wiedereinführung des verpflichtenden Fremdsprachenunterrichts unpopulär. Und Deutsch gilt als besonders schwierig.

Umso wichtiger und umso besser sei es, »dass jetzt tatsächlich auch Initiativen gestartet werden«, sagte die Chefin des Kulturinstituts und zeigte sich vorsichtig optimistisch. Die sich inzwischen deutlich abzeichnenden wirtschaftlichen Konsequenzen des Brexits hätten zu einem Umdenken geführt bei der Regierung in London.

Mehrere Initiativen sollen nun den Abwärtstrend stoppen - nicht nur bei Deutsch, denn auch Französisch ist seit Jahren auf dem absteigenden Ast, wenn auch nicht ganz so dramatisch. Mit einem National Consortium for Languages Education (NCLE) unter der Leitung des University College London will die Regierung dem Trend entgegenwirken. 25 Schulen in England sollen dabei zu Schwerpunktzentren des Fremdsprachenunterrichts gemacht werden, die auf andere Lehrstätten ausstrahlen.

Deutschland als bilateraler Partner

Dafür stellt London 14,9 Millionen Pfund (etwa 17,4 Mio Euro) für die kommenden drei Jahre zur Verfügung. Deutsch nimmt bei der Initiative eine Sonderrolle ein mit einem Sonderbudget. Von Ruckteschell-Katte sieht das auch als Zeichen dafür, dass Deutschland für Großbritannien als bilateraler Partner innerhalb Europas an Bedeutung gewinnt. Um die Umsetzung des Programms kümmert sich das Goethe-Institut mit dem Projekt GIMAGINE, das sich an Schulen, Lehrer und Schüler wendet, unter anderem mit Motivationsprogrammen, Material und der Organisation von Treffen. Startschuss dafür ist im Oktober.

Gleichzeitig hat die Regierung ein Stipendienprogramm wiederbelebt, das unter anderem angehende Lehrkräfte für Deutsch nach Großbritannien locken soll. Etwa 20 bis 30 Bewerber dürften in diesem Jahr erfolgreich gewesen sein, hieß es beim British Council.

Ob die Initiativen Früchte tragen werden, wird wohl erst in den kommenden Jahren abzusehen sein. Grund für Optimismus gibt immerhin, dass das Goethe-Institut bei seinen hauseigenen Sprachkursen nach Jahren des Rückgangs wieder eine wachsende Nachfrage sieht. Die Kurse richten sich an Erwachsene - und zumindest die scheinen wieder mehr Lust auf Deutsch zu haben. Ob das ansteckend ist, muss sich zeigen.

© dpa-infocom, dpa:230824-99-937701/6