Nach dem Blutbad ging er Pizza essen und feierte einen Geburtstag: Im Prozess um den mutmaßlichen Dreifachmord von Starnberg hat der Angeklagte von seiner Tat berichtet. »Es war so eine Art Rausch«, sagte er. »Ich habe dann nur noch irgendwie geschossen.« Danach habe er allerdings »Panik« bekommen.
Erst am Montag hatte der junge Mann nach Monaten des Schweigens in einer überraschenden Wende ein Geständnis abgelegt, nun antwortete er auf Nachfragen. Er schilderte vor dem Landgericht München II, dass er zuerst Marihuana kaufte und sich dann von seinem als Komplizen mitangeklagten Freund zum Haus seines Kumpels fahren ließ: »Dann war ich eine Zeit lang bei ihm, dann habe ich die Tat begangen«, sagte er.
Diese Tat, von der der 22-Jährige spricht, war ein regelrechtes Blutbad: Eine Polizeistreife entdeckte die Leichen des Kumpels und dessen Eltern am 12. Januar 2020, nachdem die Tochter sich Sorgen gemacht und Alarm geschlagen hatte. Die Eltern lagen im Schlafanzug im ersten Stock des Einfamilienhauses, die Leiche des Sohnes wurde in dessen Zimmer entdeckt.
Auf dem Handy des Angeklagten fanden die Ermittler Videoaufnahmen der Leichen. Er habe gefilmt, weil sein mitangeklagter, mutmaßlicher Komplize, mit dem er die Tat vorab besprochen haben will, wie er behauptete, Beweise habe sehen wollen. Der Mitangeklagte hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Angeklagter berichtet von Amokplänen
Er habe seinen Kumpel erschossen, um einen von ihm geplanten Amoklauf zu verhindern, sagt der Angeklagte zu seinem Motiv. Denn seinem Freund sei es darum gegangen, »viele Menschen zu töten«. Diese Pläne seien immer konkreter geworden: »Irgendwann habe ich gemerkt, dass es sein Ernst ist.«
Sein Kumpel habe ihm eine Waffe an den Kopf gehalten und ihm gedroht, ihn und seine Familie zu erschießen, sollte er die Pläne für den Amoklauf verraten. Das sei der Grund dafür, dass er sich dazu entschloss, ihn seinerseits zu erschießen.
Dafür habe er bei einem Besuch bei seinem Freund dessen Waffe aus einem Schrank über seinem Bett genommen und den jungen Mann erschossen. Weil er Angst hatte, dass die Eltern des Freundes vom Schuss aufgewacht seien und weil er davon ausging, der Vater habe auch eine Waffe, sei er dann in deren Schlafzimmer gegangen und habe das Ehepaar erschossen. An dieser Stelle spricht er von dem »Rausch«, in dem er sich befunden habe. Er habe »die Tat verschleiern« wollen.
Und der Angeklagte spricht sogar von Mitleid. Denn er schoss auch auf den Hund der Familie, habe ihn aber »nicht richtig getroffen«. Das Tier habe dann »laut angefangen, zu winseln«. »Ich hab Mitleid bekommen, wollte, dass es aufhört.« Darum habe er dann noch eine andere Waffe gezogen. Der Hund überlebte.
Pizza beim Italiener
Am Abend nach den mutmaßlichen Morden ging der junge Mann, so schildert er es, dann mit seiner Familie zum Italiener, aß Pizza. Danach sei er zu einem Freund gefahren um mit diesem Geburtstag zu feiern.
Die Vorsitzende Richterin Regina Holstein erinnerte an die Aussage von Familienangehörigen, wonach der Angeklagte beim Pizzaessen - nur wenige Stunden nach dem Blutbad - zunächst angespannt gewesen, im Laufe des Abends aber immer lockerer geworden sei.
Die Staatsanwaltschaft München II wirft dem 22 Jahre alten Deutschen und seinem mutmaßlichen Komplizen Mord, besonders schweren Raub und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor.
Zunächst hatte die Polizei vermutet, dass der Sohn der Familie seine Eltern und dann sich selbst erschossen habe. Allerdings fehlte ein Abschiedsbrief - eine der Ungereimtheiten, die die Ermittler stutzig machten.
Die weiteren Ermittlungen führten dann zu dem Hauptangeklagten. Die Verteidiger des mitangeklagten, mutmaßlichen Komplizen kündigten an, den 22-Jährigen ebenfalls ins Kreuzverhör nehmen zu wollen. 1550 Fragen an ihn hätten sie bereits vorbereitet, sagte Rechtsanwalt Alexander Stevens.
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