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Freispruch: Was wird aus Kevin Spaceys Schauspielkarriere?

Mit den Vorwürfen von sexuellem Missbrauch gingen beinahe über Nacht die Angebote für Kevin Spacey aus Hollywood verloren. Nach seinem Freispruch dürfte er wieder auf die ganz großen Rollen hoffen.

Kevin Spacey
Schauspieler Kevin Spacey spricht vor dem Southwark Crown Court in London. Foto: Alberto Pezzali/DPA
Schauspieler Kevin Spacey spricht vor dem Southwark Crown Court in London.
Foto: Alberto Pezzali/DPA

»Noch in derselben Minute« seines Freispruchs vor Gericht in London erwartete Kevin Spacey wieder Rollenangebote als Schauspieler. Das zumindest sagte der frühere Hollywoodstar dem »Zeit-Magazin« nicht lange vor Beginn des Strafprozesses um sexuelle Übergriffe in der britischen Hauptstadt.

Mit der Prognose seines Freispruchs lag Spacey richtig. Doch ob ihm tatsächlich bereits wieder Rollenangebote vorlagen, als er kurz nach der Verkündung des Urteils am Mittwoch vor dem Southwark Crown Court in der britischen Hauptstadt vor die Presse trat, war ihm nicht anzusehen.

»Ich verlor alles innerhalb von Tagen«

Wer triumphierende Worte erwartete, wurde enttäuscht. Spacey wirkte erschöpft, atmete hörbar und machte lange Pausen zwischen den Sätzen. »Ich glaube, viele von ihnen können verstehen, dass es für mich viel zu verarbeiten gibt, nach dem, was heute geschehen ist«, sagte er.

Dann sprach er von Dankbarkeit und Demut. Von dem selbstbewussten Star, der die Rolle des knallharten Politikers Frank Underwood in der Netflix-Serie »House of Cards« so glaubhaft verkörperte, dass man zuweilen glaubte, er spiele sich selbst, war nichts mehr übrig.

Seit beinahe fünf Jahren ist Spacey so gut wie von der Bildfläche verschwunden. Als 2017 im Zuge der #MeToo-Debatte die ersten Vorwürfe gegen ihn aufkamen, ging es schnell bergab mit seiner Karriere. »Es wurde ein überstürztes Urteil gefällt, und bevor die erste Frage gestellt oder beantwortet war, hatte ich meinen Job verloren, mein Ansehen, ich verlor alles innerhalb von Tagen«, sagte Spacey bei dem Prozess.

PR-Experte: Auch Johnny Depp hat es geschafft

Doch dass er bald schon wieder bei den ganz großen Filmstudios unter Vertrag genommen werden könnte, glaubt der britische PR-Experte Mark Borkowski nicht, wie er dem »Guardian« sagte. »Ich denke, es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein großes Unternehmen an Kevin Spaceys Tür klopfen wird, solange ihn dermaßen viel negative Publicity umgibt«, sagte Borkowski.

Bessere Chancen habe der frühere Star, der gestern 64 Jahre alt wurde, bei unabhängigen Filmstudios. Auch Johnny Depp habe es geschafft, auf unkonventionelle Weise wieder Engagements zu finden, nachdem er von seiner Ex-Frau Amber Heard wegen angeblicher häuslicher Gewalt verklagt worden war - und freigesprochen wurde.

Der Medienrechtler Mark Stephens sagte der britischen Nachrichtenagentur PA, ob Spacey seine Karriere in Hollywood wiederbeleben könne, werde auch davon abhängen, ob die Studios noch daran glaubten, mit ihm Geld machen zu können. Und ob die Leute Filme und Serien mit Spacey schauen wollten. Stephens sagte auch, es wäre pervers, Spacey nach dem Freispruch weiter zu canceln. Er glaubt demnach, dass Spacey Angebote bekommen wird, die Frage sei aber, ob er noch so viel Geld verdienen werde wie früher.

Ob Spacey das auch so sieht, oder ob er es wissen will, ließ er sich nicht anmerken. Zu den wenigen Rollen, die er in den vergangenen Jahren bekommen hatte, gehörte die eines Ermittlers in dem unabhängigen Film »L’uomo che disegnò Dio« (»Der Mann, der Gott gezeichnet hat«) des italienischen Schauspielers und Regisseurs Franco Nero. Noch an zwei weiteren, bisher unveröffentlichten Filmen soll er Berichten zufolge mitgewirkt haben. Womöglich wird er sich in Zukunft mit ähnlichen Projekten begnügen müssen.

© dpa-infocom, dpa:230727-99-546874/8