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Ferrero verliert Lizenz für belgische Fabrik

Was mit einem Verdacht begann, ist jetzt Gewissheit: In einer belgischen Fabrik des Süßwaren-Riesen Ferrero wurden Salmonellen festgestellt. Das Unternehmen wusste schon seit Monaten davon.

Ferrero
Ein Polizeifahrzeug vor der Ferrero-Fabrik im belgischen Arlon. Dort wird die Produktion vorerst gestoppt. Foto: Eric Lalmand
Ein Polizeifahrzeug vor der Ferrero-Fabrik im belgischen Arlon. Dort wird die Produktion vorerst gestoppt.
Foto: Eric Lalmand

Wegen Salmonellen-Fällen in mehreren Ländern muss der Süßwaren-Riese Ferrero die Produktion in einer Fabrik in Belgien vorerst stoppen.

Die Aufsichtsbehörde Afsca kündigte am Freitag an, die Produktionslizenz für die Fabrik in Arlon in Folge von Ermittlungen zu entziehen. Ferrero habe in den Ermittlungen nicht ausreichend Informationen geliefert, so die Mitteilung. Mitten im wichtigen Ostergeschäft müssen demnach alle Produkte aus dem Werk zurückgerufen werden, unabhängig von ihrem Produktionsdatum.

Der Mitteilung von Afsca zufolge sind hiervon alle Kinder Surprise, Kinder Mini Eggs, Kinder Surprise Maxi und Schoko-Bons betroffen, die in Arlon gefertigt wurden. Afsca bat auch alle Vertriebsfirmen, die entsprechenden Produkte aus dem Einzelhandel zu nehmen. Das Werk in Arlon dürfe erst wieder öffnen, wenn alle Regeln und Anforderungen der Lebensmittelsicherheit erfüllt seien.

Schon im Dezember ist Ferrero ein Salmonellen-Fall in jener Fabrik bekannt geworden, die schon seit Tagen im Fokus der Lebensmittelbehörden steht. Dies geht aus einer Mitteilung von Ferrero France in Luxemburg hervor.

Dieser Mitteilung zufolge wurden am 15. Dezember am Standort Arlon Salmonellen in einem Sieb am Auslass von zwei Rohstofftanks festgestellt. Die daraus gefertigten Produkte seien daraufhin zurückgehalten worden. Der Filter sei ausgetauscht und Kontrollen der unfertigen und fertigen Produkte seien gesteigert worden, so Ferrero.

Das italienische Unternehmen räumte am Freitag »interne Ineffizienzen« ein, »die dafür sorgten, dass es Verzögerungen bei den Rückrufen und beim Informationsaustausch gab«. Deshalb seien die Untersuchungen zu dem Fall nicht so schnell und effizient wie nötig durchgeführt worden, hieß es der Mitteilung, aus der die Nachrichtenagenturen Ansa und Adnkronos zitierten.

In den vergangenen Tagen hat das Unternehmen in etlichen Ländern Produkte seiner Kinder-Süßwarenserie zurückgerufen - nun auch in den USA, wie aus einer Unternehmensmitteilung hervorgeht, die die US-Lebensmittelbehörde FDA am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichte.

Betroffen von den Rückrufen der vergangenen Tage ist auch der deutsche Markt, unter anderem mit ausgewählten Chargen von Kinder-Überraschungseiern und Kinder-Schoko-Bons sowie einigen Osterartikeln.

Zuvor hatte das Unternehmen betont, dass es sich bei den Rückrufen um reine Vorsichtsmaßnahmen handle. Obwohl keines der Kinder-Produkte positiv auf Salmonellen getestet worden sei, nehme Ferrero die Angelegenheit sehr ernst, »denn der Schutz der Verbraucher hat für uns oberste Priorität«, hieß es dort zuletzt. Doch allein der Verdacht eines Salmonellen-Befalls könnte Spuren in den Supermarktregalen hinterlassen - zumal das Ostergeschäft bei Süßwarenherstellern als lukrativ gilt.

Heftige Kritik an dem Unternehmen übte indes die Verbraucherorganisation Foodwatch. »Wenn so ein Fehler passiert, muss die Bevölkerung sofort gewarnt werden«, sagte Andreas Winkler von Foodwatch am Freitag. Seiner Ansicht nach sind Eigenverantwortung und Eigenkontrollen der Hersteller nicht ausreichend, notwendig seien »Transparenzpflichten für Behörden, damit Fälle wie Ferrero umgehend öffentlich gemacht werden müssen«.

Aber was war überhaupt der Auslöser für die vielen Rückrufe der vergangenen Tage? Zu Beginn der Woche waren zunächst in Großbritannien und Frankreich mehrere Fälle von Salmonellen-Erkrankungen bekannt geworden. In Großbritannien waren vor allem kleine Kinder an einer Salmonellen-Infektion erkrankt, wie die Nachrichtenagentur PA am Montag meldete. Kurz darauf rief Ferrero einige Chargen an Kinder-Überraschungseiern zurück. Die Lebensmittelsicherheitsbehörde teilte mit, der Rückruf habe »eine mögliche Verbindung zu einem Salmonellen-Ausbruch«.

Auch in Frankreich hatte Ferrero zu Wochenbeginn nach 21 Infektionsfällen Produkte zurückgerufen, wie die Gesundheitsbehörden in Paris mitteilten. Nach deren Angaben handelt es sich genetisch um dieselben Salmonellen, die für einen Ausbruch von Salmonellen-Erkrankungen in Großbritannien und Irland verantwortlich sind. Hergestellt werden die betroffenen Kinder-Schokoprodukte demnach alle in besagter Fabrik im belgischen Arlon.

Durch die Zusammenarbeit mit Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden in Europa habe Ferrero neue Daten erhalten, die eine Übereinstimmung zwischen den in Europa gemeldeten Salmonellenfällen und dem eigenen Werk in Arlon zeigten, hieß es am Donnerstag von dem Unternehmen.

Ebenfalls am Donnerstag weitete Ferrero seinen Produktrückruf in Deutschland auch auf einige Weihnachtsartikel aus.

Bereits zuvor hatten die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC Untersuchungen aufgenommen. Die beiden Behörden hatten am Mittwoch von 105 bestätigten Salmonellenfällen und 29 Verdachtsfällen gesprochen, die meisten davon bei Kindern im Alter von unter zehn Jahren. Bestimmte Schokoladenprodukte seien als wahrscheinlicher Infektionsweg identifiziert worden.

»Eine Salmonellen-Erkrankung äußert sich innerhalb weniger Tage nach der Infektion mit Durchfall und Bauchschmerzen, manchmal mit Erbrechen und leichtem Fieber«, teilt die Verbraucherzentrale mit. Bei gesunden Menschen klingen die Beschwerden demnach in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. In bestimmten Fällen könne es jedoch zu schweren Krankheitsverläufen kommen, insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen und Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem.

© dpa-infocom, dpa:220408-99-849510/9