Burlesk, opulent, extravagant, schockierend: Modedesigner Jean Paul Gaultier verzauberte die Welt über fünf Jahrzehnte lang mit seinen Kreationen. Nun kehrt der Franzose drei Jahre nach seinem Rückzug vom Laufsteg nach München zurück, um die »Fashion Freak Show« zu präsentieren. Erstmalig auf einer deutschen Bühne erzählt die Mischung aus Revue und Modenschau seine Lebensgeschichte mit viel Musik.
Ausgelassen wirkt der 71-Jährige vor der Kostümprobe in der Münchner Isar-Philharmonie, wo am Donnerstag die Premiere unter stehendem Beifall stattfand. In schwarzer Jeans und T-Shirt erinnert er sich an die Zeit, als er entgegen der gesellschaftlichen Normen gekleidet war - sei es mit Schottenröcken oder Kavalierstiefeln. »Wo ist dein Pferd?«, hätten sie ihn damals ironisch gefragt, erzählt er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.
»Ich dachte, anstatt in der Kolonne zu bleiben, gehe ich meinen eigenen Weg«, sagt der Designer. Die Idee der schöpferischen Freiheit lernte er unter der Führung des Modedesigners Pierre Cardin kennen. Er sei seine Schule gewesen, sagt Gaultier. »Für mich ist es das Beste, frei zu sein«, betont er sein Credo.
Er hat die Szene revolutioniert
Inzwischen ist der Designer zu einem Kultbegriff geworden. Mit Punk-Einflüssen, ikonischen Kegel-BHs oder der Aufhebung von Geschlechterrollen auf dem Laufsteg, wo Männer auch mal Hochzeitskleider trugen, hat er die Szene für immer revolutioniert. Gegen Zwänge wolle man rebellieren, erklärt er. »Wenn man die Barriere durchbricht, bedeutet das, dass sich etwas in der Gesellschaft verändert. Das heißt also, dass etwas verändert werden muss. Das ist also gut, sehr gut.«
Ob das alles Zirkus gewesen sei? Der Vergleich stört den Designer nicht: »Ich würde sagen, das ist wie ein Kompliment. Ich liebe den Zirkus, ich finde der verleiht Emotionen«, sagt er leidenschaftlich. »Ich glaube, der einzige Fauxpas in der Mode ist, so zu tun, als wäre man etwas, das man nicht ist. Das ist ein Fauxpas für alles im Leben«, erklärt Gaultier.
Der Designer will »Emotionen vermitteln«
Seine Augen funkeln, wenn er über Mode spricht. Und mit graziösen Handgesten beschreibt er die Form einer eigens geschaffenen Welt. »Als ich meine Kollektion präsentierte, als ich noch Mode machte, wollte ich immer ein Gefühl vermitteln. Ich hoffte, dass sowohl die Kleidung als auch die Atmosphäre Emotionen vermitteln würden«, erklärt der Franzose begeistert.
Dies sei heutzutage von Modekonzernen anders kontrolliert. Gaultier wünscht sich deshalb die Rückkehr zu einer Welt, in der der Nachwuchs loslegen kann, ohne in einem großen Unternehmen arbeiten zu müssen oder viel Geld zu haben. Seit einiger Zeit ist die Fashion-Sphäre zu einer Industrie geworden. Gaultier sieht das kritisch.
Deshalb würde er vorerst keine Rückkehr in die Modebranche anstreben. »Nun, keine Mode. Man muss in der Zeit sein, in der alle sozialen Medien existieren, man muss da voll dabei sein - und das bin ich nicht«, erklärt der 71-Jährige. »Ich kann kein Modestatement abgeben, das zum jetzigen Zeitpunkt passt«, sagt er lachend.
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