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Experte: Starke Beben in benachbarten Regionen möglich

Viel stärker hätte das Beben an der kontinentalen Plattenrandstörung in der Region kaum ausfallen können. Doch Experten befürchten, dass die Gefahr noch längst nicht vorüber ist.

Erdbeben
Menschen durchsuchen die Trümmer eines eingestürzten Gebäudes in der Stadt Azmarin in der Provinz Idlib im Norden Syriens. Foto: Ghaith Alsayed
Menschen durchsuchen die Trümmer eines eingestürzten Gebäudes in der Stadt Azmarin in der Provinz Idlib im Norden Syriens.
Foto: Ghaith Alsayed

Nach dem großen Erdbeben am frühen Montagmorgen im Südosten der Türkei und Regionen in Syrien könnten es in nächster Zeit ähnlich große Beben in nahen Regionen geben. »Das war vermutlich nicht das letzte starke Erdbeben in dieser Region. Weitere können folgen, insbesondere in Richtung Nordosten weiter ins Landesinnere«, sagte Marco Bohnhoff vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam der Deutschen Presse-Agentur. Ursache seien Spannungsumlagerungen an der Plattengrenze infolge des Bebens vom Montag. »Die Gefahr ist für die Region leider nicht gebannt.«

Lediglich für die Stelle des Hauptbebens sei davon auszugehen, dass die Spannung dort erst mal weg sei, sagte Bohnhoff. Auch die Wahrscheinlichkeit für Nachbeben sinke. »Die Nachbebenaktivität ist am stärksten unmittelbar nach dem Hauptbeben.«

Das Beben betraf demnach die sogenannte Ostanatolische Verwerfungszone zwischen der Anatolischen und der Arabischen Erdplatte. Sie habe schon lange als stark erdbebengefährdet gegolten, weil es dort über viele Jahrhunderte seismisch ruhig gewesen sei, während sich an der Plattengrenze immer mehr Spannung aufgebaut habe. An der Stelle sei ein großes Erdbeben daher überfällig gewesen.

Fast bis zum Anschlag

Mit 7,8 sei das Beben dann letztlich sehr stark ausgefallen. »7,8 ist fast das stärkste, was an so einer kontinentalen Plattenrandstörung auftreten kann«, erklärte Bohnhoff. »7,8 bedeutet, dass sich auf einer Länge von 200 oder mehr Kilometern von der Oberfläche bis in etwa 20 Kilometer Tiefe die Erdplatten quasi innerhalb von Sekunden - oder hier bis zu zwei Minuten lang - gegeneinander verschieben. Und zwar um einige Meter.« Entsprechend viel Energie werde freigesetzt.

Eine Frühwarnung wäre im konkreten Fall unabhängig vom eingesetzten System nicht möglich gewesen, erklärte Bohnhoff auch. Die betroffene dicht besiedelte Region liege in unmittelbarer Nähe des Epizentralgebiets, womit es keinen Zeitraum für Warnungen gegeben hätte. Ein Frühwarnsystem könne in einem Fall wie diesem nur eine sehr begrenzte Wirkung entfalten. Zwar werde bereits an sogenannten prognosebasierten Frühwarnsystemen gearbeitet, mit denen man eventuell schon vor einem Erdbeben erhöhte Warnstufen ausrufen könnte. Solche Systeme seien aber hochkomplex.

© dpa-infocom, dpa:230207-99-502514/2