Drogenbaron Pablo Escobar brachte einst vier afrikanische Nilpferde für seinen Privatzoo nach Kolumbien - mittlerweile haben sich die tonnenschweren Tiere in dem südamerikanischen Land zu einer echten Plage entwickelt. Die Flusspferde bringen das Ökosystem durcheinander, zerstören Felder und bringen die Anwohner in Gefahr. Jetzt sollen die Nilpferde sterilisiert werden, um wenigstens die weitere Ausbreitung der invasiven Art zu stoppen.
»Die chirurgische Sterilisation ist nur eine der drei Maßnahmen, die das Umweltministerium im Rahmen des Plans zum Umgang und zur Kontrolle der Flusspferde in Kolumbien vorsieht«, sagte die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad bei der Vorstellung des Plans. Weitere Schritte sollen das Einschläfern und die Umsiedlung der Tiere sein.
Nilpferde bedrohen Kolumbiens Ökosystem
Drogenbaron Pablo Escobar hatte in den 1980er Jahren vier afrikanische Nilpferde nach Kolumbien gebracht, damit sie sich zusammen mit Elefanten, Giraffen, Kängurus und anderen exotischen Tieren in seinem Privatzoo auf dem etwa 190 Kilometer von Medellín entfernten Luxusanwesen Hacienda Napolés tummeln. Als Escobar 1993 von Sicherheitskräften erschossen wurde, blieben die Nilpferde sich selbst überlassen.
In den vergangenen 30 Jahren haben sich die ursprünglichen vier Tiere kräftig fortgepflanzt und ausgebreitet. Mehr als 160 Exemplare sollen derzeit rund um den Rio Magdalena leben. Nahrung und Gewässer für die Nilpferde sind in dem südamerikanischen Land ausreichend vorhanden. Das Klima behagt ihnen, natürliche Feinde fehlen. Sollten keine strengen Maßnahmen ergriffen werden, könnte die Population bis 2035 auf 1000 Tiere anwachsen, mahnte die Ministerin deshalb. Die ursprüngliche Artenvielfalt sei damit bedroht.
Denn die Nilpferde können Boden und Wasser verschmutzen, das Ökosystem aus dem Gleichgewicht und Anwohner in Gefahr bringen. Zwar haben sich viele an die Tiere gewöhnt und nutzen sie sogar für den Tourismus. Dennoch bleibt das Risiko eines Angriffs bestehen. »Man muss sehr vorsichtig sein«, sagt der Biologe David Echeverri von der regionalen Umweltstelle Cornare. Auch wenn sie wie eine ruhige Spezies wirken würden, seien sie in Wirklichkeit unberechenbar. Mit ihrem Gewicht können sie sogar Boote zum Kentern bringen.
Sterilisationen alleine reichen nicht aus
Eine Möglichkeit, um ihre Ausbreitung zu bremsen, wird die Sterilisation sein, auch wenn es sich dabei laut Umweltministerium um ein »komplexes und kostspieliges Verfahren« handelt. »Es besteht das Risiko, dass die Tiere sterben, dass sie allergisch auf die Narkose reagieren oder dass das menschliche Team vor Ort gefährdet wird«, sagte die Umweltministerin. Die Sterilisation eines Nilpferds kostet durchschnittlich 40 Millionen Pesos (rund 9000 Euro). Bis zum Jahresende will die Regierung so 20 Tiere sterilisieren - danach sollen es pro Jahr 40 werden.
Aber Sterilisationen alleine werden als Strategie nicht ausreichen. Deswegen sind auch Umsiedlungen Teil des Plans. Mit den Ländern Mexiko, Indien und den Philippinen werden derzeit Gespräche geführt. Indien habe schon konkret angeboten, 60 Tiere aufzunehmen. Darüber hinaus soll ein Plan ausgearbeitet werden, wie die Tiere unter moralischen Aspekten eingeschläfert werden können - das Umweltministerium arbeitet dafür an einem sogenannten ethischen Euthanasieprotokoll. Details dazu nannte die Ministerin noch nicht.
Lösungsansätze der Vergangenheit
In der Vergangenheit hatte es bereits verschiedene Versuche gegeben, die Population unter Kontrolle zu bringen. »Es gibt nicht eine Maßnahme, die wirksam genug wäre, um zu garantieren, dass sie aufhören, sich zu vermehren«, sagt Echeverri. Die Tiere einfach zu erschießen, was Forscher auch schon empfahlen, kommt für den Bundesstaat Antioquia und andere tierliebe Kolumbianer nicht in Frage. Als 2009 »Pepe«, ein streunendes Nilpferd, auf Anweisung des Umweltministeriums erschossen wurde, und Soldaten mit dem erlegten Tier posierten, war die Empörung in Kolumbien groß.
Die Nilpferde nach Afrika zu schicken, könnte mehr schaden als nützen. »Wenn wir Tiere oder Pflanzen von einem Ort zum anderen bringen, transportieren wir auch ihre Erreger, ihre Bakterien und Viren«, sagt die Biologie-Professorin María Ángela Echeverry von der Javeriana-Universität in Bogotá. »Wir könnten neue Krankheiten nach Afrika bringen.«
»Wettlauf gegen die Zeit«
Lange Zeit hat das Land auf einen Plan gewartet, um dieses Problem anzugehen. »Keine der drei Maßnahmen ist für sich allein wirksam, aber es ist wichtig, dass sie gleichzeitig durchgeführt werden«, sagte die Umweltministerin. »Wir befinden uns hier in einem Wettlauf gegen die Zeit.«
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