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ESC-Finale: Schweden jubelt, Deutschland wieder ganz hinten

Wie lief der Eurovision Song Contest? Für Deutschland erneut mies. Wer hat triumphiert, worüber wurde bei der weltgrößten TV-Musikshow gelacht, geweint, getwittert? Die ESC-Nacht im Überblick.

67. Eurovision Song Contest - Finale
Anspannung: Lord Of The Lost warten auf die Verkündung des Siegers. Foto: Peter Kneffel
Anspannung: Lord Of The Lost warten auf die Verkündung des Siegers.
Foto: Peter Kneffel

Die Pechsträhne nimmt kein Ende: Deutschland ist beim Eurovision Song Contest mal wieder Letzter geworden. Schweden hat den ESC zum siebten Mal gewonnen. Die Sängerin Loreen errang zum zweiten Mal für ihr Land den Sieg bei der größten Musikshow der Welt. 2012 war ihr dies mit »Euphoria« gelungen, diesmal schaffte sie es mit dem recht ähnlich klingenden »Tattoo«. Bislang hatte es nur einen zweifachen ESC-Sieger gegeben: den Iren Johnny Logan - das war 1980 und 1987, als der Grand Prix noch viel kleiner war.

Finnland wurde in der Nacht zum Sonntag Zweiter, gefolgt von Israel, Italien, Norwegen und der Ukraine. Österreich landete auf Platz 15, die Schweiz auf Rang 20.

Deutschland wieder ganz hinten

Willst du Deutschland oben sehen, musst du die Tabelle drehen: Das war zuletzt fast immer das Fazit nach dem ESC. Deutschland landete diesmal mit der Hamburger Dark-Rock-Band Lord Of The Lost ganz hinten, wie dies schon 2022, 2016 und 2015 der Fall war. Die deutsche Pleiteserie der vergangenen Jahre mit letzten oder (2021, 2019, 2017) vorletzten Plätzen unterbrach 2018 lediglich Michael Schulte mit einem vierten Platz. »Natürlich ist das hart, auf dem letzten Platz zu landen«, sagte Lord-Of-The-Lost-Sänger Chris Harms nach der Show. Aber das könne »diese unfassbar schöne Erfahrung nicht vermiesen«. Sie würden »jederzeit wieder mitmachen«. Sie machten jetzt einfach weiter. »Wir haben jetzt den Festivalsommer. Wir haben zig ausverkaufte Shows. Wir gehen mit Iron Maiden auf Tour in Europa.«

67. Eurovision Song Contest - Finale
Loreen (r) aus Schweden jubelt nach ihrem Sieg. Foto: Peter Kneffel
Loreen (r) aus Schweden jubelt nach ihrem Sieg.
Foto: Peter Kneffel

Die Siegerin

Loreen verdankt ihren Sieg vor allem den Jury-Votes, bei denen sie 340 Punkte bekam. Von den Zuschauern kamen 243 hinzu (zusammen 583). Die schwedische Sängerin mit langen Krallenfingernägeln ist 39 Jahre alt und stammt aus Stockholm. Mit »Euphoria« hatte sie vor elf Jahren nicht nur den ESC-Titel eingeheimst, sondern war damals auch in Deutschland und weiteren Ländern an die Spitze der Charts gestürmt. Seitdem war es international wieder ruhiger um die Schwedin geworden.

Der Sieger der Herzen oder zumindest des TV-Publikums

Bei den TV-Zuschauern lag mit 376 Punkten eindeutig Finnlands Rap-Metal-Elektro-Lied vorne (plus 150 Jury-Punkte; gesamt 526). Auch bei den deutschen Fernsehzuschauern war Finnland die Nummer eins, gefolgt von Italien, Albanien, der Ukraine, Kroatien, Norwegen, Polen, Schweiz, Belgien und Schweden. Mit nacktem Oberkörper und einer Art neongrünem Bolero um die Schultern begeisterte der 29 Jahre alte Sänger Kääjirä (eigentlich Jere Pöyhönen) mit seiner wilden Nummer »Cha Cha Cha«. Das schrille Lied mit eingängigem Pop-Refrain und einem pinken Ballettquartett - mit absichtlich debil grinsenden Tänzerinnen und Tänzern - war nahezu maßgeschneidert für den ESC. Auf der Brust trägt Kääjirä übrigens ein Tattoo, das an das Logo seiner Lieblingsband Rammstein erinnert - ein Vorbild, das man auch aus »Cha Cha Cha« heraushören kann. Schon 2006 machte ein finnischer Beitrag mit einem sehr ungewöhnlichen Auftritt von sich reden. Damals holten die als Monster verkleideten Musiker der Heavy-Metal-Band Lordi mit »Hard Rock Hallelujah« den Sieg für das nordische Land.

Die Teilnehmer

26 Lieder konkurrierten im Finale. Insgesamt nahmen am ESC diesmal 37 Länder teil. 11 Beiträge wurden in den Semifinals am 9. und 11. Mai aussortiert. Neben Deutschland sind als große Geldgeber automatisch Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien fürs Finale gesetzt, ebenso der Vorjahressieger, also diesmal die Ukraine.

67. Eurovision Song Contest - Finale
Schwedische Fans feiern, während die Stimmen ausgezählt werden. Foto: Jon Super
Schwedische Fans feiern, während die Stimmen ausgezählt werden.
Foto: Jon Super

Der Auftakt der Show

Das große Finale begann mit einem Einspieler mit Szenen unter anderem aus Kiew vom Maidan - wo sich Sänger Oleh Psjuk vom Kalush Orchestra einen Kaffee holte und wo in der U-Bahn-Station getanzt wurde. Dann traten die Vorjahressieger auch live in der Halle auf. Der 67. Eurovision Song Contest fand im englischen Liverpool statt, auch wenn 2022 die Ukraine in Turin gewonnen hatte. Großbritannien war als zweitplatziertes Land für die vom russischen Angriffskrieg heimgesuchte Ukraine als Gastgeberland eingesprungen.

Royale Grüße

Prinzessin Kate saß in dem kleinen Einspieler zum Auftakt in einer Szene am Klavier. Die Frau von Thronfolger Prinz William trug ein blaues Kleid. Auf dem Instagram-Account von William und Kate wurde das Video ebenfalls veröffentlicht. Es sei ihr eine Freude gewesen, bei der Aktion mit dem Kalush Orchestra dabei gewesen zu sein.

Die Flaggenparade

Mit einem Einmarsch und einer Flag-Parade wie bei Olympia ging die Show weiter. Die deutsche Band Lord Of The Lost verzichtete jedoch auf eine schwarz-rot-goldene Flagge, was manche Twitterer monierten.

Die Moderatoren

Nachdem die Halbfinals die ukrainische Sängerin Julia Sanina, die »Britain's Got Talent«-Jurorin Alesha Dixon und die Schauspielerin Hannah Waddingham moderiert hatten, kam zum Finale der Talkmaster und ESC-Experte Graham Norton hinzu. Warmherzig führten die Vier durch die Show. Zur Ukraine-Flagge passend trug Dixon ein blaues Kleid und Sanina ein gelbes. Die spannende Punktepräsentation moderierten Waddingham und Norton. Die 48-jährige Waddingham wurde von dem aus Hamburg zugeschalteten deutschen Punkte-Verkünder Elton angemacht. Ob sie einen Biskuit von ihm nehme, fragte der 52-Jährige. »Es ist Jury, nicht Tinder«, kommentierte Norton diesen Witzversuch from Germany.

67. Eurovision Song Contest - Finale
Loreen aus Schweden feiert den Sieg im großen Finale. Foto: Martin Meissner
Loreen aus Schweden feiert den Sieg im großen Finale.
Foto: Martin Meissner

Der emotionalste Moment

Der ganze Saal stimmte mit ein, als der niederländische Musiker und ESC-Sieger von 2019, Duncan Laurence, mit Moderatorinnen und Moderatoren der Vorjahre den Klassiker »You'll Never Walk Alone« sang. Dazu wurden viele Ukraine-Flaggen geschwenkt. Tränen der Rührung flossen. Das Lied von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein aus dem 1945 uraufgeführten Musical »Carousel« ermutigt dazu, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken. Es wurde in den 60ern durch die Liverpooler Band Gerry and the Pacemakers berühmt und ist seitdem die Stadionhymnne des FC Liverpool. An diesem Abend war es eine bewegende Geste an die Ukraine, die unter Russlands Angriffskrieg leidet und deshalb den ESC 2023 nicht hatte austragen können.

Der bitterste Moment

Während in Liverpool die Zuschauer feierten, wurde die Heimatstadt der ukrainischen ESC-Teilnehmer Tvorchi von Russland angegriffen. Kurz vor dem Auftritt des Duos erschütterten Explosionen russischer Raketen die Stadt Ternopil in der Westukraine. Das teilten die Behörden mit und riefen die Bewohner auf, Schutzräume aufzusuchen.

Peter Urbans letzte Worte

»Es war mir immer ein Vergnügen und eine große Ehre«, sagte Peter Urban (75), als er sich nach einem Vierteljahrhundert als ESC-Kommentator vom deutschen TV-Publikum verabschiedete. In den nächsten Jahren könne er den ESC nun gemeinsam mit seiner Familie schauen. Er dankte den Zuschauern für die Treue, »auch in den Jahren, wenn es für uns nicht so gut lief«. Und: »Von einem wunderbaren ESC in Liverpool sage ich bye-bye. Ihr Peter Urban. Danke.«

Die alternativen Kommentatoren

Für den Österreichischen Rundfunk (ORF) kommentierten derweil die Entertainer Jan Böhmermann und Olli Schulz den ESC - und fanden mitunter deutliche Worte für einige Acts. Sie redeten im Radiosender FM4 sogar während der Auftritte oder sangen bei Liedern mit oder aßen etwas. Obwohl sie für Österreich am Mikrofon saßen, sprachen Böhmermann und Schulz recht oft über Deutschland. (dpa)