Logo
Aktuell Panorama

Erste Affenpocken-Todesfälle in Europa

Spanien meldet die zwei ersten Toten in Europa im Zusammenhang mit einer Affenpocken-Infektion. Experten warnen vor Panikmache, fordern aber mehr Maßnahmen gegen das Virus.

Affenpocken - Spanien
Ein Mann wird in einem medizinischen Zentrum in Barcelona von einem Arzt gegen Affenpocken geimpft. Foto: Francisco Seco
Ein Mann wird in einem medizinischen Zentrum in Barcelona von einem Arzt gegen Affenpocken geimpft.
Foto: Francisco Seco

Erstmals sind in Europa Todesfälle nach einer Affenpocken-Infektion bekannt geworden. Die beiden Männer starben am Freitag und Samstag in Spanien, wie Gesundheitsbehörden des Landes mitteilten. Ein weiterer möglicher Todesfall wurde am Wochenende aus Brasilien bekannt. Angesichts der sich ausbreitenden Affenpocken rief die Gouverneurin des US-Bundesstaates New York den Notstand aus.

Es könnten Vorerkrankungen vorliegen

Die beiden Patienten starben in Krankenhäusern in den Regionen Valencia und Andalusien. Beide waren amtlichen Angaben zufolge mit einer Gehirnentzündung eingewiesen worden. Das Gesundheitsministerium der Region Valencia teilte am Freitagabend mit, der Tod des Patienten sei »durch eine infektionsbedingte Enzephalitis (Gehirnentzündung) verursacht« worden. Die Regionalzeitung »Levante« schrieb, es handele sich um einen »etwa 40 Jahre alten Mann«, der in Alicante auf der Intensivstation lag.

In Andalusien gab das Gesundheitsministerium am Samstag bekannt, bei dem zweiten Todesopfer handele es sich um einen 31-Jährigen. Er war demnach mit einer Meningoenzephalitis - dabei sind außer dem Gehirn auch die Hirnhäute betroffen - auf die Intensivstation des Universitätskrankenhauses in Córdoba gebracht worden.

Mehrere spanische Experten betonten, beide Todesfälle seien wahrscheinlich auf Vorerkrankungen zurückzuführen. »In 99 Prozent der Fälle handelt es sich um eine gutartige Infektion, aber es gibt Patienten, die anfälliger sind, zum Beispiel Menschen mit Begleiterkrankungen oder Kinder«, sagte der Mikrobiologe José Antonio López Guerrero von der Madrider Universidad Autónoma der Zeitung »El País«. Zu Gehirnentzündungen meinte er, diese seien bei verschiedenen Virusinfektionen nicht selten.

Ob bei den beiden Todesfällen Begleiterkrankungen vorlagen, war zunächst unklar. »El País« schrieb, das medizinische Institut »Instituto de Salud Carlos III« in Madrid wolle Gewebeproben untersuchen, um die Todesursachen besser zu verstehen.

Spanien ist eines der von den Affenpocken am stärksten betroffenen Länder. Bei etwa 4300 erfassten Fällen habe es etwa 120 Krankenhaus-Einweisungen gegeben, teilte das Gesundheitsministerium mit. Experten forderten mehr und bessere Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung der Krankheit.

Es soll mehr geimpft werden

Man müsse verhindern, dass das Virus etwa »auf Bordelle oder auf Familien mit Kindern übergreift«, sagte der Immunologe Alfredo Corell von der Universität Valladolid der Zeitung »El Mundo«. Dazu müsse man auch über die Isolierung von Infizierten nachdenken. Der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten an der Uniklinik Badalona, Roger Paredes, forderte, dass die Behörden nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa die Aktionen gegen Affenpocken »beschleunigen und stärken müssen« - etwa durch mehr Impfungen.

Auch Brasilien meldete am Freitag einen ersten möglichen Todesfall im Zusammenhang mit Affenpocken. Es handele sich um einen Patienten mit weiteren Erkrankungen, teilte das Gesundheitsministerium in Brasília mit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte zum aktuellen Affenpocken-Ausbruch zuvor fünf Tote registriert - alle in Afrika.

Angesichts der schnellen Verbreitung der Affenpocken hatte die WHO am vorigen Wochenende die höchste Alarmstufe ausgerufen. Die weltweite Verbreitung der Infektionskrankheit ist ungewöhnlich, bisher war sie im Wesentlichen auf sechs afrikanische Länder beschränkt.

Notstand in New York

Der US-Bundesstaat New York rief wegen des Ausbruchs den Notstand aus. »Diese Maßnahme erlaubt es uns, schneller auf den Ausbruch zu reagieren und zusätzliche Schritte zu unternehmen, um mehr New Yorker zu impfen«, sagte Gouverneurin Kathy Hochul. Man müsse zur Eindämmung des Virus »jedes Werkzeug nutzen« und besonders Risikogruppen so gut wie möglich schützen. Dafür werde die Kontaktverfolgung intensiviert und mehr Gesundheitspersonal mobilisiert, um Schutzimpfungen zu verabreichen. Außerdem würden die Testkapazitäten ausgebaut.

Der Notstand gilt in New York vorerst bis zum 28. August. Am Freitag meldete das Gesundheitsministerium des Bundesstaats 1383 Infektionen mit dem Affenpockenvirus, die sich hauptsächlich auf die Millionenmetropole New York konzentrierten. Das entspricht etwa einem Viertel der in den USA registrierten Fälle.

Nach der jüngsten Erfassung gab es knapp 23.000 Affenpocken-Fälle weltweit. Besonders betroffen ist Europa mit mehr als 14.000 Fällen. Davon entfielen bis Freitag knapp 2600 auf Deutschland. Bei einer Affenpocken-Infektion können Hautausschlag, geschwollene Lymphknoten sowie Fieber, Schüttelfrost und Muskelschmerzen auftreten. Nach WHO-Angaben kamen bislang in Europa etwa acht Prozent der Patienten ins Krankenhaus, meist wegen starker Schmerzen oder Zusatzinfektionen.

© dpa-infocom, dpa:220731-99-221704/4