SINDELFINGEN. Nach den tödlichen Schüssen im Mercedes-Werk in Sindelfingen bei Stuttgart suchen Polizei und Staatsanwaltschaft weiter nach dem Motiv des mutmaßlichen Täters. »Das Tatmotiv ist weiter unklar«, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitagmorgen. Man schließe derzeit nichts aus, auch keinen politischen Hintergrund. Der 53-jährige Türke soll am Donnerstagmorgen zwei Kollegen - allesamt Mitarbeiter der Logistikfirma Rhenus - erschossen haben.
Ein Haftrichter beim Amtsgericht Stuttgart erließ Haftbefehl wegen Totschlags in zwei Fällen gegen den Mann. Dieser kam in Untersuchungshaft in ein Gefängnis. Bei den beiden Toten handelt es sich den Angaben zufolge um zwei 44 Jahre alte Männer.
Konzern zeigt sich betroffen
Mercedes-Benz äußerte sich »zutiefst bestürzt und geschockt« über die Tat. Die Produktion in Halle 56, in der sich die Tat ereignete, bleibt vorerst gestoppt. »Wir haben uns dazu entschieden, hier die Arbeit bis zum Ende der Woche ruhen zu lassen«, sagte ein Sprecher des Autobauers. Bis einschließlich Sonntag soll dort nicht gearbeitet werden. Wie viele Beschäftigte davon betroffen sind, blieb offen.
Die Halle sei von den Behörden wieder freigegeben worden, sagte der Sprecher. Es handle sich um eine Entscheidung des Unternehmens. Auf dem restlichen Werksgelände soll die Fertigung weiterlaufen.
»Wir sind natürlich erschüttert und zutiefst betroffen über diesen tragischen Vorfall«, teilte eine Sprecherin des Betriebsrats Sindelfingen mit. Dieser sei in Gedanken bei den Familien der beiden Opfer. »Ihnen gilt unsere aufrichtige und tiefe Anteilnahme.«
Der Werksschutz hatte den Tatverdächtigen überwältigt. Die Polizei konnte den Mann dann widerstandslos festnehmen. Nach Angaben der Ermittler geschah das wenige Minuten nach Eingang des ersten Notrufs, der die Einsatzkräfte gegen 7.45 Uhr erreicht hatte.
Offen sind auch die Fragen, um was für eine Waffe es sich handelte und wie diese auf das Werksgelände gelangte. Ferner werden Polizei und Staatsanwaltschaft unter anderem klären müssen, ob es zwischen den drei Männern schon im Vorfeld Konflikte gab oder was die Tat ausgelöst haben könnte. Die Kriminalpolizei des Polizeipräsidiums Ludwigsburg führt die Ermittlungen.
Das Sindelfinger Werk von Mercedes-Benz hat eine mehr als hundertjährige Geschichte. Dort arbeiten etwa 35 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben der E-Klasse rollen auch die S-Klasse sowie deren elektrisches Pendant EQS in Sindelfingen vom Band. (dpa)